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Stühlerücken in Oberlausitzer Chefetagen

MBN Neugersdorf, Sägewerk Kodersdorf, Fit Hirschfelde - Große Firmen der Region stehen vor Veränderungen. Welche? Die SZ gibt einen Überblick.

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© Wolfgang Wittchen

Von Tilo Berger

Seit wenigen Tagen haben die rund 250 Beschäftigten des Kodersdorfer Sägewerkes einen neuen Arbeitgeber. Die Schweighofer-Gruppe kommt wie der bisherige Besitzer Klausner aus Österreich. Über die Höhe des Kaufpreises haben beide Seiten ebenso Stillschweigen vereinbart wie über die Gründe der Transaktion. Vielleicht passte es Friedrich Klausner nicht, dass seine Kodersdorfer Angestellten in den vergangenen Monaten so vehement eine bessere Entlohnung gefordert hatten. Dann gab es Gerüchte über eine mögliche Schließung des Werkes. Nach dieser Phase der Unsicherheit zieht jetzt wieder Ruhe im Betrieb ein. Die Schweighofer-Gruppe ist bisher vor allem in Rumänien aktiv und betreibt dort zwei Sägewerke, ein Platten- und ein Tischlerplattenwerk.

Vollzog sich der Wechsel im Kodersdorfer Sägewerk mit einiger Aufregung, blieb diese bei MBN in Neugersdorf völlig aus. Bereits im vergangenen Winter verkaufte der Unternehmer Ernst Lieb, der die MBN Maschinenbaubetriebe Neugersdorf GmbH 1991 gegründet hatte, 75 Prozent der Firmenanteile an die Indus Holding in Bergisch Gladbach bei Köln. Seinerzeit war Lieb in den Dreißigern, mittlerweile hat er die Sechzig überschritten, und bei Indus weiß er „sein Kind“ in guten Händen. MBN baut Ausrüstungen für Autofabriken in aller Welt, hier entstanden zum Beispiel Maschinen für die Gläserne Manufaktur von Volkswagen in Dresden. Die Beteiligungsgesellschaft aus Bergisch Gladbach „möchte das Geschäft weiterentwickeln und ist als langfristiger, seriöser und verlässlicher Investor im Markt bekannt“, sagt Unternehmenssprecherin Regina Wolter. „Langfristig meint in diesem Fall, dass, wenn wir ein Unternehmen erwerben, wir daran interessiert sind, es zu behalten. Wir haben kein Interesse an Unternehmensverkäufen. Auch vor Ort ändert sich nichts und das Unternehmen bleibt weiter operativ eigenständig.“ Das heißt auch, dass die rund 250 Beschäftigten wie bisher ihre drei Geschäftsführer haben – neben Ernst Lieb sind das Iris Kaden und Heiko Krause.

MBN-Chef Lieb hat diesen Weg für seine Nachfolge-Regelung gefunden, Wolfgang Groß einen anderen. Als der promovierte Chemiker 1993 in die Oberlausitz kam, war er Anfang Vierzig. Groß kaufte das Hirschfelder Fit-Werk, das damals ausschließlich Geschirrspülmittel herstellte. Heute produziert die Fit GmbH mit mehr als 200 Beschäftigten auch Waschmittel, Weichspüler und seit kurzem Haarpflegemittel – insgesamt rund 100 verschiedene Artikel. Jetzt geht Groß auf Mitte Sechzig zu. Inzwischen arbeitet er seine Tochter Lisa in die Geschäftsführung ein.

Auch andere Oberlausitzer Unternehmer haben ihre Firmen inzwischen ganz oder teilweise in die Hände ihrer Kinder gelegt. Das taten zum Beispiel Druckereibesitzer Gerhart Winter in Herrnhut, der Chef des Löbauer Absaug- und Filtertechnikbauers ULT Christian Jakschik, Christina Förster von den Graphischen Werkstätten Zittau, Kfz-Ausrüster Johannes Miunske in Großpostwitz der Metallbau-Unternehmer Peter Lucas in Königsbrück.

Sie alle stehen stellvertretend für Tausende Unternehmer, die noch eine Regelung für ihre Nachfolge finden müssen. Nach einer Statistik der Industrie- und Handelskammer (IHK) Dresden gibt es allein in den Landkreisen Bautzen und Görlitz 2 349 Betriebe, deren Chefs älter als 65 Jahre sind.