Dresden
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Statt zur BRN in Polizeigewahrsam

Als angeblicher Reichsbürger hat sich ein 39-Jähriger nicht von der Polizei anfassen lassen. Er hatte einen Tag lang nichts von dem Stadtteilfest.

Von Alexander Schneider
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© Archiv/dpa

Der Mann liebt den großen Auftritt. Zum Prozess am Amtsgericht Dresden erscheint der 39-Jährige in hohen Reiterstiefeln, einer sandfarbenen, lederbesetzten Reiterhose und allerlei anderem historischen Tuch. Das Erstaunen von Richterin Monika Frömmel ist dem vermeintlichen Rittmeister sicher.

In einer ähnlich spektakulären Montur stiefelte der Dresdner an einem Sonntagvormittag im Juni 2017 über die Bunte Republik Neustadt. Man könnte es Jägerkostüm nennen und es hätte wohl im Umfeld dieses Stadtteilfestes eine nicht ganz so große Erregung verursacht, wenn der Träger dieser Tracht nicht auch noch bewaffnet gewesen wäre und sternhagelvoll andere Festbummler angepöbelt und belästigt hätte. 

Natürlich alarmierten die Passanten die Polizei, damit sich die Uniformierten den seltsamen Waidmann mit damals noch langem Haar und gezwirbeltem Bart zur Brust nehmen. Doch auch gegenüber den Beamten lief der falsche Jäger zur Hochform auf. Die Polizisten hätten kein Recht, ihn zu kontrollieren, da er als Reichsbürger nicht den Gesetzen dieses Staats unterliege, soll der Mann behauptet haben.

35 Zentimeter Klinge

Er habe versucht, sich nicht entwaffnen zu lassen, machte sich steif und zankte sich mit den Beamten herum, wollte sich losreißen. Die Beamten stellten bei ihm zwei Messer, einen historischen Hirschfänger mit einer Klingenlänge von 35 Zentimeter und einen Jagdknicker mit fester 11,5 Zentimeter-Klinge sicher. Dazu einen Spazierstock mit einer Geweihspitze als Griff, der sich ebenfalls gut als Waffe einsetzen lässt. 

Der mutmaßliche Reichsbürger musste zur Blutentnahme, er hatte zur Tatzeit etwa zwei Promille Alkohol intus. Dann kam er in Gewahrsam und wurde erst abends nach seiner Vernehmung in einem halbwegs ernüchterten Zustand wieder entlassen. So hatte es ein Ermittlungsrichter verfügt.

„Sie sind doch kein Reichsbürger, oder?“, fragt Richterin Frömmel. Sie kennt diese Leute, die sich als Angeklagte vor Gericht oft nicht einmal hinsetzen, geschweige denn ihre Personalien nennen. Das alles hat der 39-Jährige jedoch ordnungsgemäß gemacht. „Nein“, sagt der gelernte Gärtner, er sei kein Reichsbürger. Er habe eine „politische Auffassung“, das wohl schon. Er gibt die skurrilen Vorwürfe zu, auch wenn er sich, angeblich, nicht mehr an Details erinnern könne.

Er habe schon am Vorabend sehr viel getrunken, bei einem Treffen seines Freundeskreises in Kleinzschachwitz. „Sehen die dort alle so wie Sie aus?“, fragt die Richterin interessiert. Nein-nein, entgegnet der Mann, die historische Kleidung, „das Alpenländliche“, sei mehr so sein Ding. Er klagte, dass er seine Habe, der Hirschfänger, der Knicker und der Wanderstock, bis heute nicht zurückerhalten habe. An dem machetenartigen langen Hirschfänger sei ihm besonders gelegen, der sei schon über 80 Jahre alt und habe 300 Euro gekostet.

Richterin Frömmel verurteilte den seit Jahren arbeitslosen Angeklagten wegen Widerstands gegen Polizisten zu 250 Euro Strafe. Die Staatsanwaltschaft hatte es zuvor abgelehnt, das Verfahren einzustellen.