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Streit im Treppenhaus

Mutter und Sohn wurden zwei Frauen gegenüber handgreiflich. Der Richter verurteilt sie zu Arbeitsstunden und Arrest.

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Von Yvonne Popp

Pirna. Es müssen unschöne Szenen gewesen sein in einem Hauseingang auf der Remscheider Straße in Pirna-Sonnenstein. Während zweier Verhandlungstage versuchte der Strafrichter in Pirna zu klären, wer wen schlug am 22. März dieses Jahres und warum. Angeklagt waren eine Mutter und ihr 16-jähriger Sohn. Laut Staatsanwaltschaft hatte sich Agnes R. an jenem Tag im Eingangsbereich ihres Wohnhauses auf dem Sonnenstein mit zwei aus Russland stammenden Frauen angelegt. Die 42-jährige Deutsche soll erst eine der Frauen geschubst und die andere getreten haben. Dabei soll sie von ihrem Sohn tatkräftig unterstützt worden sein. Laut Anklage hatte er eine der Frauen mehrfach in den Bauch getreten und die andere ins Gesicht geschlagen.

„Das alles ist ganz anders abgelaufen“, beteuerten Mutter und Sohn am ersten Verhandlungstag. Der Sohn schilderte, wie die beiden Frauen bei ihm vor der Wohnung aufgetaucht waren. Dort hätten sie ihn beschimpft und auch bespuckt, sagte er. Daraufhin habe er die Tür wieder geschlossen und seine Mutter angerufen. Was die Frauen von ihm wollten, will Oliver R. nicht verstanden haben.

Auf den Anruf hin sei sie sofort nach Hause gekommen, erklärte die Angeklagte. Dort habe sie dann im Eingangsbereich des mehrgeschossigen Wohnhauses die wütenden Frauen angetroffen. Unmittelbar danach war es zu Handgreiflichkeiten gekommen, die aber von den beiden Frauen ausgegangen sein sollen. Ihr Sohn habe das aber nicht mitbekommen, weil er nicht dabei war, bekräftigte Agnes R. nochmals. Wollte sie damit den wegen Gewaltdelikten vorbestraften 16-Jährigen vor einer erneuten Verurteilung schützen oder hatte es sich tatsächlich so zugetragen? Und worum ging es überhaupt?

Agnes R. hatte zum Verhandlungsauftakt behauptet, der Sohn einer der Frauen hätte ihren jüngeren Sohn, also nicht den mit ihr angeklagten Oliver, in der Schule ständig drangsaliert. Und weil sie sich deshalb an die Lehrer gewandt hatte, seien die Frauen ungehalten gewesen.

Die beiden Frauen ihrerseits schilderten zum zweiten Verhandlungstermin die Sache so: Oliver R. sei es gewesen, der einen ihrer Söhne geschlagen und dann sogar gedroht hatte, ihn umzubringen.

An Familie R.s Wohnung, so sagten die beiden Geschädigten aus, habe ihnen ein Freund der Familie geöffnet. Oliver R. sei dann dazu gekommen, habe ihnen die Tür aber recht schnell wieder vor der Nase zu gemacht. Auf dem Rückweg war ihnen dann seine Mutter wütend im Hauseingang entgegen gekommen. Auch Oliver sei vom Treppenhaus her dazugestoßen und hätte unvermittelt auf eine der Frauen eingeschlagen, so stark, dass sie zu Boden ging.

Nicht nur ein ärztliches Attest bestätigte diese Version, sondern auch die Aussage des Freundes, der die Wohnungstür geöffnet hatte. Er sagte vor Gericht aus, dass Oliver, entgegen der Behauptung seiner Mutter, nicht in der Wohnung geblieben, sondern mit nach unten gegangen war. Das räumte der Angeklagte daraufhin auch ein, bestritt aber weiterhin, auf eine der Frauen eingeschlagen zu haben.

Das glaubte ihm das Gericht aber nicht. Es war der Ansicht, dass sich der Sachverhalt, wie von der Staatsanwaltschaft angeklagt, auch so zugetragen hatte. Wegen der gemeinschaftlich begangenen gefährlichen Körperverletzung muss Oliver R. nach Jugendstrafrecht vier Wochen Dauerarrest verbüßen. Seine Mutter wurde zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt werden konnte. Daneben muss sie 100 gemeinnützige Arbeitsstunden leisten und für die Kosten des Verfahrens aufkommen.