Von Ingo Kramer
Aufmerksamen Görlitzern ist es längst aufgefallen: Die Theaterpassage ist seit einiger Zeit nachts mit gut zwei Meter hohen Toren verschlossen. „Nein, ist sie nicht“, entgegnet Michael Schulz, wenn er solche Sätze hört. Mit seiner Firma Immofant ist er zuständig für die historische Theaterpassage, an der beispielsweise die Stadtwerke und das Lolos ihren Sitz haben.
Doch daneben gibt es noch einen zweiten, neueren Durchgang, der am Löffelstübchen vorbei zum Eiscafé La Gondola führt. Und der ist seit Juni tatsächlich nachts verschlossen – jeweils von 21 bis 6 Uhr. Diese Zeiten sollen künftig das ganze Jahr über gelten. „Es gab keine andere Lösung mehr“, erklärt Ulrike Klug von der Jakovlev Hausverwaltung, die sich im Auftrag einer Eigentümergemeinschaft um die „neuere“ Theaterpassage kümmert. Nächtliche Probleme habe es hier schon seit vielen Jahren gegeben, schildert Ulrike Klug: „Die Wände werden immer wieder mit Farbe und Essensresten beschmiert, einige Leute pinkeln sogar in die Ecken.“ Das sei immer schlimmer geworden: Zuletzt haben Unbekannte sogar den Fahrstuhl neben dem Löffelstübchen lahmgelegt, indem sie das Schloss herausgerissen haben. An das Schloss kommt jeder Passant direkt von der Passage aus heran. Allerdings haben nur die Mieter des Vorderhauses den Schlüssel zum Fahrstuhl. Allein diese Reparatur hat 1 200 Euro gekostet. „Wir haben immer wieder Anzeige erstattet“, sagt die Hausverwalterin. Allerdings sei nie ein Täter erwischt oder ermittelt worden. Die Idee, Tore aufzustellen und nachts zu verschließen, habe es vor Jahren schon einmal gegeben. Damals sei das Ansinnen aber von der Denkmalpflege abgelehnt worden.
Dieses Jahr sah das nun anders aus. „Was hier nachts passiert ist, war ja längst nicht mehr normal“, sagt Ulrike Klug. Letztlich habe auch die Stadtverwaltung Tore als Lösung gesehen, um die Vandalismusschäden einzudämmen und der neuen Theaterpassage wieder ein freundliches Gesicht und letztlich auch einen angenehmeren Geruch zu geben. Peter Mitsching, der Leiter der Unteren Denkmalschutzbehörde, habe persönlich Zeichnungen angefertigt, wie die Tore an beiden Zugängen aussehen sollen. „Er hat das für uns wirklich sehr schön gemacht“, lobt Ulrike Klug. Nur beim Material musste sie verhandeln. Die Behörden wollten zunächst Holztore, am Ende konnte sie aber Metall durchsetzen – in ihrer Wunschfarbe Grau. „Herr Mitsching hat mir daraufhin den Kontakt zum Görlitzer Schmied Gregor Kondziela vermittelt“, freut sich die Hausverwalterin. Der habe die Tore angefertigt und eingebaut: „Das hat super geklappt.“ Die Eigentümer haben für Tore, Schlösser und Schlüssel für sämtliche Mieter insgesamt 6 000 Euro aufgebracht. Diese Summe tragen sie selbst: Sie erhalten weder Fördermittel noch können sie die Summe auf die Mieter umlegen. Auch den Sicherheitsdienst, der täglich auf- und zuschließt, müssen sie bezahlen. „Sie hoffen aber, sich dadurch künftig die Kosten für ständige Reparaturen und Renovierungen zu sparen“, sagt Ulrike Klug. Zunächst aber machen sie auch dafür Geld locker: Aktuell sind Handwerker dabei, die neue Theaterpassage zu malern sowie Marmorplatten am Sockel neu zu befestigen und zu reinigen, zum Teil sogar zu ersetzen. In zwei Wochen sollen die Arbeiten erledigt sein. Dann wird die lange Zeit verdreckte neuere Passage wieder richtig strahlen. „Anschließend ist dann hoffentlich erst einmal Ruhe“, sagt die Verwalterin. Allerdings sei es in der Vergangenheit sogar schon vorgekommen, dass Leute tagsüber Essensreste an den Wänden verteilt hätten.
Michael Schulz aus der angrenzenden historischen Theaterpassage bestätigt die Probleme. Sein Hausmeister kümmere sich jeden Morgen um die Reinigung. Etwa
30-mal pro Jahr müssen zudem Schmierereien entfernt werden: „Das erledigen wir immer binnen zwei bis drei Tagen.“ Nachts abschließen will er dagegen nicht. Stattdessen ist Schulz stolz, die historische Passage vor 15 Jahren wieder geöffnet zu haben.