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Zu wenig Sicherheit für den Striezelmarkt

Kurz vor Beginn des Dresdner Weihnachtsmarktes ist immer noch nicht klar, wie die Großveranstaltung geschützt werden soll. Für neue, teure Schutz-Barrieren gibt es keine Mehrheit. Jetzt muss schnell eine neue Lösung gefunden werden.

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© Sven Ellger

Von Andreas Weller

Dresden. Seit dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt 2016 in Berlin werden Großveranstaltungen durch Betonklötze vor Amokfahrten mit Lastern geschützt. In Dresden wurden sie zuletzt beim Stadtfest eingesetzt, aber auch bei vielen Weihnachtsmärkten im vergangenen Jahr. Doch diese sogenannten Nizza-Sperren sind nicht sicher. Das ergaben mehrere Tests durch die Dekra. „Sie können Laster nicht stoppen und werden zu gefährlichen Geschossen, wenn sie zerbrechen“, so Robert Franke, Chef der Dresdner Wirtschaftsförderung.

Die Sperren wurden sogar weihnachtlich dekoriert.
Die Sperren wurden sogar weihnachtlich dekoriert. © Sven Ellger

Frankes Amt ist für den Striezelmarkt zuständig. Deshalb, so Franke, wurde eine Arbeitsgruppe aus Verwaltung und Polizei gegründet. Diese hat am 28. August entschieden, ein Sicherheitskonzept von der Firma erstellen zu lassen, die sich aus der Initiative Breitscheidplatz gebildet hat. Als das Konzept vorlag, gab es weitere Gespräche. Polizeipräsident Horst Kretzschmar hat nun empfohlen, den Striezelmarkt „in Anlehnung“ an das Konzept abzusichern. Dieses umfasst 31 Meter aus miteinander verankerten speziellen Pflanzkübeln für den Altmarkt und zwei mobile Schrankenanlagen. Die Kübel sollen die Front zum Kulturpalast absichern. Allerdings sind die Kosten mit 660 000 Euro sehr hoch.

Oberbürgermeister Hilbert (FDP) macht sich dafür stark, weil die Stadt für die Absicherung des Marktes und die Sicherheit der Bürger verantwortlich ist. Allerdings gab es viel Kritik von Linken, Grünen und SPD. Die Stadträte seien viel zu spät informiert worden, dann machte die Verwaltung Druck, weil das Angebot nur befristet gilt. Die Firma Secutec, die die Barrieren baut, hat, nachdem die Vorlage am Montag bereits vertagt worden war, die Frist zwar verlängert, allerdings nur bis Mitternacht am Freitag. In der Debatte kam heraus, dass die Verwaltung sich auch kein anderes Angebot eingeholt hat, sondern den teuren Auftrag freihändig, also ohne Ausschreibung, vergeben wollte. Angeblich sei keine Zeit gewesen. „Außerdem sind das völlig neue Anforderungen, die Produkte mussten zunächst entwickelt werden, und wir mussten uns dann wieder mit den Partnern abstimmen“, erklärt Franke den Verlauf.

Doch wann wusste die Verwaltung eigentlich, dass die Nizza-Sperren nicht mehr ausreichen und neuer Schutz benötigt wird, wollte Linke-Fraktionschef André Schollbach wissen. Im Januar dieses Jahres, lautete die Antwort. Allerdings haben Medien wie auch die Sächsische Zeitung bereits im April 2017 darüber berichtet, dass es Tests gab, bei denen der Schutz durch die Sperren nicht gewährleistet war. Also hätte die Verwaltung viel früher auf die Suche nach neuem Schutz gehen können. „Deshalb habe ich Zweifel an der Arbeit der Verwaltung“, so Schollbach.

Zudem wurde bei der Auswertung des Sicherheitskonzeptes für den Striezelmarkt 2017 vor wenigen Monaten noch gesagt, dieses sei „sehr erfolgreich“ gewesen. Grünen-Stadtrat Michael Schmelich unterstellte: „Der Verwaltung geht es hier nicht um mehr Sicherheit für die Bürger, sondern darum, das Gewissen zu beruhigen.“ Deshalb solle eine Art „Premium-Schutz“ für einen einzelnen Markt geschaffen werden. Terroristen könnten sich aber jederzeit einen anderen aussuchen. Überhaupt liege der Anschlag in Berlin fast zwei Jahre zurück. „Es ist also eine abstrakte Gefahr“, so Schmelich. Dafür sei man nicht bereit, einem Schutz zuzustimmen, der viel teurer ist als der, der 2017 noch genügt habe. Generell solle die Stadt besser ein Sicherheitskonzept mit festen Anlagen planen, wenn der Altmarkt demnächst für viele Millionen Euro umgebaut werde, so SPD-Stadtrat Thomas Blümel.

Am Ende lehnten Linke, Grüne und SPD die Vorlage ab. Der neue Schutz wird nicht gekauft. „Wir wollen nicht verantworten, dass der Striezelmarkt nicht stattfindet oder es im Falle eines Anschlags Verletzte gibt“, kritisierte CDU-Stadtrat Peter Krüger. Sein Fraktionskollege Hans-Joachim Brauns nannte das Vorgehen von Rot-Grün-Rot „menschenverachtend“.

Finanzbürgermeister Peter Lames (SPD) erklärte vage, dass der OB „theoretisch“ dem Beschluss widersprechen könne. „Aber dann ist das Angebot nicht mehr gültig.“ Er müsse sehen, wie er damit umgeht, erklärte Franke. Er werde mit der Polizei sprechen. „Es wird schon Schutz-Elemente geben. Aber die genügen nicht der Empfehlung der Polizei.“