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Stabwechsel im Heiligen Grab

Janet Conrad ist Landschaftsarchitektin und kennt daher den Wert der Görlitzer Anlage. Als Geschäftsführerin der Evangelischen Kulturstiftung ist sie jetzt dafür verantwortlich.

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© pawelsosnowski.com

Von Sebastian Beutler

Görlitz. Janet Conrad hatte schon ein wenig Zeit, sich einzuarbeiten. Seit Monaten begleitete sie die bisherige Geschäftsführerin der Evangelischen Kulturstiftung, Margrit Kempgen, wirkte mit am Aufbau der aktuellen Ausstellung in der Nikolaikirche zu Leben und Werk des Bildhauers Hans Wissel, engagierte sich in der Öffentlichkeitsarbeit. Seit Sonnabend ist die 45-Jährige nun auch ganz offiziell die Nachfolgerin von Frau Kempgen, die vor acht Tagen feierlich verabschiedet worden war. Gestern stellte Generalsuperintendent Martin Herche in seiner Funktion als Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung und auch als Vertreter des Bischofs der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz die neue „Chefin“ den Mitarbeitern vor. Für Janet Conrad ist diese Stelle wie geschaffen. Als ausgebildete Landschaftsarchitektin und Gemeindepädagogin kann sie nun ihre vielseitigen Interessen und Vorkenntnisse einbringen. Bislang war sie zumeist ehrenamtlich oder projektfinanziert in der evangelischen Innenstadtgemeinde oder auch bei der Sächsischen Landesausstellung in Görlitz tätig gewesen. Als Geschäftsführerin der Evangelischen Kulturstiftung ist sie nun verantwortlich für das Heilige Grab, für den Nikolaifriedhof und die Nikolaikirche.

Die drei Einrichtungen sind Denkmäler ersten Ranges in der Stadt. Das Heilige Grab ist die detailgetreue Kopie der mittelalterlichen Anlage von Jerusalem. Weil dort seitdem viel gebaut wurde, gilt die Görlitzer Anlage näher dem ursprünglichen Grab Jesus als die im Nahen Osten. Auch war das Görlitzer Heilige Grab wiederum Vorbild für Nachahmungen andernorts, beispielsweise im Kloster Grüssau (Krzeszow) bei Landeshut (Kamienna Gora).

Der Nikolaifriedhof ist mit mehr als 800 Grabmalen und Epithaphen sowie einem großen Bestand an Grufthäusern ein seltenes und beredetes Zeugnis städtischer Begräbniskultur. Die Gebeine Jacob Böhmes liegen hier, genauso wie die sterblichen Überreste des Malers Johann Maximilian Avenarius, der die Eingangshalle von Haus Wiesenstein für den Schriftsteller Gerhart Hauptmann in Agnetendorf (Jagniatkow) im Riesengebirge ausgestaltete. Und schließlich ist die Nikolaikirche das älteste Gotteshaus von Görlitz. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde es im Stil des Expressionismus als Gedächtnisort für die evangelischen Gefallenen aus Görlitz umgestaltet.

Neben einer verbesserten Öffentlichkeitsarbeit, zu der bereits eine neue mehrsprachige Internetseite mit Veranstaltungskalender gehört, will Frau Conrad die Evangelische Kulturstiftung vor allem als einen verlässlichen Partner in der Zusammenarbeit mit anderen entwickeln. So laufen Gespräche mit dem Internationalen Begegnungszentrum St. Marienthal, wo gegenwärtig Senioren für die Bildung von Kompetenzteams im deutsch-polnischen Grenzraum gewonnen werden. „Vielleicht können sie auch ehrenamtlich bei der Stiftung mitarbeiten“, hofft Frau Conrad. Die Nikolaikirche würde sie gern zu einem Lernort für den Frieden ausbauen, wo darüber nachgedacht werden kann, „wie wir unsere Stimme gegen Hass und Menschenverachtung erheben und dem Frieden dienen können“. Schließlich sieht Janet Conrad eine Vielzahl an möglichen thematischen Führungen in den Stiftungsgütern. Und ebenso bleibt eine dauerhafte Aufgabe, junge Menschen für die Kulturstiftung und deren Anlagen zu interessieren.

Bei all dem wird Janet Conrad nicht nur von den zumeist ehrenamtlich mitwirkenden Mitarbeitern unterstützt, sondern auch vom Vorstand der Stiftung. Auch an dessen Spitze gab es einen Wechsel mit der Verabschiedung von Margrit Kempgen, die beide Aufgaben bislang in Personalunion erledigt hatte. Nun folgt ihr der frühere Görlitzer Denkmalpfleger Michael Vogel, der schon bislang dem Vorstand der Kulturstiftung angehörte und damit auch für Kontinuität in der Arbeit steht.

www.EvKulturstiftungGR.de