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Staubsaugervertreter zocken Neustädter ab

Die Betrüger geben sich in Neustadt als Servicemitarbeiter einer bekannten Firma aus. Ihnen geht es aber um etwas ganz anderes.

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© dpa

Von Thomas Staudt und Katarina Gust

Neustadt. Sie schmücken sich mit dem Namen der berühmten Staubsaugerfirma „Vorwerk“ und zocken unter einem Vorwand unbescholtene Senioren ab: In Neustadt sind mehrfach Männer unterwegs gewesen, die sich als Mitarbeiter eines Wartungsservice ausgegeben haben. Sie klingeln bei Vorwerk-Kunden – vornehmlich älteren Menschen – um in deren Wohnung neue Staubsaugerfunktionen vorzustellen. Es geht dabei um die bessere Reinigung von Matratzen. Im Schlafzimmer der Kunden wird das demonstriert, vermutlich jedoch mit einem manipulierten Staubsauger. Denn bei der Vorführung finden die vermeintlichen Servicemitarbeiter jede Menge Staub und schwarze Krabbeltiere in den Matratzen. Durch diese Masche wollen sie den Kunden eine neue orthopädische Matratze verkaufen. Die Preise dafür bewegen sich nicht selten um die 10 000 Euro-Marke – und seien damit deutlich überteuert. Zwei solcher Fälle, die am 11. August in Neustadt passiert sind, sind der SZ bekannt. Die Betroffenen, die ihre Namen nicht öffentlich nennen möchten, wollen nun andere Menschen warnen, nicht auf dieselbe Abzocke hereinzufallen.

Bei der Verbraucherzentrale Sachsen ist diese Masche bereits bekannt. „Wir hatten im letzten Jahr vier solcher Fälle“, sagt die Geschäftsführerin der Verbraucherzentrale Weißwasser, Judith Sybilla. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher sein. Der Paragraf 138 des Bürgerlichen Gesetzbuches spricht bei deutlich überteuerten Verträgen von sittenwidrigen Rechtsgeschäften oder schlicht Wucher. Ein Geschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, heißt es in Absatz 1, ist nichtig. Aber selbst dann kommen die Betrogenen nicht ohne Weiteres aus den Verträgen heraus.

In manchen Fällen konnte die Verbraucherzentrale den angeblichen Vertretern eine falsche Widerrufsbelehrung nachweisen. Damit sind die Verträge null und nichtig. Der Staubsaugerservice lenkte ein. Die Betroffenen mussten nicht zahlen. Die beiden Neustädter, die auf die Staubsaugervertreter hereingefallen sind, haben bereits von der Widerrufsfrist Gebrauch gemacht. Diese endet am Donnerstag, dem 25. August. Alle, die sich von solchen Matratzenverkäufern über den Tisch gezogen fühlen, könnten dadurch noch aus dem Vertrag herauskommen. Andersfalls wird empfohlen, Anzeige zu erstatten.

Weitere Tricks an der Haustür

So funktioniert’s: Die Betrüger geben sich als Handwerker, Stadtwerke-Mitarbeiter oder gar Polizisten aus, um sich leichter Zugang zu verschaffen. Andere lügen, sie seien von der Hausverwaltung oder Meinungsforscher. Der Grund ihres Besuchs: Sie seien beauftragt, die Wasserleitung zu prüfen, eine Umfrage durchzuführen usw. Häufig sind die Täter zu zweit.

So schützen Sie sich: Sie sind nicht verpflichtet, jemandem unangemeldet Zutritt zu gewähren. Holen Sie Hilfe. Bitten Sie Nachbarn oder Vertraute hinzu oder bestellen Sie den Besucher zu einem späteren Zeitpunkt. Lassen Sie gesunde Skepsis walten: Vertreter offizieller Institutionen kommen nicht ohne Voranmeldung. Fordern Sie von Amtspersonen den Dienstausweis.

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Die Verbraucherzentrale Sachsen erteilten 2015 über tausend Auskünfte und führten insgesamt 760 Beratungen durch – 624 persönlich, 50 am Telefon und 125 per Brief oder E-Mail. Die meisten Anfragen kamen mit einem Anteil von 38 Prozent zu Krediten, Geldanlagen und Versicherungen. Auf Platz zwei landeten Inkassoforderungen, Handwerkerleistungen und Partnervermittlungen (19 Prozent). Gleich dahinter folgte mit 17 Prozent der Bereich Telefon, Internet und neue Medien.

Egal, ob überteuerte Handyverträge, die am Telefon verkauft werden, oder Nahrungsergänzungsmittel, deren Preise geradezu luxuriös anmuten – häufig sitzen die Urheber solcher Betrügereien in Westdeutschland oder im Ausland, haben Judith Sybilla und ihre Kollegen festgestellt. Handyrechnungen kommen nicht selten aus Tschechien oder den USA und sollen über Konten in Griechenland oder Spanien beglichen werden. Inkassobüros, die nur auf dem Papier existieren und frei erfundene Zahlungsaufforderungen verschicken, sitzen in Rumänien, Bulgarien oder der Türkei. Wie das Beispiel des Staubsaugerservices zeigt, kommen die Bösewichte aber nicht immer von weither.