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Stadt bei Lindenallee allein gelassen

Die Sperrung des Weges zwischen Nostitz und Lauske sorgt für Ärger. Doch durch die Vorgaben des Naturschutzes ist eine Sicherung unsagbar teuer.

Von Kerstin Fiedler
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Befahren und Betreten verboten, aber gleichzeitig Wanderweg? Wolfram Reck aus Kotitz liebt die Lindenallee. Hier steht er an der Kreuzung, auf die man von Särka aus kommt. Wenn er zur Jagd will, geht er hier lang. Doch nun darf er es nicht mehr.
Befahren und Betreten verboten, aber gleichzeitig Wanderweg? Wolfram Reck aus Kotitz liebt die Lindenallee. Hier steht er an der Kreuzung, auf die man von Särka aus kommt. Wenn er zur Jagd will, geht er hier lang. Doch nun darf er es nicht mehr. © SZ/Uwe Soeder

Weißenberg. Das Naturdenkmal Lindenallee mit seinen über 500 alten Bäumen ist nicht das einzige Problem, das die Stadt Weißenberg mit Behörden des Landkreises auszufechten hat. Auch die Gröditzer Skala ist ähnlich gelagert. Nur, dass hier die Stadt nicht der Eigentümer der Waldwege ist. In der jüngsten Stadtratssitzung informierten der Weißenberger Bürgermeister Jürgen Arlt (parteilos) und Bauamtsmitarbeiter Johannes Bitterlich über den Stand.

Seit etwa sechs Jahren ist die Lindenallee schon gesperrt. Jetzt fällt es besonders auf, weil es neue, feste Verbotsschilder gibt. Da es sich um einen kommunalen Weg handelt, ist die Stadt dafür zuständig. Sie muss sich darum kümmern, dass Fußgänger und Kraftfahrer unbeschadet den Weg nutzen können. Allerdings: „Jeder Baum ist ein naturgeschütztes Biotop“, so Arlt. Das heißt, jeder Eingriff muss von der Unteren Naturschutzbehörde genehmigt werden. Und das empfindet der Bürgermeister mittlerweile als Zumutung.

Ökologisches Gutachten enorm teuer

Johannes Bitterlich berichtete über eine Aktion vor zwei Jahren, wo zehn Bäume im Kreuzungsbereich nach Särka kontrolliert wurden. „Wenn wir das aus wirtschaftlicher Sicht betrachten, müssten acht der Bäume gleich weg“, sagt Bitterlich. Aber: Der Stadt sind die Hände gebunden. Erst müsste ein ökologisches Gutachten erstellt und die Bearbeitung der Bäume durch eine Fachfirma begleitet werden. Die Kosten dafür seien utopisch – 60 000 Euro aller zwei bis drei Jahre, hieß es.

Die Untere Naturschutzbehörde gibt noch etwas zu bedenken: In der Allee leben Vögel, Fledermäuse und Insekten, von denen es zahlreiche besonders und streng geschützte Arten gibt. Für die Lindenallee würde die Herstellung der Verkehrssicherheit bedeuten, dass der bisherige, das Landschaftsbild prägende, Charakter verloren ginge. Sehr viele Bäume müssten wahrscheinlich stark eingekürzt oder ganz gefällt werden. Bis Nachpflanzungen deren Funktionen übernehmen, geht sehr viel Zeit ins Land. Für die in den Bäumen lebenden Tierarten ging auf einen Schlag Lebensraum verloren, schreibt Kreissprecherin Dunja Reichelt. „Und hier stehen sich nun das öffentliche Interesse der Wegebenutzung und das gesetzlich formulierte öffentliche Interesse, insbesondere an der Erhaltung streng und besonders geschützter Arten und ihrer Lebensstätten, direkt gegenüber.“ Dieses Spannungsfeld sei nur mit Augenmaß und Kompromissbereitschaft lösbar. Hinzu kommt, dass für die langfristige Erhaltung des Naturdenkmals ein Konzept und nicht wenige finanzielle Mittel erforderlich sind.

Weder Zeitplan, noch Maßnahmen präsentiert

Woher die kommen, das schreibt die Behörde nicht. Aber sie sei an einer Lösung interessiert, erste Gespräche hätten „erste Lösungsansätze gebracht“. Allerdings können weder ein Zeitplan noch konkrete Maßnahmen präsentiert werden. Gespräche mit der Grünen Liga und der Stadt erfolgten vor zwei Jahren. „Das, was die Grüne Liga macht, hat ja nichts mit Verkehrssicherung zu tun“, sagt Jürgen Arlt. Verstehen kann das im Stadtrat niemand. Sven Tschipke findet, dass eben auch Bäume ein gewisses Lebensalter haben. „Warum kann man nicht rechtzeitig Bäume daneben nachpflanzen“, fragt er. Mit dem gesunden Menschenverstand ist das nicht zu erklären, sagt Tschipke.