Von Mareike Huisinga
Pirna. Dienstagmorgen. Noch scheinen die meisten Bewohner im Seniorenzentrum Sächsische Schweiz an der Einsteinstraße zu schlafen. Eine zierliche Frau im hellgrünen Kittel und mit dunklem Teint klopft leise an die Zimmertür von Adelheid Köckritz. „Guten Morgen“, begrüßt sie fröhlich die Heimbewohnerin, die noch im Bett liegt. Mit geschickten Händen schüttelt die Pflegerin das Kopfkissen auf und misst bei der Seniorin den Blutdruck. Die Werte sind gut. Danach verabreicht sie noch die notwendigen Medikamente, hält einen kurzen Plausch und eilt ins nächste Zimmer weiter.
Altenpflegerin Marta Silva versprüht südländischen Charme in dem großen Seniorenwohnheim. Sie und ihr Freund Rui Basto stammen aus Portugal und haben im Rahmen des bundesweiten Projektes MobiPro-EU eine Ausbildung zum Altenpfleger absolviert. Mit dem Sonderprogramm soll durch die Förderung der beruflichen Mobilität ein Beitrag gegen die regional hohe Jugendarbeitslosigkeit innerhalb der Europäischen Union und zur Sicherung des Fachkräftebedarfs in Deutschland geleistet werden. Es wurde vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales entwickelt.
Die schulische Ausbildung des portugiesischen Paares erfolgte an der Euro Akademie in Meißen, den praktischen Teil absolvierten sie in dem Pirnaer Seniorenzentrum Sächsische Schweiz. Eine Erfolgsgeschichte, denn nach ihrer dreijährigen Ausbildung wurden sie jetzt übernommen.
Förderprogramm MobiPro-EU
Warum haben sie sich für ein Leben in Deutschland entschieden? Die 27-jährige Marta überlegt einen Moment. Nach dem Abitur in ihrer Heimat in der Nähe von Porto wollte sie gerne eine Ausbildung im Gesundheitsbereich machen. „Bei uns herrscht aber große Arbeitslosigkeit, sodass ich wenig Chancen hatte“, berichtet die Portugiesin mit leichtem Akzent. Ihr Freund Rui nickt. Er ist studierter Sportlehrer. „Wegen der wirtschaftlichen Lage hatte ich keine Aussichten auf eine Anstellung. Ich wollte aber gerne eine Arbeit mit Menschen machen und habe mich deshalb für einen Beruf im Pflegebereich entschieden“, erklärt der 30-Jährige. Bevor sie zur Ausbildung nach Deutschland kamen, absolvierten beide Projektteilnehmer einen dreimonatigen Sprachkurs in Portugal.
Natürlich freuen sie sich, dass sie nach ihrer Lehrzeit sofort übernommen worden sind. Die Arbeit in dem Seniorenzentrum gefällt ihnen. „Wir sind ganz nah an den Bewohnern dran, nehmen teil an ihren Sorgen, Freuden und uns Zeit für Gespräche. Das ist wichtig“, erklärt Marta Silva. Keine Nullachtfünfzehn-Arbeit, bestätigt ebenfalls Rui Basto. Jeder Tag ist anders. „Auch Menschen mit einer Demenz spreche ich oft an. Es kommt immer etwas zurück“, hat Rui Basto bereits bemerkt.
Natürlich ist die Pflege von Senioren oftmals anstrengend, nicht nur körperlich oder wegen der Schichtdienste. Das mussten beide EU-Bürger schon feststellen. Was aber keine Klage sein soll. Im Gegenteil. „Wir bekommen sehr viel Dankbarkeit und Wertschätzung zurück“, bemerkt Marta Silva in diesem Zusammenhang. Über jedes Lächeln freut sie sich und fühlt sich in ihrer Arbeit bestätigt.
Anerkennung kommt aber nicht nur von den Heimbewohnern. Auch die Kollegen schätzen die Arbeit des portugiesischen Paares. „Für uns war es auch ein spannendens Projekt, aber beide haben sich sehr schnell integriert“, urteilt Kathrin Liebscher. Sie ist Praxisanleiterin im Seniorenzentrum. „Mit ihrer Hilfsbereitschaft und unkomplizierten Art sind beide große Sympathieträger und passen ganz wunderbar ins Team“, lobt sie.
Worte, die Marta Silva und Rui Basto mit einem bescheidenen Lächeln quittieren. Seit 2015 leben sie in einer Mietwohnung in Copitz. Langeweile kommt eher selten auf, denn sie haben bereits zahlreiche Freunde gefunden, mit denen sie sich nach Feierabend oft treffen. Rui Basto ist außerdem Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr in Copitz. „Ich wollte mich gerne in die Gemeinschaft einbringen und sozial engagieren“ sagt der junge Mann.
Obwohl sie in Pirna gut angekommen sind, vergessen beide ihre Heimat nicht. „Wir versuchen, zweimal im Jahr nach Portugal zu fliegen, um unsere Familien und Freunde dort wiederzusehen“, sagt Marta Silva. Ein Entschluss steht für sie beide jedoch fest: An eine Rückkehr denken sie nicht, sondern wollen in Pirna bleiben.