Von Irmela Hennig
Sie haben extra tapeziert auf Schloss Krobnitz. Blümchen fürs Rokoko, Streifen fürs Biedermeier, ganz dunkel für die Gründerzeit, zweifarbig Blau für den Jugendstil. Mit Goldstreifen dazwischen. Die Tapeten – sie sind nur ein Beispiel dafür, wie viel Aufwand in der aktuellen Ausstellung steckt, die derzeit im Schloss zu sehen ist. „Zu Tisch“ heißt sie und widmet sich Tischkultur und Tafelsitten im sich wandelnden 19. Jahrhundert.





Anja Köhler, Museologin beim Schlesisch-Oberlausitzer Museumsverbund, zu dem Krobnitz gehört, hatte die Idee zur Schau, die ein Farben- und Stilrausch ist. Dabei wollte sie ursprünglich Ansichten von Oberlausitzer Städten und Dörfern, Landschaften und Besonderheiten auf Porzellan zeigen. Doch dafür fanden sich nicht genügend Ansichtsexemplare. Einige sehr eindrückliche mit Nieskyer Motiven hat Anja Köhler aber in einen Glasschrank und unter eine Glasglocke stellen können.
Ansonsten gibt es nicht viel Vitrine in dieser Schau. „Das entspricht einfach nicht mehr den Sehgewohnheiten der Menschen“, meint die Fachfrau. Stattdessen kann der Besucher eintauchen und teilweise sogar hineinschlüpfen in die Vergangenheit. Denn es gibt Kleidungsstücke, die man sich überstreifen darf – exemplarisch für die Jugendstilzeit, in der Kleider tatsächlich Leute machten. Handschuhe, Hüte, Wespentaille. Was trug man wo und wie lange und bei wie vielen Gästen. Dekolleté zeigen bei einem Diner mit weniger als 40 Personen galt als anstößig. Die Damen hatten dann hochgeschlossen zu erscheinen. Der Po aber wurde extra ausstaffiert und größer gemacht, als er zumeist in natura war. Die Schau erklärt, nein, sie zeigt, was in welcher Zeit serviert wurde und mit welchem Besteck oder Geschirr. Wie die Wohnung, der Salon, das Speisezimmer ausgestattet war. Und wie die Menschen schließlich Kakao und Kaffee für sich entdeckten und durch Europa ein Kaffee-Tee-Äquator verlief. Im Süden trank man koffeinhaltig. Im Norden blieb es beim Tee.
Benimmregeln und Muffins
Benimmregeln, die sich „alle drei Monate änderten“, bestimmten das gemeinsame Tafeln. „Im Ernstfall galt einfach, tun sie, was ihr Gastgeber macht“, so hat Anja Köhler herausgefunden. Sie macht ganz viel Lust aufs Genießen, aufs Schlemmen. Und immerhin, für Gruppen gibt es Kaffee und Muffins im Museum.
Es ist die zweite, so besondere Ausstellung im Schloss nach der „Süßen Oberlausitz“. Darin ging es um Süßwarenproduzenten aus der Region. Neben der Schau selbst kam damals auch das Rahmenprogramm mit Pralinen-Workshop sehr gut an. Für die aktuelle Schau gibt es neben Kinderangeboten unter anderem eine Spezialführung unter dem Motto „Der gedeckte Tisch“. Dabei können Besucher selbst eine Deko gestalten.
Die Ausstellung auf Schloss Krobnitz läuft bis 30. April 2017. Weitere Ausstellungen: Galerie Budissin, Bautzen, bis 29. Oktober, „Schwarzweiss“ – Werke von Bruno Raetsch; Stadtmuseum Pulsnitz, bis 30. Oktober, „Ansichten vom Keulenberg“ von Robert Döppel; Foyer des Kraftwerks Schwarze Pumpe, ab 13. Oktober, „Drei Temperamente“ mit Arbeiten von Dagmar Stade-Schmidt, Eberhard Peters und Walter Piroch; Stadtmuseum Cottbus, bis Herbst 2017, Stickereien und Trachten und ander „Wendische Kostbarkeiten“; Schloss Hoyerswerda, bis 15. November, Werke von Otto Niemeyer-Holstein.