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Struck will keinen Streit „über die Särge“ hinweg

Vor dieser Situation hat sich Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) schon kurz nach seiner Amtsübernahme gefürchtet: Die Politik schickt Bundeswehrsoldaten ins Ausland, und es kommen Särge zurück....

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Von Kristina Dunz

Vor dieser Situation hat sich Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) schon kurz nach seiner Amtsübernahme gefürchtet: Die Politik schickt Bundeswehrsoldaten ins Ausland, und es kommen Särge zurück. Gestern wurden die Leichen der beim Terroranschlag in Kabul getöteten vier Soldaten nach Hause gebracht. Damit sind insgesamt 14 überwiegend junge deutsche Soldaten seit Beginn des Einsatzes der Internationalen Afghanistan-Schutztruppe (ISAF) vor 17 Monaten in Kabul gestorben.

Wie der Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, der bei der Pressekonferenz in Berlin neben ihm steht, war der Minister noch sichtlich tief betroffen von dem „feigen und hinterhältigen Selbstmordanschlag“ am Sonnabend auf einen Bus der Bundeswehr in Kabul.

Die Frage nach möglichen Versäumnissen von Politik und Militärführung sowie Vorwürfe der Union, die Soldaten in Kabul seien nicht genügend geschützt, erzürnten Struck. Er werde sich dazu äußern, kündigte er an. Doch der jetzige Zeitpunkt, „praktisch über die Särge der Toten hinweg“, sei völlig unangemessen. Schneiderhan, der immer wieder tief durchatmen musste, sagte, Schuldzuweisungen kämen nun von „Leuten, die vielleicht mal einen Schnupperkurs bei der Bundeswehr gemacht haben“.

Dem obersten Bundeswehrsoldaten war deutlich die Sorge anzumerken, wie er die Truppe beruhigen und für ihre schwierige Mission motivieren soll, wenn in der Heimat über mangelnden Schutz gestritten wird. Die Männer, die die Patrouillen nach dem Anschlag genauso machen müssten wie davor, dürften nicht verunsichert werden. Doch die Union forderte erneut, es müsse über eine Ausstattung des deutschen ISAF-Kontingents mit Panzern nachgedacht werden. Schneiderhan legte aber den Finger in die Wunde: Was soll ein Soldat im Panzer in einer unübersichtlichen Verdachtslage machen? Schießen? Dass ein Taxi einem Esel-Karren in Kabul ausweicht, sei Alltag und dabei nicht sofort ein Terroranschlag zu befürchten. Gepanzerte Fahrzeuge haben Platz für vier bis fünf Personen. Und Struck will Deutschland nicht wie „eine Besatzungsmacht“ in Kabul sehen.

Brigadegeneral a. D. Helmut Harff sagte hingegen in einem NDR-Interview, der Schutz der Soldaten in Kabul sei der Situation nicht angemessen gewesen. Ein Bundeswehrsoldat repräsentiere den Staat mit der Waffe in der Hand im Ausland.

Es gibt keine deutschenSoldaten im Kongo

Noch am gestrigen Tag startete ein Erkundungsteam, das eine Ausweitung des Einsatzes über Kabul hinaus prüfen soll. Die Frage nach der Schuld an dem Tod der Männer beantwortete Struck so: Schuld hat nicht die militärische Führung, die Politik oder ein Soldat. „Schuld hat der Attentäter.“ Was die Beteiligung der Bundeswehr am UN-Einsatz im Kongo angeht, so bleibt die Bundesregierung dabei, dass die Bundeswehr lediglich von Uganda aus logistische und medizinische Unterstützung leisten wird. Schröder sagte beim Besuch des französischen Präsidenten Jacques Chirac: „Deutschland hilft, mehr können wir nicht tun.“

Auch Struck betonte auf einer Pressekonferenz: „Es wird keine deutschen Soldaten im Kongo geben.“ Über den begrenzten Einsatz der Bundeswehr entscheidet am 18. Juni der Bundestag. (dpa)