Köln/Istanbul. Tausende Kurden und auch türkischstämmige Bürger haben am Samstag in mehreren deutschen Städten gegen die autoritäre Politik des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan demonstriert. Die größte Kundgebung gab es in Köln, wo 6 500 Menschen durch die Innenstadt zogen. Teilnehmer riefen Parolen wie „Terrorist Erdogan“ und „Erdogan Faschist“ und zeigten Plakate mit Aufschriften wie „Stoppt die Erdogan-Diktatur!“ Weitere Demonstrationen gab es in Stuttgart, Bremen, Hamburg und Karlsruhe. Insgesamt beteiligten sich mindestens 10 000 Menschen an den Kundgebungen.
Proteste gab es am Samstagabend auch in Istanbul. Dort ging die Polizei gewaltsam gegen die Demonstranten vor. Aus Protest gegen die Verhaftung ihrer Vorsitzenden und zahlreicher weiterer Abgeordneter beschloss die prokurdische HDP einen weitgehenden Boykott des Parlaments der Türkei. Die zweitgrößte Oppositionspartei in der Nationalversammlung in Ankara teilte am Sonntag mit, sie ziehe sich zunächst aus allen Gesetzgebungsverfahren zurück.
Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete die HDP-Abgeordneten erneut als verlängerten Arm der kurdischen Arbeiterpartei PKK, die als Terrororganisation verboten ist. „Wenn Sie sich nicht wie ein Abgeordneter, sondern wie ein Terrorist verhalten, dann werden Sie wie ein Terrorist behandelt“, sagte er in Istanbul.
Unterdessen erhöhte die Polizei in Baden-Württemberg den Schutz türkischer Einrichtungen als Folge der jüngsten Entwicklungen in der Türkei. Das Innenministerium in Stuttgart hält gewaltsame Aktionen für denkbar. Konkrete Erkenntnisse liegen dazu aber nicht vor, wie es hieß.
Die Kundgebungen in Köln und anderen Städten richteten sich insbesondere gegen die Festnahmen führender kurdischer Politiker in der Nacht zum Freitag. Die türkische Polizei hatte bei Razzien elf Abgeordnete der prokurdischen Partei HDP festgenommen, darunter die Parteichefs Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag. Demirtas war Anfang September noch selbst in Köln aufgetreten.
Redner riefen bei der Kölner Demonstration zum Widerstand gegen Erdogan auf und warfen der deutschen Politik vor, in der Türkei ein terroristisches und diktatorisches Regime zu unterstützen. Viele Demonstranten schwenkten Fahnen mit dem Bild des inhaftierten Führers der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, Abdullah Öcalan. (dpa)