Merken

Streit um Zukunft der Elbe

Die Grünen wollen einen besseren Naturschutz entlang des Flusses. Die Riesaer haben aber andere Probleme, wie die Diskussion in Gröba zeigt.

Teilen
Folgen
© Sebastian Schultz

Von Stefan Lehmann

Riesa. Nach einer Dreiviertelstunde platzte dem ersten Besucher im Publikum der Kragen. „Ich bin hier, um etwas über die Erweiterung des Biosphärenreservats zu hören“, ereiferte sich der ältere Herr. „Davon war bisher noch überhaupt nicht die Rede.“ Ganz Unrecht hatte der Mann nicht. In der Schlossremise in Gröba hatte zunächst Iris Brunar vom BUND über die allgemeine Bedeutung der Elbe gesprochen, danach folgte ein Kurzreferat zur Bedeutung des Radtourismus entlang der Elbe. Die Ankündigung, nun würde der Gröbaer Jan Niederleig noch etwas zum geplanten Containerterminal am Riesaer Hafen sagen, sorgte schließlich für den lautstarken Protest des älteren Herrn im Publikum. „Wir kennen Herrn Niederleigs Ansichten, das interessiert uns nicht“, rief der Mann nach vorn – und erntete dafür sowohl zustimmendes Nicken als auch Widerspruch.

Es war nicht das einzige Mal, dass es emotional wurde an diesem Abend. Und das, obwohl die von der Grünen-Landtagsabgeordneten Katja Meier moderierte Veranstaltung tatsächlich wenig Konkretes zu bieten hatte. Man wolle einen Impuls geben, hatte die Fraktion im Vorfeld ausrichten lassen und zu Beginn des Abends zunächst die Fakten präsentiert: Die Elbe fließe noch weitgehend frei, weshalb sie als Wasserstraße eher ungeeignet sei. Zu groß seien die Schwankungen des Wasserstandes. Man stehe am Scheideweg, erklärte der Grünen-Abgeordnete Wolfram Günther: „Entweder der Ausbau der Wasserstraße – oder etwas völlig anderes.“ Diese Alternative könne eben das erweiterte Biosphärenreservat und eine eher touristische Nutzung sein. In Sachsen gebe es schon etwas Vergleichbares mit der Lausitzer Heide- und Teichlandschaft. Im Grunde gehe es darum, eine Instanz zu schaffen, die Konflikte moderiert, etwa zwischen Landwirten und Umweltschützern.

Manchem Besucher war das zu wenig Substanz. „So überzeugen Sie mich nicht“, sagte etwa Anwohner und Bürgeramtsleiter Wolfgang Beckel. Ihm fehle es an Antworten darauf, welche konkreten Vor- und Nachteile die Riesaer von dem Status erwarten könnten. „Was bringt mir das? Darf ich zum Beispiel entlang der Elbe noch grillen?“ Die Antworten auf solche Fragen habe er nicht gehört.

Andere Zuhörer wollten vor allem ihren Bedenken Ausdruck verleihen. „Wie können wir es schaffen, den Naturschutz mit Hochwasserschutz zu verbinden?“, fragte Reinhard Neumann von der Nünchritzer Bürgerinitiative Hochwasser. Ihn und weitere Mitstreiter im Publikum trieb die Angst an, der Naturschutz werde höher gewichtet als die Menschen, die entlang der Elbe leben. Es wurde hitzig diskutiert, wie denn der Hochwassergefahr beizukommen sei – auch im Publikum wurden verschiedene Meinungen deutlich.

In Torgau, wo die gleiche Diskussion schon stattgefunden hatte, war der Ton ein anderer gewesen, das ließ vor allem Iris Brunar durchblicken. Man habe sich dort aufgeschlossen für die Idee gezeigt, eine Vertreterin der Stadt saß auch im Podium. In Riesa ist das Thema dagegen noch sehr umstritten. Das sieht auch die Moderatorin so: „Einig wurden sich die anwesenden Gäste nicht“, so Katja Meier. Die Diskussion habe aber gezeigt, dass es ein großes Interesse für das Thema gebe. „Dabei ist der Naturschutz kein Verhinderungsargument, sondern kann wichtige wirtschaftliche Impulse bringen.“ Wolfram Günther gab sich trotz der Widersprüche zuversichtlich. Die Bewerbung der Kulturlandschaft Montanregion um den Titel Unesco-Weltkulturerbe sei auch lange skeptisch beäugt worden. Mittlerweile ziehe da fast jeder Landrat mit. Bis es in Riesa so weit ist, wird wohl noch viel Überzeugungsarbeit nötig sein.