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Stadt Görlitz will große Eichen fällen

Nahe der Hühnerfarm sollen dieses Jahr 135 Jahre alte Bäume fallen. An der Landeskrone erwischt es andere Arten.

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© SZ/Steffen Gerhardt

Von Ingo Kramer

Görlitz. Kahlschlag? Steffen Leder wimmelt ab. Nein, von Kahlschlag könne überhaupt keine Rede sein. Stattdessen spricht der städtische Baumexperte von „Altdurchforstung“, der Laie würde wohl „Auslichten“ sagen. Doch gerade in dem kleinen Wäldchen hinter der Hühnerfarm zwischen Biesnitz, Kunnerwitz und Weinhübel erwischt es dieses Jahr nicht etwa das Unterholz, sondern 15 bis 20 massive Stieleichen. Sie sind 135 Jahre alt. „Da ist nicht mehr viel Zuwachs zu erwarten“, sagt Leder. Etwa 15 Kubikmeter Holz erwartet er an dieser Stelle. Es soll verkauft werden.

Der wirtschaftliche Gewinn aber ist nach Aussage von Leder nur ein Aspekt. Der andere: Das Wäldchen bestand vermutlich einst komplett aus Stieleichen, später kamen Bergahorn und Zitterpappeln hinzu. „Inzwischen ist der Ahorn so groß, dass er freigestellt werden muss, weil er mehr Licht braucht“, sagt Leder. Das heißt freilich nicht, dass alle Eichen abgeholzt werden sollen: „Wir entnehmen lediglich 15 von 242 Kubikmetern Eiche.“

Das ist eine von drei Durchforstungen, die die Stadt dieses Jahr plant. Die anderen zwei stehen am unteren Rundweg der Landeskrone an, also auf der Schlaurother Seite des Berges. Auf einer Fläche müssen rund 200 Buchen weichen. Sie sind um die 50 Jahre alt und bringen 225 Kubikmeter Holz. An der anderen Stelle geht es rund 200 Linden an den Kragen, die etwa 60 Jahre alt sind und 189 Kubikmeter Holz bringen sollen. „In beiden Fällen nehmen wir schwächere Bäume raus, die die besser entwickelten bedrängen“, erläutert Leder.

Mit dem Naturschutz gebe es kein Problem: „Das Alter der Bäume spielt beim Naturschutz keine Rolle.“ Anders sei es, wenn sich in den Bäumen Höhlen für Vögel, Fledermäuse oder seltene Käfer befinden. Solche Bäume müssen erhalten bleiben: „Darauf achten wir in jedem Fall.“ Prinzipiell dürfte die Stadt sogar ganzjährig fällen. Das will sie aber nicht tun, sondern die Monate nutzen, in denen keine Vögel brüten. Bis Ende Februar wird es die Stadt nicht mehr schaffen, sodass die Fällungen erst ab Oktober stattfinden sollen. „Die Zeit bis Februar benötigen wir stattdessen, um Sturmschäden zu beräumen“, sagt Leder. Gerade der Sturm „Herwart“ Ende Oktober habe einige Bäume umgeworfen. An der Landeskrone, im Loenschen Park und am Weinberg rechnet Leder mit insgesamt zehn Kubikmetern Holz, die Kronen der umgestürzten Bäume nicht mitgerechnet.

Durch den Holzverkauf will die Stadt dieses Jahr knapp 20 000 Euro einnehmen. Das deckt die Kosten der Fällungen, aber auch der Waldpflege, der Verkehrssicherung und der Verwaltung. Einen Gewinn erzielt die Stadt also nicht. Leder freut sich aber, wenn zumindest die Waldpflege bezahlt werden kann. Vor allem geht es hier um Flächen, die in den vergangenen fünf Jahren aufgeforstet wurden. Dort sind die jungen Bäume noch so klein, dass sie von Brom- und Himbeeren, Nesseln und hohem Gras freigehalten werden müssen.