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SZ-Leser helfen verzweifelter Görlitzerin

Der Bericht über eine Familie in Görlitz bewegt die Gemüter. Und viele bleiben dabei nicht stehen - eine Weihnachtsgeschichte aus unserer Zeit.

Von Gabriela Lachnit
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Edyta Wilhelm aus Görlitz erzählte, wie verzweifelt sie ist. Sie konnte sich nicht einmal einen Weihnachtsbaum fürs Fest leisten. Doch sie hatte nicht mit der Hilfsbereitschaft der Görlitzer gerechnet.
Edyta Wilhelm aus Görlitz erzählte, wie verzweifelt sie ist. Sie konnte sich nicht einmal einen Weihnachtsbaum fürs Fest leisten. Doch sie hatte nicht mit der Hilfsbereitschaft der Görlitzer gerechnet. © Nikolai Schmidt

Edyta Wilhelm und ihre vier Kinder sind überwältigt von der großen Hilfsbereitschaft der Menschen in Görlitz und Niesky. 

Viele wollen etwas geben und haben sich deshalb mit der SZ-Redaktion in Verbindung gesetzt. Von hier aus wird die Hilfe koordiniert. Das ist Frau Wilhelm sehr recht, denn die vielen Angebote zur Unterstützung haben sie sehr überrascht. Damit hat sie nicht gerechnet.

Edyta Wilhelm hatte von ihrem Leben und ihrer Situation erzählt. Auch,  dass die Haushaltskasse immer sehr klein sei und  für einen Christbaum einfach nicht reicht. Doch nun  kommt es  anders. Weihnachten wird die Familie mit einem Christbaum feiern können. Das Pflegeteam Reichenbach spendiert den Baum, dazu eine Beleuchtung und Baumschmuck. Auch einen  Christbaumständer wird es geben. 

Bett und Schreibtisch gekauft

Gleich mehrere Leser der Görlitzer und Nieskyer Tageszeitung bieten an, für die Kinder Bett oder Schreibtisch bereit zu stellen. Die sind am dringendsten nötig. Die ersten Absprachen sind getroffen. Der Görlitzer Verein "Wünsche von Herzen" unterstützt die Familie. Bett und Schreibtisch sind bereits gekauft und werden angeliefert. Für den Aufbau sorgt der Verein. Weitere Leser helfen, sodass die zwölfjährige Dalia und der fünfjährige Nathan jeweils ein neues Bett mit Matratze bekommen können. Ewa, acht Jahre alt, und Dalia bekommen einen Schreibtisch und einen entsprechenden Stuhl. Auch einige Sachspenden stellen Leser zur Verfügung, darunter neue Handtücher.

Edyta Wilhelm und ihre vier Kinder sind schier überwältigt von den vielen freundlichen Menschen, die helfen wollen. "Das hätte ich nicht erwartet", sagt die 41-Jährige. "Da kommen mir gleich die Tränen, ich habe nicht gewusst, dass es so viele Menschen mit einem großen Herzen gibt", ergänzt sie.

Sie und die Kinder freuen sich sehr über die Spenden. Und schätzen sie. Ewa bekam im Hort eine große Packung Buntstifte geschenkt. Am Nachmittag saßen Ewa und ihre Geschwister um den Wohnzimmertisch und probierten die Stifte gleich aus. Schöne Bilder entstanden dabei. "Wir machen gerne alle etwas zusammen", erklärt Edyta Wilhelm. So sei es kein Wunder, wenn die ganze Familie sich über die Stifte gefreut hat und sie gleich nutzt. "Wir genießen diese Momente, wenn wir ganz in Familie sind", erläutert Frau Wilhelm.

Gleich mehrere Jobangebote

Besonders gefreut hat sich die gebürtige Polin mit deutscher Staatsbürgerschaft, dass ihr nach dem SZ-Beitrag gleich mehrere Arbeitsstellen als Köchin angeboten wurden. Nachdem der Artikel bereits vor dem Druck online erschienen war, bekam Edyta Wilhelm  einen Anruf von einer Bekannten. Sie solle doch bei Facebook SZ-Görlitz nachschauen, da stünde etwas drin, forderte die Bekannte. "Dort habe ich schon die ersten Stellenangebote gesehen", sagt Edyta Wilhelm. Gleich am nächsten Morgen hat sie ihre Bewerbungen um einen Job persönlich abgegeben. Da hatten die meisten Leser der gedruckten Zeitung den Beitrag noch gar nicht gesehen.

Aufgrund eines weiteren Jobangebotes hatte Edyta Wilhelm am Mittwoch ein Vorstellungsgespräch. Am Montag wird sie dort einen Probearbeitstag machen.  "Ich habe ein gutes Gefühl" so die Görlitzerin. Dennoch hat sie sich auch bei den Arbeitgebern erkundigt, bei denen sie ihre Bewerbung in der Vorwoche abgegeben hatte. "Ich will nicht warten, bis die sich irgendwann melden, denn es ist mir sehr ernst mit einer Arbeitsstelle", erklärt Edyta Wilhelm. "Ich bin keine Person, die nur von staatlicher Hilfe leben will. Ich will arbeiten", sagt sie mit Nachdruck - trotz und gerade wegen der Kinder. Sie hofft, ab Januar arbeiten zu können - in einem sozialversicherungspflichtigem Job.

Ausbildung mit 41 als Lehrgangsbeste abgeschlossen

Die 41-jährige, die seit neun Jahren mit ihren Kindern in Görlitz lebt, erzieht ihre Kinder allein. Eine Ehe und eine Lebenspartnerschaft gingen in die Brüche. Wegen der Kinder hatte Edyta Wilhelm ihren Plan aufgegeben, nach dem Abitur, das sie  in Polen machte, Landschaftsarchitektur zu studieren. Sie blieb zu Hause, erzog die Kinder. Doch vor einiger Zeit hat sie ihrem Leben eine neue Richtung gegeben. Sie absolvierte eine Ausbildung zur Köchin und schloss sie als Jahrgangsbeste ab. 

Eine Ausbilderin erzählte im SZ-Gespräch: "Was denken Sie, was Frau Wilhelm für ein tolles Prüfungsessen hingezaubert hat!" Die Ausbilderin schwärmt noch heute davon. Sie berichtet auch, dass sie sich auf Edyta Wilhelm immer verlassen konnte. "Sie hat oft geholfen, wenn es nötig war und nicht nur uns, sondern auch ihre Mitschüler beeindruckt, mit welchem Engagement sie bei der Ausbildung vorangegangen ist."

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