Merken

Streit um die Orangerie

Wozu wird das Gebäude am Herzogin Garten genutzt: für Ausstellungen oder Wohnungen? Der Bau beginnt dieses Jahr, aber der Mieter fehlt.

Teilen
Folgen
© Visualisierung: Saal GmbH

Von Bettina Klemm

Die gute Nachricht: Nach dem Einschreiten der Landeskonservatorin Rosemarie Pohlack wird die Orangerie An der Herzogin Garten nach historischem Vorbild aufgebaut. Das 1841 von Otto von Wolframsdorf entworfene Gebäude hatte einst eine zum Garten gewandte, reich gegliederte Fassade mit großen Fenstern.

Rosemarie Pohlack und auch die meisten Stadträte wünschen sich eine öffentliche Nutzung für die Orangerie. Doch das wiederum bewirkt nun ein großes Zittern. Bis Ende März müssen Nutzer gefunden werden, mit deren Mieteinnahmen sich die Baukosten von 7,5 Millionen Euro realistisch darstellen lassen.

Investor Reinhard Saal hatte im Bauausschuss versichert, die Orangerie wieder aufzubauen. „Darauf haben wir uns verlassen und die Orangerie auf Wunsch des Investors aus dem Bebauungsplan genommen. Ein einfaches Wohnungsbauprojekt hätten wir an der sensiblen Stelle niemals zugelassen“, sagt Grünen-Stadtrat Thomas Löser. Am liebsten wäre es ihm, wenn aus der Orangerie eine Kunsthalle werden würde. So könnte man vielleicht an das Stella-Projekt, das Anfang der 90er an dieser Stelle geplant war, anknüpfen. Löser fordert, notfalls müsse Herr Saal das Projekt Orangerie verkaufen. Vielleicht finde sich dann ein Immobilienmakler, der die Rolle als Kunstmäzen übernehme. In Leipzig sei auf diese Art und Weise eine Kunstgalerie gebaut worden und werde in Kofinanzierung von privaten Bauträgern unterhalten.

Doch so einfach ist das nicht. Durch ein Hickhack im Stadtrat hatte Saal ein ganzes Jahr verloren. Nun drängt die Zeit, denn für die acht Meter tiefe Baugrube muss das Grundwasser abgepumpt werden. Das wiederum ist nur bis Ende März zulässig.

Die Stadtverwaltung hat offensichtlich nicht mehr an den Wiederaufbau der Orangerie geglaubt. Zumindest reichte sie der Saal GmbH eine Baugenehmigung für ihr Palais mit 123 Wohnungen aus. Damit kann die Orangerie nicht mehr in ihrer ursprünglichen Länge aufgebaut werden. „Sie wird nun etwa 65 Meter lang und 14,25 Meter breit werden. Im Erdgeschoss entstehen 770 Quadratmeter Ausstellungs- oder Veranstaltungsfläche, hinzu kommen 300 Quadratmeter auf einer Empore. Rund 500 Personen finden in der Orangerie Platz“, erläutert Projektentwickler René Schulz von der Memesy GmbH. In Absprache mit dem Landesdenkmalamt bemüht er sich, einen Nutzer zu finden. Die Staatlichen Kunstsammlungen, die Sächsischen Schlösser und Gärten, die Hochschule für Bildende Kunst, aber auch Messe und Kongresszentrum hätten ein erstes Interesse gezeigt. Aber die Saal GmbH fordere offensichtlich einen Generalnutzer, erklärt Schulz.

Als Auflage zur Baugenehmigung muss Investor Saal die Gartenanlage nach historischem Vorbild errichten und sie tagsüber öffentlich zugänglich halten. Er muss noch vorhandene originale Zaunteile und ein mehrere Hundert Jahre altes Mauerstück einbeziehen. „Das alles muss nun aber in einem Guss erfolgen. Wir können nicht die Gartenanlage schaffen und später für den Bau der Orangerie wieder aufreißen“, argumentiert Saals Projektleiter Torsten Nowack. Er kann sich eine öffentliche Nutzung gut vorstellen, aber in den vergangenen beiden Jahren seien keine entsprechenden Verträge zustande gekommen. Nowack hat bereits einen Plan B.

Findet sich kein Nutzer, entstehen in der Orangerie 23 Wohnungen sowie zwei Gewerbeeinheiten, etwa für ein Café. Auch dafür hatte die Stadtplanung bereits ihre Zustimmung erteilt. Diese wurde nur wegen des Vetos der Landeskonservatorin zurückgestellt. Die wenigen noch vorhandenen Reste der bedeutenden Gartenanlage müssten erhalten bleiben und dürften nicht einer Beliebigkeit weichen, betont Pohlack. Ihr Veto hat zudem bewirkt, dass die Tiefgarage nur unter den Gebäuden und nicht, wie einst geplant, unter der Gartenfläche entstehen. Nachdem es jetzt die Übereinstimmung zum Wiederaufbau nach historischem Vorbild gibt, kann unter der Orangerie die Tiefgarage ausgehoben werden. Projektleiter Torsten Nowack vertraut auf die Zusagen der Stadt und geht davon aus, im Juli die Baugenehmigung für die Orangerie zu erhalten.

Nun sieht der Bauchef gebannt auf das Thermometer. „Wir hoffen, dass wir in der ersten Februarwoche in der Baugrube die Sauberkeitsschicht, eine zehn Zentimeter dicke Betonschicht, gießen können“, sagt er. Zudem müssen für den Verbau tiefe Anker gebohrt werden.

Um die Ruine des nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg noch vorhandenen Kopfbaus der Orangerie zu sichern, wurden um sie herum Wände aus 24 Betonbohrpfählen in die Erde getrieben. Die Termine für das gesamte Bauprojekt Herzogin Garten sind festgezurrt. „Im dritten Quartal 2017 soll alles fertig sein“, sagt Nowack.