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Start für Innenstadt-Autobahn vor 50 Jahren

Die St. Petersburger Straße ist immer noch die wichtigste Verbindung von Nord nach Süd. Ein Rückblick auf die Anfänge.

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© André Wirsig

Von Lars Kühl

Zuerst waren die drei Studentenwohnheime da. Markant stehen die Hochhäuser heute noch auf der Ostseite der St. Petersburger Straße – und inzwischen als erste Großplattenbauten Dresdens auch unter Denkmalschutz. Von 1960 bis 1963 wurden sie gebaut. Man ordnete sie bewusst in Schräglage zur Straße an – die es damals nur auf Papier gab.

Die Magistrale erstreckte sich schon in den 1970er-Jahren breit über den Pirnaischen Platz zur Carolabrücke.
Die Magistrale erstreckte sich schon in den 1970er-Jahren breit über den Pirnaischen Platz zur Carolabrücke. © Deutsche Fotothek
Rote Straßenbahn, altmodisches Haltestellenschild, wenig Verkehr – die Leningrader zu Beginn.
Rote Straßenbahn, altmodisches Haltestellenschild, wenig Verkehr – die Leningrader zu Beginn. © SZ-Archiv

Heute ist die Magistrale zwischen Wiener Platz und Carolabrücke immer noch die wichtigste Nord-Süd-Verbindung der Stadt. Bis zu 50 000 Fahrzeuge passieren die mehrspurige Strecke täglich in beiden Richtungen. Mittlerweile ist es gelungen, die Schwerlasttransporter durch Umgehungsautobahnen weitestgehend fernzuhalten. Der Bau wurde ursprünglich mit dem Ziel geplant, möglichst viel Verkehr durch die Innenstadt zu leiten, quasi als Autobahnersatz in Richtung tschechoslowakische Grenze. Pläne für eine Schnellstraße nach Prag um Dresden herum waren damals noch aus Kostengründen gescheitert.

Zwischen Hauptbahnhof und Georgplatz verlief früher die Christianstraße, 1858 nach dem gleichnamigen Kurfürsten benannt. Die Verbindung war allerdings nicht durchgängig. Kutschen, Autos und Straßenbahnen fuhren damals über die Prager Straße, die Waisenhausstraße und den Ring zum Rathenauplatz.

Verkehrsnetz wurde neu geordnet

Mit der Zerstörung Dresdens am Ende des Zweiten Weltkrieges änderte sich alles. Als die Trümmer beseitigt waren, gab es auf einmal großflächige Brachen. Das Verkehrsnetz musste neu geordnet werden. Eine breite Straße an dieser Stelle war bereits 1938 in einem Innenstadtplan vorgesehen. Die Idee wurde nach 1945 wieder aufgegriffen, doch zunächst hatten der Altmarkt und die Ernst-Thälmann-Straße, die heutige Wilsdruffer, Priorität.

Erst 1962 und 1963 erteilte der Rat der Stadt die Aufträge für Planungsstudien für die Nord-Süd-Verbindung. Der Verkehr sollte zügig vom Hauptbahnhof zum Albertplatz, damals Platz der Einheit, gelangen. Da die Prager Straße zur reinen Fußgängerzone wurde, kam sie nicht mehr infrage. Schnell stand fest, dass die Straßenbahnen westlich der neuen Fahrbahnen vorbeigeführt werden sollen. Auch der Grünstreifen zwischen beiden Richtungen wurde festgelegt. Es gab einen Siebenjahresplan mit mehreren Bauabschnitten, erklärt das Denkmalschutzamt. Anfang 1964 und 1965 stimmten die Abgeordneten entsprechenden Beschlüssen zu.

Den genauen Baustart kann das Amt nicht benennen. Es ist aber davon auszugehen, dass 1965 – also vor 50 Jahren – der erste Spatenstich erfolgte. Schon ein Jahr später war der rund 800 Meter lange Bereich zwischen Wiener Platz und Georgplatz entlang der Wohnzeile Prager Straße fertiggestellt. Danach wurde das alte Straßenraster im früheren Ärzteviertel in Richtung Elbe überbaut. Die alte Ringstraße zwischen Georg- und Rathenauplatz sowie die Johannes- und Amalienstraße wurden in die neue Verbindung mit einbezogen. Noch vor der Freigabe für den Kraftverkehr am 30. Juni 1971 wurde der Straßenzug bis zur Carolabrücke, die damals Dr.-Rudolf-Friedrichs-Brücke hieß, am 22. April 1970 von Christian- in Leningrader Straße umbenannt. Anlass war der 100. Geburtstag des sowjetischen Revolutionsführers.

Nach der politischen Wende war ein solcher Name nicht mehr zeitgemäß, auch weil Dresdens Partnerstadt Leningrad inzwischen wieder St. Petersburg hieß. Erneut erhielt die Verbindung eine neue Bezeichnung. Christianstraße war keine Option mehr. Der Vorschlag „St. Leninburger“ war nicht ernst gemeint. Also wurde es 1991 die St. Petersburger Straße.

Die ist mittlerweile, auch durch ihre unübersichtlichen Verkehrsführungen an den Kreuzungen Georg-, Pirnaischer und Rathenauplatz, nach heutigen Maßstäben überdimensioniert. Deshalb gibt es Überlegungen, Dresdens wichtigste Nord-Süd-Verbindung wieder umzugestalten.

In einem weiteren Beitrag, der demnächst erscheint, wagt die Sächsische Zeitung einen Ausblick