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Stundenausfall wächst

Am Gymnasium Coswig und anderen Schulen werden Wege gesucht, um das auszugleichen.

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© Dietmar Thomas

Von I. Scholze-Luft & J. Hülsmann

Coswig/Landkreis. Wir Eltern machen uns Sorgen um die Ausbildung und Zukunft unserer Kinder. Das schreibt ein Coswiger Gymnasiastenvater an die SZ. Er nimmt weniger das allgemeine Problem Lehrermangel ins Visier, sondern vor allem den Ausfall „an eigentlich vorhandenen Lehrkräften“. Kritisiert ein sehr ausgeprägtes Ich-zuerst-Denken der Lehrer, mit Nachteil für die im Dienst ausharrenden Kollegen und vor allem die Kinder. Weil eine Lehrerkonferenz schon ab Mittag stattfindet, damit der Feierabend der Lehrer nicht gefährdet sei. Und weil der Lehrerausfall vor Weihnachten an den Pilotenstreik 2017 mit entsprechenden Krankmeldungen erinnere.

Das kann Mario Nemec, Vorsitzender des Gymnasiums-Elternrats, nicht akzeptieren. Ich kenne viele Lehrer und traue es keinem einzigen zu, dass er einfach so krank macht. Die Kollegen hier arbeiten bis an ihre Grenze, sagt er. Der hohe Krankenstand zeige, dass viele über diese Grenze gegangen sind. Und grippale Ausfälle vorm Weihnachtsfest habe es auch in anderen Firmen gegeben. Dass Lehrerkonferenzen – drei im Jahr – in der Arbeitszeit stattfinden, nennt er normal. Nach der Arbeitszeit bleibe für Lehrer genügend zu tun, Unterrichtsvorbereitung, Korrekturen, Elterngespräche. Zumal die Lehrer über den Zeitpunkt der Konferenz nicht allein entscheiden, sondern gemeinsam mit den Eltern.

Schulleiterin Britt Göldner macht klar, dass bei einer ans Unterrichtsende verschobenen Konferenz der Stundenausfall immer dieselben treffen würde. So gebe jeder etwas ab vom Unterricht, der Kurzstundenplan soll beim Ausgleich helfen. Und wenn Eltern mit diesem und anderen Terminen Schwierigkeiten haben, können sie sich auch direkt an die Pädagogen oder an den von ihnen gewählten Elternrat wenden.

Den eigentlichen Grund für den hohen Stundenausfall sieht Mario Nemec in den Fehlern, die Sachsen bezüglich des Lehrernachwuchses gemacht hat. Und die sich jetzt auswirken, da könne auch das Gymnasium Coswig nicht zaubern. Bestimmte Fächer trifft es besonders, sagt er. Derzeit Chemie und Bio. Zum 31. Dezember und 31. Januar sind zwei Chemielehrer ausgeschieden, neue erst zum 1. Februar eingestellt. Im Januar gab es je Klasse gerade mal eine Stunde Chemie, 18 von 44 Stunden waren nicht abzudecken. Zwei aktive Chemielehrer sind noch da. Ein Referendar verheißt Entspannung ab Ende März. Der Zweite kommt im Februar, wird aber erst vom erfahrenen Kollegen angeleitet.

Schafft das Land Sachsen den jungen Leuten kein gutes Angebot zum Bleiben, gehen auch sie wieder weg, sagt Britt Göldner. Aus ihrer Sicht ist eine Verbeamtung wichtig für den Lehrernachwuchs und für die älteren Kollegen entsprechende Ausgleiche wie Stundenreduzierung oder eine angemessene finanzielle Lösung.

Schulleiterin und Elternsprecher verstehen den Unmut über den Stundenausfall, sind selbst betroffen. Aber was machen, wenn zu wenig Lehrer da sind? Der Springerpool des Schulamtes ist fast leer, besonders bei Naturwissenschaften, Sprachen sind ebenfalls ein Problem. Es nützen eben keine 60 Deutschlehrer bei insgesamt 66 Lehrern und acht Referendaren für die 860 Gymnasiasten. Drei Referendarinnen starten jetzt, unter anderem in Mathe und Kunst. Darüber ist die Schule erst mal froh.

Trotzdem muss Sigrun Bielitz, Fachleiterin für Profilunterricht und zusätzlich für die Stundenplanung verantwortlich, weiter Mangel verteilen. Sie spricht von 2,5 bis 3,5 Prozent normalem Unterrichtsausfall. 2017/18 waren es sechs bis acht Prozent, jetzt im Januar acht bis zehn – mit Aussicht auf Besserung. Ein Mittel der Planung: Die Stundentafel so abdecken, dass Mehrstundenfächer gekürzt werden, damit alle Klassen Unterricht erhalten.

Um trotz Ausfall beispielsweise in Chemie den Spaß am Fach nicht zu verlieren, sucht die Schule Kontakt zu Wissenschaftlern, setzt auf außerschulische Besuche, so in Rossendorf, an der TU Dresden. Da hofft Britt Göldner auf die Eltern. Als Begleiter der Schülergruppen, denn einen zweiten Lehrer mitschicken könne sie nicht.

Auch die Grundschule Mitte Coswig kämpft mit dem Ausfallproblem. Einer Information des sächsischen Kultusministeriums zufolge ist sie eine der drei Schulen im Altkreis Meißen, die im November 2017 über zehn Prozent Unterrichtausfall verzeichneten. Was sich etwas verbessert hat, weil zum Schuljahresbeginn drei Seiteneinsteiger eingestellt wurden, die der Schule – nach Fortbildung – seit Dezember zur Verfügung stehen, so die Auskunft aus dem Schul-Landesamt.

Eine Umfrage zum Unterrichtsausfall in Schulen zwischen Weinböhla und Radebeul erbrachte nur wenig Antworten. So die Information der Grundschule Weinböhla, dass im Dezember und Januar drei Prozent des Unterrichts, aber weder Deutsch noch Mathe, krankheitsbedingt ausfielen. In der Oberschule Weinböhla gab es auch nur drei Prozent Unterrichtsausfall, ebenfalls wegen Krankheit.