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Star Trek auf der Nase

Auf dem neuen Prüffeld der HTW rollt die Zukunft. Die Fahrer können sich bald entspannen.

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© René Meinig

Von Jana Mundus

Die Wirklichkeit wird größer. Sie bekommt noch etwas hinzu. Ein kleines Detail, das in Gefahrensituationen den Unterschied ausmachen kann. Beim Fahren trägt Tino Grimmer eine Brille. Sie ist mit dem Fahrzeug verbunden. Moderne Sensorik hält rundherum die Augen offen. Plötzlich setzt ein von hinten kommendes Auto zum Überholen an. In Grimmers Sichtfeld taucht ein Warnsignal auf – nicht am Straßenrand, sondern direkt auf seinen Brillengläsern. Das rote Ausrufezeichen überlagert die Realität. Der Fahrer sieht die Straße vor sich, aber auch das Warnsignal.
Science-Fiction am Lenkrad.

Autofahren der Zukunft: Die Augmented-Reality-Brille mahnt schon vor der Kreuzung Aufmerksamkeit an.
Autofahren der Zukunft: Die Augmented-Reality-Brille mahnt schon vor der Kreuzung Aufmerksamkeit an. © PR

Augmented Reality heißt diese Technik, also eine zusätzliche Wirklichkeit, die die eigentliche überlagert. An der HTW Dresden wird das System nun für den Einsatz im Straßenverkehr getestet. Es erinnert ein wenig an Star Trek, wie die Testfahrer auf dem neuen Prüffeld der HTW Dresden ihre Runden drehen. Die futuristische Hightech-Brille auf der Nase. Die Fläche gegenüber des Finanzamts Dresden-Süd ist erst vor wenigen Wochen fertiggestellt worden. Hier sollen künftig autonom fahrende Autos getestet werden.

Doch bevor die auf das Feld dürfen, ist Forschungsarbeit gefragt. Gleich mehrere Projekte laufen derzeit an der Hochschule parallel, um die Technik fürs automatisierte Fahren zu entwickeln. Viele Fragen müssen geklärt werden. Wie kommunizieren die Autos der Zukunft untereinander? Wie orientieren sie sich in ihrer Umgebung? Denn sollen die Autos irgendwann auch sicher durch Innenstädte fahren, ohne den nächsten Baum oder Passanten zu erwischen, müssen sie mehr können, als ohne Probleme geradeaus zu fahren.

Durchblick im Chaos

Beim Entwickeln neuer Ideen arbeitet die HTW Dresden auch mit externen Partnern zusammen. In Sachen Augmented-Reality-Brille etwa mit der Firma Casonex. Das neue Prüffeld – der perfekte Rahmen, um die Brille ausgiebig zu testen. „Das Ganze ist eine gemeinsame Konzeptstudie, ob solch eine Technik für das Fahren der Zukunft sinnvoll ist“, erklärt Christian Müller von Casonex. Anfangs dachten die Entwickler an eine Art Monokel. Vollkommen ungeeignet, wie sich herausstellte. „Wenn nur ein Auge die Information eingeblendet bekommt, gibt es Probleme mit dem dreidimensionalen Sehen“, sagt er. Deshalb die Brillen-Lösung. Verwendet wird ein Brillensystem, das bereits existiert. Die Software stammt von Casonex.

Ob ein anderes Fahrzeug, das vor dem eigenen Auto einschert, entgegenkommender Verkehr, Kopfsteinpflaster oder gefährlicher Kreuzungsbereich – das brillige Hilfsmittel im Gesicht gibt Bescheid. „Es sind am Ende vielleicht nur Bruchteile einer Sekunde, die das System schneller ist als die menschlichen Sinne. Aber gerade diese Momente können im Ernstfall einen Unfall verhindern.“

Die Bundesanstalt für Straßenwesen hat genau geregelt, welche Art des autonomen Fahrens in Zukunft erlaubt ist. „Momentan ist Level drei von fünf Automatisierungsstufen möglich“, erklärt Toralf Trautmann, Professor für Kfz-Mechatronik. Stufe drei erlaubt eine Teilautomatisierung, das heißt, der Fahrer sitzt noch am Lenkrad, muss aber das System nicht ständig überwachen. Er kann sich also anderen Dingen zuwenden. In Stufe fünf muss der Mensch irgendwann gar nicht mehr eingreifen.

Chillen im Stadtverkehr

Damit das möglich ist, muss sich das Auto gut in seiner Umgebung zurechtfinden. Deshalb forschen Wissenschaftler an neuen Möglichkeiten der Orientierung. HTW-Student Hendrik Matz schreibt seine Diplomarbeit gerade über einen Laserscanner, der derzeit auf dem Dach eines BMW I3 installiert ist. Eines der Testautos der HTW. Die Laser werden permanent ausgesendet. Gemessen wird , wie lange sie brauchen, um wieder zurückzukommen. Daraus entsteht ein Bild der Umgebung. Somit weiß das Auto, wo es entlangfahren muss. „In einem Jahr wollen wir mit dem System durch die Stadt fahren“, sagt Trautmann. Der Fahrer kann sich dann entspannt zurücklehnen.