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Huaweis neue Flaggschiff-Smartphones im Test

Mit dem P50 Pro und Pocket wollen die Chinesen Apple und Samsung Konkurrenz machen. Doch zwei entscheidende Dinge fehlen dazu.

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Sieht ähnlich aus, ist aber anders: Huawei-Nutzer bekommen EMUI statt Android 12 als Benutzeroberfläche.
Sieht ähnlich aus, ist aber anders: Huawei-Nutzer bekommen EMUI statt Android 12 als Benutzeroberfläche. © Zacharie Scheurer/dpa

Von Christoph Dernbach

Vor zwei Jahren stand Huawei kurz davor, Samsung und Apple auf die Plätze zu verweisen. Doch seit den massiven Sanktionen der USA verlieren die Chinesen an Boden.

Aufgeben will das Unternehmen trotzdem nicht und versucht, mit hochwertigen Smartphones Käufer auch in Europa zu finden.

In vielen deutschen Elektronikmärkten sind nun die Flaggschiff-Smartphones Huawei P50 Pro und P50 Pocket zu finden. Schon optisch fallen sie aus der Riege der Konkurrenz heraus.

In diesem Text erfahren Sie:

  • Was Sie vom P50 Pro erwarten können
  • Was Sie vom P50 Pocket erwarten können
  • Test-Fazit

Das P50 Pro

Beim P50 Pro ist das Vierfach-Kamerasystem von Leica mit seinen beiden runden schwarzen Einheiten auf der Rückseite ein Hingucker. In den beiden markanten Kreisen bringt Huawei insgesamt vier Kameras unter. Fotofreunde können sich auf ein Kamerasystem freuen, das durch ein geringes Farbrauschen und großen Dynamikbereich überzeugt.

Es liefert auch im Dunkeln noch exzellente Bilder, wenn andere Smartphones nur einen Pixelbrei bieten. Im Videomodus liefert das P50 Pro gute Weißabgleichsübergänge und einen stabilen Autofokus.

Auch die Detailtreue bei Videos in Innenräumen fiel im Praxistest positiv aus, auch weil Huawei eine wirksame Bildstabilisierung gelungen ist. An einer Stelle muss Huawei aber noch mal an die Kamera-Software ran: Im Porträtmodus sorgte in manchen Situationen eine sehr geringe Schärfentiefe dafür, dass zu große Bereiche unscharf gerieten.

Huawei versucht, mit dem Huawei P50 Pro in Europa wieder an Boden zu gewinnen. Dabei helfen sollen leistungsstarke Kameras.
Huawei versucht, mit dem Huawei P50 Pro in Europa wieder an Boden zu gewinnen. Dabei helfen sollen leistungsstarke Kameras. © Foto: Zacharie Scheurer/dpa-tmn

Beim Gehäuse des P50 Pro setzt Huawei auf einen Rahmen aus poliertem Aluminium mit an Vorder- und Rückseite leicht gewölbtem Gorilla-Glas. Durch diesen Kunstgriff fühlt sich das Gerät extrem dünn an. Obwohl es nicht viel Volumen bietet, klingen die Stereo-Lautsprecher vergleichsweise satt. Auch der 6,6-Zoll-OLED-Bildschirm mit einer Bildwiederholungsfrequenz von bis zu 120 Hertz überzeugt.

Faule Kompromisse bei der Software

Deutliche Abstriche muss man beim Haupt-Chip machen, denn Huawei darf aufgrund der US-Sanktionen nicht die besten Chipsätze verbauen. Im Innern läuft ein Snapdragon 888 – flott genug, aber ohne die fünfte Mobilfunkgeneration 5G. Derzeit spielt 5G für viele keine Rolle. Aber die Perspektive, für die gesamte Laufzeit des Geräts zu verzichten, ist nicht rosig.

Faule Kompromisse muss man auch bei der Software machen. Wie bei allen aktuellen Huawei-Modellen muss das P50 Pro ohne die Play-Services von Google auskommen. Ausgeschlossen sind auch Drittanbieter-Apps, die auf die Google-Dienste wie Maps zurückgreifen. Statt Android 12 von Google verlässt sich Huawei auf EMUI 12, das auf der quelloffenen Variante von Android 11 ohne Google-Services aufsetzt. Statt Google-Suche und Maps gibt es "Petal Search" und "Petal Maps". Der Play-Store wird durch die AppGallery ersetzt. Dazu kann man alternative Stores für Android-Apps wie F-Droid installieren. Manche gewohnten Apps gibt es, andere nicht.

In China selbst spielt das Fehlen der Google-Dienste quasi keine Rolle. Hier setzt Huawei seine eigene Android-Variante HarmonyOS ein, für die es alle relevanten Apps gibt. Im Westen vermisst man aber oft genug Funktionen und Apps, die erst über die Google-Infrastruktur zur Verfügung gestellt werden. Das Huawei P50 Pro wird in der Speichervariante 8/256 GB für 1.199 Euro angeboten.

Das P50 Pocket

Kein 5G und keine Google-Services gelten auch für das P50 Pocket. Doch bei diesem hübschen Falt-Smartphone spielen sie vielleicht keine so große Rolle. Das Gerät macht vor allem eine gute Figur. Egal, ob in der Hosentasche oder auf dem Tisch im Café – so wie das Motorola Razr oder das Samsung Galaxy Z Flip3 der Mitbewerber.

Aufgeklappt misst das Display des Huawei P50 Pocket 6,8 Zoll.
Aufgeklappt misst das Display des Huawei P50 Pocket 6,8 Zoll. © Zacharie Scheurer/dpa-tmn

Huawei hat die Designidee der beiden runden schwarzen Elemente auf der Rückseite aufgegriffen. Allerdings dient hier einer der Kreise als kleines Außendisplay. Man kann darauf die Kamera starten und die Musik steuern. Im Alltag muss man gut auf das schöne Gerät aufpassen, denn die Gehäuseoberfläche ist extrem glatt. Das Smartphone schließt perfekt flach, besser als die Flip-Phones der Wettbewerber. Wie robust das Scharnier über einen längeren Zeitraum ist, muss ein Langzeittest zeigen.

Huawei will sein Falthandy nicht als Schnäppchen vermarkten

Das faltbare Display des Pocket-Modells ist ausgeklappt mit 6,8 Zoll sogar etwas größer als der Bildschirm des P50 Pro. Bei den Kameras vermisst man schnell das Teleobjektiv des P50 Pro. Sonst liefern aber eine Hauptkamera mit 40 Megapixeln, eine 13-Megapixel-Ultraweitwinkel- und eine Ultra-Spektrum-Kamera mit 32-Megapixel-Sensor überzeugende Ergebnisse. Leider fehlt der optische Bildstabilisator. Wie beim P50 Pro will Huawei sein Falthandy nicht als Schnäppchen vermarkten. Die goldfarbene Premium-Version mit 12 Gigabyte (GB) RAM und 512 GB internen Speicher kostet in Deutschland 1.599 Euro; in Weiß mit 8 GB RAM sowie 256 GB internen Speicher immerhin noch 1.299 Euro.

Fazit: Ansprechende Kamerahandys, mehr nicht

Mit Google-Diensten und 5G-Unterstützung hätten die neuen Huawei-Geräte das Zeug gehabt, den Smartphone-Markt an der Spitze wieder aufzumischen. Ohne diese Features handelt es sich um ansprechende Kamerahandys, nicht mehr. (dpa)