Dresden
Merken

Tag 3: Wie rettet man einen Ertrinkenden?

Sein Einsatz als Rettungsschwimmer endet für Sächsische.de-Redakteur Henry Berndt mit vielen Erkenntnissen für den echten Notfall – und einem lädierten Knie. 

Von Henry Berndt
 4 Min.
Teilen
Folgen
Ein bisschen "Baywatch" muss für SZ-Redakteur Henry Berndt sein.
Ein bisschen "Baywatch" muss für SZ-Redakteur Henry Berndt sein. © Sven Ellger

Mit etwa einem Liter Wasser in der Nase tauche ich auf und muss mich erstmal schütteln. Gerade habe ich versucht, einen leblosen Körper vom Beckengrund an die Wasseroberfläche zu holen. Durch die Nase auszuatmen, wäre bei diesem Versuch eine gute Idee gewesen. Aber man muss ja auch nicht gleich mit den schwierigsten Herausforderungen starten.

Als Teil meiner Lebensretter-Woche will ich am Mittwoch mehr darüber erfahren, wie ich einen Menschen retten kann, der zu ertrinken droht. Dabei unterstützen mich die Rettungsschwimmer der Wasserwacht Dresden, die zum Deutschen Roten Kreuz gehört. Ich treffe sie in der Schwimmhalle an der Freiberger Straße. 

Die wichtigste Regel nennt mir Martin Zavesky, noch bevor ich überhaupt nass bin: Der Eigenschutz muss gerade im Wasser immer an erster Stelle stehen. Es nützt schließlich nichts, wenn mich ein Ertrinkender in seinem Überlebenskampf mit unter Wasser drückt, und wir am Ende beide sterben.

Deswegen sollte man im Notfall stets versuchen, Ruhe zu bewahren und alle Möglichkeiten auszuloten. Kann ich den Menschen im Wasser vom Ufer aus erreichen, zum Beispiel mit einem Stock? Ist ein Boot in der Nähe? Gibt es einen Rettungsring, den ich hinwerfen kann?

Nur wenn es keine Hilfsmittel gibt und der Ertrinkende zu weit auf offenem Wasser treibt, sollte ich selbst ins Wasser gehen. Vorher wähle ich aber noch den Notruf oder sorge dafür, dass das jemand anderes tut.

Wenn ich viel Kleidung trage, ziehe ich die aus. Vollgesogen mit Wasser könnten mich die Klamotten sonst behindern.

Mit langen Sachen am Körper rettet es sich um einiges schwieriger.
Mit langen Sachen am Körper rettet es sich um einiges schwieriger. © Henry Berndt

Vereinfacht gesagt, gibt es beim Ertrinken drei Phasen: In der ersten versucht sich das Opfer noch bemerkbar zu machen und bewusst über Wasser zu halten. In der zweiten gerät es in Panik und macht unkoordinierte Bewegungen und in der dritten wird es bewusstlos.

Direkte Rettungsversuche im Wasser sollte man nur in der ersten oder der dritten Phase starten, um sich selbst nicht zu gefährden.

Jetzt bin ich gefragt. Mit einem Rettungsring unterm Arm klettere ich ins Wasser, schwimme zu dem Ertrinkenden, in diesem Fall gespielt von einem Kollegen der Wasserwacht, und spreche ihn laut an. Ich versuche, ihn nach hinten auf den Rücken zu drehen, aber das ist unheimlich schwer. Tipp vom Experten: Einfacher geht es, ihn seitwärts umzudrehen. Dann greife ich ihm von hinten unter die Schultern und ziehe ihn zum Beckenrand.

Einen bewusstlosen Menschen durch das Wasser zu ziehen, ist ein Kraftakt. Mit einem Rettungsring als Hilfsmittel lassen sich Kräfte sparen.
Einen bewusstlosen Menschen durch das Wasser zu ziehen, ist ein Kraftakt. Mit einem Rettungsring als Hilfsmittel lassen sich Kräfte sparen. © Sven Ellger

In der nächsten Variante der Übung ist das Opfer bereits bewusstlos, was es nicht einfacher macht. Wieder schwimme ich eilig hin, drehe den Ertrinkenden auf den Rücken und versuche nach Kräften, unsere beiden Köpfe über dem Wasser zu halten.

Dabei klemme ich mir offenbar einen Nerv am Knie ein. Zum Glück ist der Beckenrand nicht weit. Ich rufe um Hilfe und ein Kollege hilft mir, den Bewusstlosen aus dem Becken zu hieven.

Jetzt sind meine Erste-Hilfe-Fähigkeiten gefragt. Ich überstrecke seinen Kopf und prüfe, ob er noch atmet. Das tut er glücklicherweise. Wie ich bereits gelernt habe, ist es damit Zeit für die stabile Seitenlage.

Damit ist meine Aufgabe zunächst erfüllt und ich warte, bis der Rettungsdienst eintrifft.

Für weitere Übungen wäre mein Knie auch nicht mehr einsatzfähig. Beim Retten – und sei es nur in der Übung – geht man eben oft an Grenzen. Psychisch und physisch.

Auf jeden Fall weiß ich jetzt, warum die Rettungsschwimmer von der Wasserwacht jede Woche trainieren. Einen leblosen Körper auch nur wenige Meter weit durch das Wasser zu ziehen, das ist ein echter Kraftakt.

Am Donnerstag wird es für mich um ein besonders sensibles Thema gehen: Erste Hilfe am Baby und Kind. Dafür besuche ich am Morgen die Kita "Schatzinsel".

Einem Ertrinkenden, der panisch ums Überleben kämpft, sollte man zunächst einen Ring oder ein anderes Hilfsmittel zuwerfen, um sich nicht selbst in Gefahr zu bringen.
Einem Ertrinkenden, der panisch ums Überleben kämpft, sollte man zunächst einen Ring oder ein anderes Hilfsmittel zuwerfen, um sich nicht selbst in Gefahr zu bringen. © Sven Ellger

Habt ihr Hinweise oder Kritik? Immer her damit an henry.berndt@sächsische.de oder übers Telefon unter 0351 48642234.