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Stolpen greift jetzt bei Ferkelmast durch

Die Stadt zieht vorerst einen Schlussstrich unter die Erweiterungspläne. Sehr zum Ärger des niederländischen Investors.

Von Anja Weber
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Die Ferkelmastanlage an der Napoleonstraße in Stolpen sorgt weiter für viel Gesprächsstoff und Ärger.
Die Ferkelmastanlage an der Napoleonstraße in Stolpen sorgt weiter für viel Gesprächsstoff und Ärger. © Marko Förster

Seit mittlerweile fünf Jahren beschäftigt die ehemalige Schweinemastanlage, inzwischen Ferkelaufzucht, Stolpener Einwohner, das Rathaus und die Stadträte. So lange gab es wohl auch nie ein Thema, über das diskutiert, gestritten und nach Kompromissen gesucht wurde. Jetzt ist Schluss damit. Ein Beschluss im Stadtrat hat harte Konsequenzen.

Das Fass zum Überlaufen brachte der Entwurf eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes für die Erweiterung der Ferkelmastanlage durch den Eigentümer der Anlage, den Niederländer Marten Tigchelar. Derzeit stehen fast 4.500 Ferkel in den Ställen. Würden diese Gebäude wie vorgesehen saniert, hätten darin insgesamt 9.272 Ferkel Platz. Darüber hinaus plant der Eigentümer noch einen neuen großen Stall mit 5.000 Aufzuchtplätzen. Damit wären es dann 14.272 Plätze. Zulässig wären gar 14.480 Ferkel.

Da die Ferkel drei Monate im Stall stehen und dann weitertransportiert werden, würden so pro Jahr gut 57.000 Ferkel in der Anlage der Stolpen Agro GmbH in Langenwolmsdorf gemästet. Um das zu erreichen, muss ein Bebauungsplan vorliegen und verschiedene Gutachten etwa zu Lärm und Gestank. Die Pläne stoßen seit jeher bei den Anwohnern auf Widerstand.

Stolpens Stadtrat stellte letztmalig im Juli 2021 einige Forderungen unter anderem zur Geruchsminimierung. Außerdem sollten nur maximal 10.000 Ferkel in den Ställen stehen. Investor Tigchelar bekam verschiedene Fristen gestellt. Diese ließ er immer wieder verstreichen. Jetzt sind Rathaus und Stadtrat mit der Geduld am Ende. Die Stadt habe ihm Zeit gegeben, doch rein rechtlich sind dem auch Grenzen gesetzt, sagt Bürgermeister Uwe Steglich (FDP).

Stadtrat: Alle Türen offen gehalten

Der Stadtrat stellt fest, dass es offenbar seitens des Vorhabenträgers kein ernsthaftes Interesse an einer Fortführung des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes besteht. Konkret heißt das, dass der Beschluss dazu, datiert vom 25. September 2017, nun aufgehoben wurde. Das Verfahren wird für beendet erklärt.

Damit sind die Erweiterungspläne, wie sie bis jetzt bestanden haben, vorerst vom Tisch. An der jetzigen Situation ändern sie jedoch nichts, da der Unternehmer dafür eine Betriebserlaubnis besitzt. Im Stadtrat war man sich einig, dass man lange genug dem Investor die Hand gereicht habe und dass man auch lange genug über das Thema geredet habe. Und man habe ihm auch alle Türen offen gehalten.

Investor: Fühlt sich ausgebremst

Das sieht Marten Tigchelar natürlich anders. Der Investor ist ziemlich sauer. Er selbst sei nicht daran schuld, dass die Umplanung nach den Wünschen der Stadträte so lange dauern würde. Letztlich sei wohl auch der Stadtrat selbst schuld, der ja mit seinen Wünschen das Ganze verzögert habe. "Mit 10.000 Tieren haben wir komplett alles neu planen müssen, neue Unterlagen wurden gebraucht. Und das dauert", sagt er. Außerdem habe man eine neue Güllegrube bauen wollen und dafür einen Extra-Plan aufgestellt. Den hatte aber das Landratsamt aus rechtlichen Gründen abgelehnt.

Die versprochene Luftreinigungsanlage habe man bestellt. Die sei nun auch da. Werde es wärmer, solle die eingebaut werden. "Der Standort ist nun mal da. Es ist alles ein Geben und Nehmen. Wenn ich die Anlage nicht gekauft hätte, wäre es ein anderer gewesen", sagt Tigchelar. Soll heißen, die Probleme hätte es so oder so gegeben - auch den Gestank. Er muss sich jetzt mit der neuen Situation auseinandersetzen und weitere Schritte prüfen. Offen ließ er, ob er die Luftreinigungsanlage nun überhaupt noch einbauen werde.

Rathaus: Neuer Plan soll Klarheit bringen

Die Stadt Stolpen will nun ihrerseits für den gesamten Bereich einschließlich des Bahnhofsgeländes die Zügel selbst in die Hand nehmen und einen einfachen Bebauungsplan aufstellen. Davon verspricht man sich gleich mehrere Vorteile.

Für Investor Tigchelar die Tür weiter offen. Er kann seine Anlage auch künftig noch erweitern, allerdings unter den Spielregeln des neuen Bebauungsplanes. Mit dem verfolgt die Stadt das Ziel, die planungsrechtlichen Grundlagen für ein zukünftiges Gewerbegebiet auf den Flächen der Ferkelaufzuchtanlage in Verbindung mit der Reaktivierung der Flächen im Bereich des ehemaligen Bahnhofsgeländes zur Schaffung von Arbeitsplätzen und nachgefragtem Wohnraum herzustellen. "Für den Stadtrat ist das keine leichte Entscheidung. Für uns ist es im Sinne der Anwohner wichtig, dass die Geruchsbelästigung aufhört", sagt Bürgermeister Uwe Steglich.

In dem dann neuen Planverfahren kommen nicht nur die Träger öffentlicher Belange zu Wort. Alle Grundstückseigentümer in diesem Bereich sowie die Anwohner können nun Einfluss darauf nehmen. Das Ganze ist ein zweistufiges Verfahren. Zunächst wird ein Vorentwurf erstellt. Dieser liegt vier Wochen zur Einsichtnahme aus. Dann folgt ein Entwurf für den Bebauungsplan. In diesem Verfahren kommen dann viele zu Wort. Ist auch das geschafft, werden alle Anliegen, Anregungen, Hinweise oder Bedenken abgewogen. Dann kommt es zur eigentlichen Abstimmung im Stadtrat. Zum zeitlichen Rahmen gibt es derzeit noch keine Prognose.