Sport
Merken

Noch schaut sie aus der Heimat auf Olympia

Jessica Degenhardt gewinnt zwei Junioren-WM-Titel und eine Premiere. In der neuen Saison will die Dresdnerin gegen die besten Rodlerinnen der Welt bestehen.

Von Alexander Hiller
 0 Min.
Teilen
Folgen
Jessica Degenhardt will in vier Jahren zu Olympia. Der Angriff startet allerdings schon im kommenden Herbst.
Jessica Degenhardt will in vier Jahren zu Olympia. Der Angriff startet allerdings schon im kommenden Herbst. © Egbert Kamprath

Dresden. Noch hat sie Olympia aus der Heimat aufgesogen. Vor dem Fernseher. Man muss nicht einmal besonders vorlaut sein, um Jessica Degenhardt zu unterstellen, dass sie in vier Jahren dabei sein will. Und nicht nur das. Die gebürtige Dresdnerin ist momentan die Kronprinzessin im deutschen Rodelsport. Einer Disziplin, in der die Top-Athleten hierzulande immer zu den Titelfavoriten zählen. Johannes Ludwig, Natalie Geisenberger sowie Tobias Arlt und Tobias Wendl haben das im Eiskanal von Peking erneut eindrucksvoll bewiesen.

„Das war unheimlich stark von Geisi und Anna – für Julia Taubitz war das natürlich ärgerlich, sie ist ja trotzdem zweimal Bestzeit gefahren“, analysiert sie die ganz unterschiedlichen Erfahrungen der deutschen Rodlerinnen – ihrer zukünftigen Konkurrenz. Degenhardt hat sich vor knapp zwei Wochen bei der Junioren-Weltmeisterschaft zur überragenden Athletin aufgeschwungen. Die 19-Jährige vom RRC Altenberg gewann Gold im Einzel und im Team-Wettbewerb.

Premiere im Frauen-Doppelsitzer

Und eine Weltpremiere: die erste Weltmeisterschaft im Doppelsitzer der Frauen – gemeinsam mit Cheyenne Rosenthal. Der neue Wettbewerb soll ins olympische Programm aufgenommen werden – wahrscheinlich schon 2026. „Größtenteils“, stuft Degenhardt ihren ersten WM-Titel bei den Frauen realistisch ein, „waren das alles Starterinnen aus dem Juniorinnenbereich. Weltweit sind wir momentan nur drei Damen-Doppel, die in der allgemeinen Klasse starten dürfen.“ Aber die Nachfrage wird größer werden. „Man versucht, die jungen Sportlerinnen ranzuziehen – mit der Aussicht auf Olympia“, sagt die Dresdnerin.

Bei der deutschen Meisterschaft der Aktiven in Altenberg rodelte Degenhardt nur zwei Tausendstel Sekunden hinter Anna Berreiter als Dritte aufs Podest – Letztere darf sich jetzt Olympiazweite nennen. Gefühlt ist die Juniorin also schon ziemlich nah dran. „Was heißt, nah dran? Das war meine Heimbahn, das macht noch einen Unterschied“, sagt Degenhardt. Fühlt sie sich also gewappnet für den Konkurrenzkampf in der nacholympischen Saison? Kann sie die Olympia-Heldinnen und die gestürzte Weltcup-Siegerin Julia Taubitz schon herausfordern?

„Natürlich hoffe ich, das ich das kann. Ich mache den Sport ja nicht nur zum Spaß“, sagt Degenhardt und muss dann selber über den Versprecher lachen. Natürlich hat sie Freude an dem, was sie tut. Das strahlt die kommunikative Frau mit jedem Satz, der sich ums Rodeln dreht, aus. „Ich weiß, was ich möchte.“ Und unausgesprochen steht fest: den Sprung nach ganz oben – irgendwann. „Wir haben eine große Leistungsdichte in Deutschland. Anna Berreiter ist Olympia-Zweite mit 22 Jahren geworden. Warum sollte ich das nicht auch schaffen können? Ich gebe mein Bestes und werde sehen, was herauskommt“, erklärt die nun vierfache Junioren-Weltmeisterin.

Allerdings kann es aufgrund ihres Doppelsitzer-Erfolges auch sein, dass die 1,80 Meter große Athletin zeitnah vor eine wichtige sportliche Frage gestellt wird: Sieht sie ihre Zukunft im Einzel oder Doppel? Für eine Zweifach-Belastung gibt es in der jüngeren Vergangenheit keine erfolgreichen Beispiele. „Bammel habe ich vor der Frage nicht, ich bin eine Einzelfahrerin. Solange ich da eine Perspektive habe, werde ich das machen. Was mit dem Doppel wird, weiß ich nicht. Darüber wurde mit mir auch noch nicht geredet. Ich würde es als Option aber nicht ausschließen.“

Nächste Saison bei den Frauen?

Zunächst einmal muss sich Degenhardt, die im Frühjahr eine Ausbildung in der Sportfördergruppe der Bundespolizei in Bad Endorf beginnt, in der neuen Saison hinten anstellen: Hinter der deutschen Weltklasse-Konkurrenz. „International könnte ich noch ein Jahr bei den Juniorinnen fahren. Wir nehmen das in Deutschland als Übergangsjahr – ich werde in jedem Fall die Selektionsrennen im Herbst bei den Frauen mitfahren. Was danach passiert, weiß ich nicht.“

Das hängt davon ab, in welcher Verfassung sich Degenhardt bei der nationalen Ausscheidung vorstellt. Und wie breit die Konkurrenz aufgestellt ist. Fragzeichen stehen hinter der sportlichen Zukunft von Olympiasiegerin Natalie Geisenberger, die sich in Peking mit ihren Goldmedaillen im Einzel und im Team-Wettbewerb zur erfolgreichsten Rodlerin und erfolgreichsten deutschen Winter-Olympionikin aller Zeiten machte. „Meines Wissens wollte sie nach der Saison aufhören. Ich weiß aber nicht, ob ihr Olympiasieg daran noch etwas ändert. Für mich wäre es schon cool, wenn ich sagen könnte: Ich bin gegen Natalie Geisenberger gefahren – die beste Rodlerin, die es je gegeben hat. Sie ist schon ein Vorbild für mich“, sagt Degenhardt.