Von Jürgen Müller
Das Angebot schien ein Schnäppchen zu sein. 300 Euro für einen Laptop bei Ebay, da konnte eine Frau nicht widerstehen. Sie überwies das Geld, bekam ein Paket. Doch der Laptop war kaputt, völlig unbrauchbar. Das Betriebssystem ließ sich nicht mal hochfahren. Auch beschädigt war das Teil, ist wohl mal runtergefallen. An der Abdeckplatte ist jedenfalls eine Schraube abgebrochen. Das Gerät ist schlicht Schrott. Angeboten hatte es ein Radebeuler jedoch als funktionsfähig und in gutem Zustand.
Betrug wirft die Staatsanwaltschaft nun dem 30-Jährigen vor. Und der Mann ist wohl auch ein gelernter Betrüger. Derzeit sitzt er in Untersuchungshaft. 32 Betrugsfälle werden ihm zur Last gelegt, teilweise gewerbsmäßig. Vieles deutet darauf hin, dass der Mann betrügt, um seinen Drogenkonsum zu finanzieren.
Doch der Angeklagte gibt sich als Unschuldslamm. Schuld sind immer andere. Den Laptop habe er verkaufen wollen, damit er seine Miete bezahlen kann, sagt er. Auch daran sind andere schuld, nämlich das Jobcenter. Das brauche ewig, um seinen Hartz-IV-Antrag zu bearbeiten. Deshalb bekomme er auch die Miete nicht erstattet. Den Laptop habe seine damalige Freundin verschickt, weil er zur fraglichen Zeit im Krankenhaus gewesen sei, sagt er.
Das Gerät sei völlig in Ordnung gewesen. „Ich habe es auf die Werkseinstellungen zurückversetzt, alles hat bestens funktioniert“, sagt er. Offenbar hat er es wohl mit einem Schraubenzieher zurückversetzt. Die Beschädigungen jedenfalls kann er sich nicht erklären. Er habe nicht bemerkt, dass eine Schraube abgebrochen sei, behauptet er. Die Mails der Käuferin, die ihr Geld zurückhaben will, ignoriert er konsequent.
Auch als diese einen Anwalt einschaltet, der einen Mahnbescheid schickt, kümmert ihn das nicht. „Ich habe das angezweifelt, dass das Gerät kaputt ist. Wie sollte ich denn reagieren, wovon sollte ich das denn bezahlen, ich habe doch kein Geld“, sagt der Radebeuler der Richterin. Außerdem habe er den Kopf sehr voll gehabt.
Den Laptop habe er kurz zuvor ebenfalls bei Ebay für 300 Euro gekauft, sagt er. Von wem, das weiß er natürlich nicht mehr.
Seine Miete hat er von dem Verkaufserlös offenbar nicht bezahlt. Denn sein Vermieter wollte ihm wegen der Mietrückstände kündigen. Weil der Angeklagte nicht öffnete, rief der Vermieter die Polizei. Die öffnete die Tür, fand in der Wohnung nicht nur den Angeklagten, sondern auch Drogen. Auch deswegen sitzt der Mann nun vor Gericht. Sein Anwalt möchte, dass zumindest diese Sache eingestellt wird. Denn sein Mandant sei von der Polizei vernommen worden, ohne über seine Rechte belehrt worden zu sein. Die Aussage könne deshalb nicht verwertet werden.
Die Staatsanwältin spricht von einer „Räuberpistole“, die der Angeklagte seinem Verteidiger aufgetischt habe. Schließlich sei der Mann von sich aus zur Vernehmung bei der Kriminalpolizei gekommen. Doch nun sollen die Polizisten und weitere Zeugen vernommen werden. Die Verhandlung wird ausgesetzt, ein neuer Termin wird von Amts wegen bestimmt. Die Gefahr, dass der Angeklagte wie Anfang Juli nicht vor Gericht erscheint, geht gegen null. Zwar ist der Mann wohnungslos, derzeit aber warm, sicher und trocken verwahrt – im Gefängnis. Und wird dort auch bleiben. Nach einer Verurteilung wegen der anderen 32 Betrugsfälle aller Voraussicht nach wohl auch eine ganze Weile.