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Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Höcke

Der AfD-Politiker soll das Foto der ermordeten Tramperin Sophia L. bei einer Demo in Chemnitz missbraucht haben. Nun ermittelt der Staatsanwalt.

Von Tobias Wolf
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Björn Höcke hat das Bild der getöteten Sophia L. bei einem Marsch durch Chemnitz tragen lassen. Missbrauchte er das Bild?
Björn Höcke hat das Bild der getöteten Sophia L. bei einem Marsch durch Chemnitz tragen lassen. Missbrauchte er das Bild? © privat / Bodo Schackow/dpa

Dresden. Die AfD-Demonstration am 1. September in Chemnitz hat ein juristisches Nachspiel für Björn Höcke, den Thüringer Landes- und Fraktionschef der Partei. Beim von der AfD organisierten sogenannten „Trauermarsch“ nach dem gewaltsamen Tod des Chemnitzers Daniel H. waren Fotos von Gewaltopfern gezeigt worden, darunter auch das Porträt der getöteten Studentin Sophia Lösche. Die 28-Jährige war im Juni von einem Lkw-Fahrer aus Marokko umgebracht worden.

Am 14. November beantragte die Staatsanwaltschaft Chemnitz beim Thüringer Landtag eine Genehmigung, um gegen Höcke ermitteln zu können. Dies werde geschehen, sobald das Schreiben des Thüringer Landtages mit der Aufhebung der Immunität des Abgeordneten eingeht, sagte Oberstaatsanwältin Ingrid Burghart am Montag. 

Der Justizausschuss des Thüringer Landtages hatte am vergangenen Freitag Höckes Immunität als Abgeordneter aufgehoben und damit den Weg für Ermittlungen frei gemacht. Der Ausschuss, zusammengesetzt aus allen Landtagsparteien, stimmte dem fast komplett zu. Nur die AfD enthielt sich der Stimme, wollte aber wohl nicht so weit gehen, die Ermittlungen gegen ihr prominentes Mitglied abzulehnen. Ohne Aufhebung der Immunität seien keine Ermittlungen wegen der Vorwürfe möglich, so ein Mitglied des Ausschusses.

Hintergrund ist die Strafanzeige der Eltern von Sophia L., die nicht hinnehmen wollen, dass Höcke und andere Rechte das Foto widerrechtlich "für die eigene Gesinnung“ instrumentalisieren.

Die Eltern von Sophia L. seien nicht gefragt worden, ob das Bild verwendet werden darf. Außerdem habe Höcke ein Bild auf Facebook veröffentlicht, auf dem er mit dem Träger des Fotos von Sophia Lösche zu sehen ist. Deshalb sei beantragt worden, wegen des Verdachts eines Vergehens nach Paragraph 33 des Kunsturhebergesetzes gegen den AfD-Politiker zu ermitteln, teilt die Chemnitzer Oberstaatsanwältin Ingrid Burghart mit.

Die Familie der getöteten Tramperin Sophia hat Strafanzeige erstattet, weil das Recht auf öffentliche Verwendung von Sophias Fotos erloschen sei, nachdem ihre Leiche in Spanien gefunden und ein Tatverdächtiger verhaftet worden war. Der mutmaßliche Mörder, ein 41-Jähriger aus Marokko, war Ende August nach Deutschland überstellt worden und sitzt derzeit in Untersuchungshaft. Im September war Sophia Lösche im engsten Kreis bestattet worden.

Sophias Bruder Andreas Lösche vertritt die Familie in der Öffentlichkeit. „Ich bin froh, dass die Staatsanwaltschaft es offensichtlich ähnlich sieht wie unsere Familie und diesen Missbrauch meiner Schwester ebenso wie wir nicht zulassen möchte“, sagt der 51-Jährige gegenüber Sächsische.de. „Was Höcke gemacht hat, ist für uns wie als würde er in Gedanken meine Schwester vergewaltigen, indem er mit dem Plakat aufgetreten ist.“

Sächsische.de zeigt die Studentin im Bild, weil die Familie auch im Rahmen einer vernünftigen und professionellen Berichterstattung das Andenken an die Verstorbene erhalten möchte, wendet sich aber explizit gegen jede Verwendung im Rahmen einer politischen Agenda von Rechten und Rechtsextremen.

Man könne seine Schwester selbst nicht mehr schützen, sagt Andreas Lösche, aber man müsse ihr Andenken und ihren Namen schützen vor jenen, die damit Hass und Kälte verbreiten und menschenverachtendes Reden und Verhalten rechtfertigen. (mit dpa)