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Tatort Elblandklinik

Die Dreharbeiten für den neuen MDR-Krimi sind in Meißen zu Ende gegangen – mit einigen Rollenwechseln.

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© Claudia Hübschmann

Von Peter Anderson

Meißen. Martin soll noch schneller über den Gang eilen. Für die Kamera wird Action gebraucht. So will es Regisseur Dror Zahavi, der vor einem großen Monitorkasten sitzt. Der langsame Martin ist Chefarzt Dr. Martin Wolz, Leiter der Neurologischen Klinik am Elblandklinikum Meißen. An diesem Donnerstagvormittag allerdings spielt Wolz als Komparse im neuen Dresdner Tatort des MDR mit. Komparsen werden geduzt. So läuft das beim Film. Es ist der letzte Drehtag für das Hauptteam von „Der König der Gosse“, so der Arbeitstitel. Nächstes Jahr soll der Streifen in der ARD Premiere feiern und helfen, Dresdens ramponiertes Image aufzubessern.

Der Tatort-Dreh in Bildern

Es ist der letzte Drehtag für das Hauptteam von „Der König der Gosse“, so der Arbeitstitel. Nächstes Jahr soll der Streifen in der ARD Premiere feiern und helfen, Dresdens ramponiertes Image aufzubessern.
Es ist der letzte Drehtag für das Hauptteam von „Der König der Gosse“, so der Arbeitstitel. Nächstes Jahr soll der Streifen in der ARD Premiere feiern und helfen, Dresdens ramponiertes Image aufzubessern.

Dror Zahavi wiederholt leise seine Vorgaben. Martin darf einmal so richtig den wichtigen Chefarzt heraushängen lassen und über den Gang hasten. Gleich hinter ihm sollen die beiden Schauspielerinnen Alwara Höfels und Karin Hanczewski aus einem Gang gestürmt kommen. Etwas gehetzt müssen sie aussehen. Schließlich sind sie als die Ermittlerinnen Henni Sieland und Karin Gorniak gerade wegen eines Notfalls auf die Intensivstation der Elblandkliniken gerufen worden. Dort blutet der in Dresden von der Brücke gestürzte Sozialunternehmer Hans-Martin Taubert. Wurde erneut ein Anschlag auf den umstrittenen Wohltäter verübt?

Szene 32 zum Vierten. Die Klappe fällt. Martin eilt los. Die beiden Schauspielerinnen stürmen scheinbar atemlos aus dem Gang. Regisseur Zahavi massiert seine Schläfen und blickt konzentriert auf den Monitor mit den Kamerabildern. Hinter ihm halten Techniker, Maskenbildnerinnen und Stab die Luft an. Rund 15 Sekunden dauert die Szene. Dem Beobachter kommen sie vor wie eine kleine Ewigkeit. Alle Blicke richten sich auf Dror Zahavi. Der nickt. „War doch gut so“, sagt er. Das muss genügen. Diese Szene wäre schon mal geschafft.

Der neue MDR-Tatort spielt im Obdachlosenmilieu

Zum Ermittlerteam gehört neben Karin Hanczewski als Karin Gorniak und Alwara Höfels als Henni Sieland auch noch Martin Brambach als Peter Michael Schnabel. Die Polizisten sind nach Angaben des MDR im Obdachlosenmilieu unterwegs und müssen sich mit Fragen zu Gleichheit und Gerechtigkeit auseinandersetzen

Ausgangspunkt des Krimis ist laut MDR ein Unfall. Der beliebte Sozialunternehmer Hans-Martin Taubert stürzt von einer Brücke und verletzt sich dabei schwer. Schnell sieht es danach auch, als ob nachgeholfen wurde. Die Ermittlerinnen treffen auf drei obdachlose Zeugen, welche angeben, Taubert sei von der Brücke gestoßen worden.

Weitere Recherchen zeigen, dass Taubert mit seiner Hilfe für die Armen gut Geld verdient. Er ist der Gründer der sogenannten Berberhilfe. Diese organisiert Unterkünfte für Obdachlose.

Die drei Obdachlosen erzählen der Polizei, sie hätten auf Taubert aufgepasst. Der Unternehmer hätte sich immer öfter bedroht gefühlt.

Eine Spur scheint zu Tauberts Bruder Hajo zu führen. Dieser kommt im Leben nicht so gut zurecht wie sein cleverer Bruder. Offenbar hatte sich Hajo sich für einige zweifelhafte Geschäfte bei seinem Bruder Geld geliehen. Kurze später findet im Krankenhaus ein weiterer Anschlag auf Taubert statt.

Die Kommissarinnen nehmen nun auch Tauberts Konkurrenten unter die Lupe. Offenbar ist der Markt für Armenhilfe durchaus hart umkämpft, da sich damit auch gutes Geld verdienen lässt.

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Produktionsleiter Dietmar Fischer von der Firma Wiedemann und Berg aus Berlin nutzt die Pause, um frische Luft zu schnappen. Vor der modernen Glasfassade des Elblandklinikums steht ein ganzer Fuhrpark. Drei Wohnmobile dienen als Garderoben. Daneben drängen sich der Wagen mit den Kostümen und die Maskenbildnerei. Zwei Generatoren sorgen für eine autarke Stromzufuhr. Den Mittelpunkt des fahrenden Filmparks allerdings bildet ein rundgelutschter, silberner Wohnwagen mit Überlänge. Hier wird Frühstück, Mittagessen, Vesper, Abendbrot und natürlich Kaffee für die rund 50 Mitarbeiter umfassende Filmcrew zubereitet. Für flatternde Nerven hält der Betreiber Eis und Süßigkeiten vor.

Dietmar Fischer genügt ein Kaffee. Seit rund 25 Jahren arbeitet der Mann mit dem weißen Bart und den leuchtenden Turnschuhen in der Filmbranche. „So ein erster Tatort aus einer neuen Stadt und mit neuen Ermittlern, das ist schon etwas Besonderes“, sagt Fischer. Seit 19. November laufen die Dreharbeiten. Zuerst im Zwinger, anschließend im fiktiven Kripo-Büro auf der Breitscheidstraße, später in einem Fitnessstudio und der Dresdner Neustadt.

Wo es ging, habe man Dresden mit typischen Ansichten ins Bild gesetzt, sagt Dietmar Fischer. Das sei ein ganz wichtiges Anliegen gewesen. Schließlich soll im Fernsehen deutlich zu sehen sein, wo der Tatort spiele. Auf die regionale Verankerung komme es an. Dem Produktionsleiter zufolge erfolgen nicht nur die Dreharbeiten weitgehend in der Landeshauptstadt. Der Film werde dort auch fertiggestellt.

Vom Imbiss zurück auf die Station 1 der Elblandkliniken. Hier wird geräumt, verkabelt und verklebt. Auf der richtigen Intensiv-Station darf nicht gedreht werden. Deshalb muss kurzerhand ein Arztzimmer dafür herhalten. Diese Flexibilität mag mit eine Rolle gespielt haben für die Auswahl Meißens. Mehrere Absprachen und Besuchsrunden habe es gegeben, bevor die Elblandkliniken den Zuschlag erhielten, sagt die Verwaltungsdirektorin des Krankenhauses Katrin Oesterreich. Der Geschäftsführer des Gesundheitskonzerns Frank Ohi nennt es eine „kleine Ablenkung von der Normalität“. Dadurch, dass Mitarbeiter als Komparsen mitspielen, sei das eine seltene bis einzigartige Möglichkeit, die sich den Kollegen am Arbeitsplatz biete.

Komparse Martin muss sich unterdessen kurzzeitig in den Chefarzt Dr. Martin Wolz zurück verwandeln. Ein Mann der Filmcrew hat sich geschnitten. Die kleine Wunde am Finger wird vom Chefarzt persönlich desinfiziert. „Er wird es überleben“, sagt Wolz. Ob dies auch für das Opfer im Tatort gilt?