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Teurer Streit um Blitzerfotos

Zwölf Mal pro Woche stehen Verkehrssünder vor dem Amtsgericht. Manchmal nur wegen geringer Beträge.

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© Marcus Fährer/dpa

Von Sylvia Jentzsch

Mittelsachsen. Nein, er sei nicht der Fahrer, der im September vergangenen Jahres in Leisnig an der Jahnstraße mit dem Auto seiner Frau unterwegs war und geblitzt worden ist. In einem Bereich dieser Straße ist Tempo 30 angesagt. Mit 53 Kilometern in der Stunde wurde das Fahrzeug geblitzt. Die Halterin des Autos erhielt ein Verwarngeld in Höhe von 35 Euro wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung von 20 Kilometern in der Stunde – ein Toleranzbereich wird abgezogen. Doch damit ist das Leisniger Ehepaar nicht einverstanden.

Weder Fahrzeughalterin noch ihr Mann wollen am Tag, an dem das Blitzerfoto entstand, um 11.45 Uhr mit dem Auto auf der Jahnstraße unterwegs gewesen sein. „Das ist nicht möglich, weil ich zu diesem Zeitpunkt in ärztlicher Behandlung in Geringswalde war und das mit dem Auto meiner Frau“, sagte der Leisniger. Eine entsprechende Bescheinigung liegt dem Gericht vor. „Ich kann nicht an zwei Stellen zur gleichen Zeit sein.“ Vor Weihnachten hatte der Leisniger, weil er das aus seiner Sicht unberechtigt geforderte Verwarngeld nicht zahlte, einen Bußgeldbescheid bekommen. Gegen diesen legte er fristgerecht Widerspruch ein. Schlussendlich landete der Fall vor dem Döbelner Amtsgericht.

Da es Unstimmigkeiten bezüglich der Zeiten gab, wann die Arztpraxis verlassen wurde, und das Foto für Richter Janko Ehrlich eindeutig ist, spricht er sich dafür aus, dass es sich auf dem Foto um keinen anderen als den Leisniger handle, er das Bußgeld zu zahlen und die anfallenden Kosten zu tragen habe.

Dass auch geringfügige Ordnungswidrigkeiten wie diese vor dem Gericht landen, ist keine Seltenheit. „Die Bußgeldstelle des Landratsamtes Mittelsachsen führt Buch über alle an die Staatsanwaltschaft abgegebenen Fälle. „Im Jahr 2017 wurden 148 Bußgeldakten wegen Geschwindigkeitsüberschreitung an die Staatsanwaltschaft abgegeben. In 66 Fällen wurde der Einspruch vom Betroffenen zurückgenommen“, so die Pressesprecherin des Landratsamtes. Im vergangenen Jahr wurden 51 Urteile gefällt. In fünf Fällen hat das Amtsgericht das Verfahren eingestellt. Die restlichen Verfahren sind noch nicht abgeschlossen, so die Pressesprecherin. Im Jahr 2016 wurden 171 Verfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitung an die Staatsanwaltschaft abgegeben und 2015 waren es 101. Das Gericht entscheidet dann im Rahmen einer Hauptverhandlung über die Ordnungswidrigkeit.

Beim Amtsgericht Döbeln werden jährlich etwa 550 Verkehrsordnungswidrigkeiten verhandelt. Das sind etwa zehn bis zwölf Verhandlungen pro Woche.

Wie vielen Einsprüchen stattgegeben wurde, kann aus der Statistik nicht herausgelesen werden“, sagte Karin Fahlberg, Richterin am Amtsgericht. Geschätzt bei jedem dritten Verfahren müssten Zeugen geladen werden. In einigen Fällen werden sogenannte Identitätsgutachten eingeholt. Das heißt, es wird überprüft, ob Fahrerlichtbild und Betroffener identisch sind. „Manchmal ist ein Gutachten erforderlich, um die Ordnungsmäßigkeit der Geschwindigkeitsmessung zu überprüfen oder eine Unfallrekonstruktion vorzunehmen“, sagte Richterin Karin Fahlberg.

Fest steht jedoch: Wird der Betroffene verurteilt, trägt er die Kosten des Verfahrens und seine Auslagen. Beim Freispruch trägt die Staatskasse die Verfahrenskosten und die notwendigen Auslagen des Betroffenen. Wird das Verfahren eingestellt, muss die Staatskasse die Verfahrenskosten übernehmen. Hinsichtlich der notwendigen Auslagen wird eine Ermessensentscheidung getroffen. „Die Urteilsgebühr beträgt mindestens 50 Euro, sonst zehn Prozent der Geldbuße. Dazu kommen aber gegebenenfalls noch Anwaltsgebühren und Zeugenauslagen, die oft im dreistelligen Bereich liegen“, sagte Karin Fahlberg.

„Hauptsächlich werden Geschwindigkeitsverstöße verhandelt. Es geht aber auch um Verkehrsunfälle, bei denen es um die Vorfahrt geht und um Abstandsverstöße. Auch Fahrten unter Alkohol und Drogen sind regelmäßig Verhandlungsgegenstand“, sagte die Richterin. Ob diejenigen, die einen Bußgeldbescheid bekommen und eine Rechtsschutzversicherung haben, eher bereit sind, wegen kleinerer Summen vor Gericht zu gehen, dazu würden keine Erkenntnisse vorliegen.