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Steuergeld für Autonomen-Haus?

Nach Jahren der Ruhe eskalierte der Streit um ein besetztes Haus in der Berliner Rigaer Straße. Die SPD will nun offenbar mit viel Geld eine Lösung kaufen. Die CDU spricht von einem „Stück aus dem Tollhaus“.

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© dpa

Berlin. Pläne der SPD, das auch von Linksautonomen bewohnte Haus Rigaer Straße 94 durch das Land Berlin kaufen zu lassen, sind bei der CDU auf Unverständnis gestoßen. Der CDU-Spitzenkandidat und Innensenator Frank Henkel kritisierte am Montag: „Ich halte gar nichts von diesem Vorstoß. Warum sollten wir Linksautonome derart belohnen?“. Der CDU-Generalsekretär Kai Wegner sprach von einem „Stück aus dem Tollhaus“.

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) erklärte dagegen: „Im Senat waren diese Überlegungen bisher kein Thema, aber man sollte jede Möglichkeit der Deeskalation in Erwägung ziehen und auch ernsthaft prüfen, falls sie geeignet ist.“

Medien hatten von Überlegungen in der SPD-Spitze berichtet, das Haus Rigaer Straße 94 von der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Degewo kaufen zu lassen. So sollen die Bewohner und die linke und linksextreme Unterstützerszene beruhigt werden. Derzeit existieren aber wohl noch keine sehr konkreten Pläne. Grünen-Politiker hatten die Idee begrüßt.

Henkel sagte nun weiter, es gebe viele Menschen in der Stadt, die ihre Miete nicht bezahlen könnten. „Was da sicher keine Priorität hat, ist, dass die SPD für Mondpreise eine linksautonome Spielwiese kauft. Das ist auch eine Frage von Haltung.“

Wegner kritisierte, Linksradikale würden so „für Krawalle, Brandanschläge und Angriffe auf Polizisten mit einem Haus“ belohnt. „Mit diesem vollkommen absurden Gebaren will sich die SPD Ruhe und Ordnung ergaunern. Das ist eine Bankrotterklärung des Rechtsstaates und eine Kapitulation vor dem Linksterror in unserer Stadt.“

In Hamburg gab und gibt es ähnliche Modelle. Früher besetzte Häuser wurden mit Hilfe des Landes und finanzieller Unterstützung durch Steuergeld an Genossenschaften oder Stiftungen übertragen. Die Bewohner der Rigaer Straße hatten es vor Jahren abgelehnt, ihr Haus selber zu übernehmen.

Weil in acht Wochen in Berlin ein neues Abgeordnetenhaus gewählt wird, dürfte das Thema Gegenstand von Koalitionsverhandlungen im Herbst werden und den nächsten Senat beschäftigen.

Unterdessen sollte die umstrittene illegale Kneipe „Kadterschmiede“ im Erdgeschoss der Rigaer Straße 94 am Montagabend wiedereröffnet werden. Das wurde per Twitter angekündigt. Am 22. Juni hatte der Hausbesitzer mit Unterstützung der Polizei die Kneipe geräumt. Das Berliner Landgericht entschied später, dass die Nutzer des Erdgeschosses und die Betreiber der Kneipe wieder in die Räume zurückkehren dürfen.

Der Grünen-Innenpolitiker Benedikt Lux verurteilte die linksextreme Gewalt deutlich. „Diese Szene ist hemmungsloser als früher, der Respekt vor Menschenleben hat abgenommen“, sagte Lux der „Berliner Zeitung“. Manche Taten von Linksautonomen gegen Polizisten seien nichts anderes als versuchter Totschlag. Lux sieht keinen Unterschied bei Brandsätzen von Neonazis gegen Flüchtlingsheime und von Linksextremisten gegen Polizeiwachen. „In beiden Fällen werden Menschenleben gefährdet“, sagte er. „Das Menschsein der jeweiligen Opfer wird von rechts und links in Frage gestellt.“

Lux grenzte sich damit klar von Teilen der linksalternativen Szene und einigen Vertretern der linken Parteien ab, die offene oder heimliche Sympathien für die Autonomen haben. So nehmen führende Politiker der Grünen Jugend und Vertreter der Piratenfraktion auch an Demonstrationen teil, bei denen vermummte Autonome gezielt und massiv die Polizei angreifen - wie zuletzt am 9. Juli. Rechtsextreme Gewalttaten oder Propagandadelikte werden von manchen Abgeordneten schnell verurteilt - linksextreme Sachbeschädigungen an Neubauten, Brandanschläge auf Autos oder Flaschenwürfe auf Polizisten dagegen weniger. (dpa)