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Stausee-Schläger muss hinter Gitter

Seit seiner Ankunft in Deutschland fällt ein Tunesier immer wieder durch Straftaten auf. Jetzt klickten die Handschellen noch im Gericht in Bautzen.

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© ZB

Von Miriam Schönbach

Immer wieder wiederholte der Angeklagte Faouzi N. während der über fünfstündigen Verhandlung diese Sätze: „Ich habe einen Fehler gemacht. Ich bereue es.“ Doch Glauben schenken wollten dieser Aussage des 36-jährigen Tunesiers der Richter, der Staatsanwalt und der Nebenkläger wohl kaum. Seit seiner Ankunft in Deutschland vor zwei Jahren füllte sich das Strafregister des Nordafrikaners. Beim Amtsgericht Bautzen musste er sich gestern wegen gefährlicher Körperverletzung, Beleidigung und Schwarzfahren verantworten. Für die Straftaten geht N. jetzt für 16 Monate ohne Bewährung ins Gefängnis. Noch im Gerichtssaal klickten die Handschellen.

Zu dem Prozess kam Faouzi N. mit dem Fahrrad von seiner derzeitigen Unterkunft in der Flüchtlingsunterkunft am Bautzener Stausee. Dort gehörte er im Juli 2014 zu den ersten Bewohnern. Mithilfe von Schleusern und für etwa 2 000 Euro ließ sich der Mann im Mai 2014 von Tunesien per Boot nach Italien bringen. Von dort ging es weiter über Frankreich und Belgien nach Deutschland. „Die Armut und Unterdrückung war unerträglich. Ich kam hierher auf der Suche nach einem besseren Leben“, sagte der Angeklagte.

In Chemnitz flogen die Fäuste

Richter Dr. Dirk Hertle sieht das ein wenig anders.„Sie sind nach Deutschland gekommen, um hier viele Straftaten zu begehen.“ Bereits am 28. Juni 2014 ließ der Asylbewerber offensichtlich im Erstaufnahmelager in Chemnitz die Fäuste fliegen. In dieser Strafsache steht das Urteil noch aus. Faouzi N erschien nicht zur Hauptverhandlung am Chemnitzer Amtsgericht.

Nur einen Monat nach der blutigen Auseinandersetzung folgte die Stausee-Schlägerei. Das Opfer kam an diesem Tag mit Sohn und Ex-Freundin zum Baden ans Wasser. Sie packten schon ihre Sachen zusammen, als sie drei dunkelhäutige Männer auf sich zu kommen sahen. „Er fragte mich, ob ich Englisch sprechen könne“, sagte der Hilfskoch und deutete auf den Angeklagten. Den ersten Worten folgte eine handfeste Rangelei, die schließlich in einer Schlägerei gipfelte. Ein Täter nahm dabei eine Bierflasche zur Hand und schlug sie dem Opfer mehrfach auf den Kopf. Mit der Faust hieb er noch hinterher. Ein dritter Täter prügelte mit dem Holzstiel einer Kinderschaufel auf den Vater unter den Augen seines fünfjährigen Sohnes ein. Bis heute leidet er unter Kopfschmerzen. Außerdem war der Bautzener über ein Jahr in psychologischer Betreuung, um das Trauma aufzuarbeiten. Erst jetzt traue er sich wieder an den Stausee, sagte er .

Mittäter sind verschwunden

Was die Prügelei auslöste, konnte das Gericht schlussendlich nicht feststellen. „Damals standen jeden Tag Leute vor dem Hotel und riefen ,Haut ab hier’. Wir hatten alle Angst“, sagte Faouzi N. Er meinte, der Kläger hätte ihnen den Mittelfinger gezeigt. Das bestritten dieser und seine Ex-Freundin jedoch. Die beiden Mittäter konnten keine Aussage machen. Sie sind derzeit verschwunden. Den Schläger mit der Glasflasche verurteilte das Jugendgericht bereits zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung. – Diese Milde konnte Faouzi N. nicht erwarten. „Sie sind ein Intensivtäter. Obwohl festzustellen war, dass Sie weder Bierflasche noch Schaufel führten, haben Sie die Tat geduldet. Sie lassen andere die Drecksarbeit machen“, sagte Dr. Dirk Hertle. Neben der Körperverletzung flossen in das Urteil weitere Delikte ein. So wurde der Asylbewerber mehrfach beim Schwarzfahren erwischt und mehrfach in Geschäften gestohlen. Außerdem rastete er nach einer Reise bei seiner Rückkehr ins Spreehotel aus, weil er sein altes Zimmer verschlossen und leer vorfand. Seine Sachen lagen im Lager. Daraufhin beschimpfte er die Mitarbeiter des Flüchtlingsheims als „Nazis“ und „Rassisten“ und drohte ihnen mit dem Tod.

Vorerst hat nun Dr. Dirk Hertle dem Straftäter das Handwerk gelegt. „Doch dieser Prozess zeigt, wie weit Politik und Praxis auseinanderklaffen. Die Aufenthaltsgestattung von N. endete schon im Oktober 2014. Er hätte längst in seine Heimat abgeschoben werden müssen, dann wäre es zu vielen Straftaten gar nicht erst gekommen“, sagte der Richter. Dann kam die Polizei und legte N. die Handschellen an.