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Thiendorf setzt die Steuern rauf

Reiche Kommunen leben riskant – das erlebt die Gemeinde gerade wieder.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Birgit Ulbricht

Thiendorf. Die Gemeinde erhöht die Steuern für Häuslebesitzer, Landwirte und Gewerbetreibende rückwirkend zum 1. Januar 2018. Nach 17 Jahren. Das bringt der Gemeinde 110 000 Euro mehr und doch büßt Thiendorf trotz dieser Mehreinnahmen weiter ein. Wie geht das? Es handelt sich um einen Effekt, der alle Kommunen betrifft. Nur wenn diese die von Sachsen festgesetzten Landes-Steuersätze anwenden, bekommen die Städte und Gemeinden die vollen Landeszuschüsse überwiesen. Das könnte man ausblenden, denn Thiendorf bekommt als „reiche Gemeinde“ ohnehin keine Schlüsselzuweisungen des Landes.

Die Gemeinde zahlt Reichensteuer, so wie Lampertswalde oder Glaubitz. Im Fall Thiendorf sind es dieses Jahr 389 200 Euro. Aber damit ist die Sache längst nicht beendet. Denn auch bei der Kreisumlage geht man wie bei der Reichensteuer und den Zuschüssen des Landes von den höheren Hebesätzen des Landes aus. Wer die nicht verlangt, ist sozusagen selbst schuld. Das kleine Thiendorf zahlt 2018 immerhin 1,48 Millionen Kreisumlage. Gegenwärtig fehlen in Thiendorf aber 236 000 Euro, um auf die Hebesätze des Landes kommen. Die müsste die Gemeinde ihren Bürgern noch abverlangen. Mit der hälftigen Anpassung zum Landesniveau verringert Thiendorf die Diskrepanz also lediglich. Für ein Einfamilienhaus macht das praktisch im Jahr rund 23 Euro mehr Grundsteuer aus.

Wenig Lobby für reiche Kommunen

Im Falle des Thiendorfer Haushaltes wird die Sache sogar noch verzwickter. Weil die Gemeinde als „reiche Kommune“ gar keine investiven Landeszuschüsse (Schlüsselzuweisungen) bekommt, hat die hiesige Kämmerin auch nichts an Einnahmen zum Gegenrechnen, um die Abschreibungen für Fahrzeuge, Kitas, Turnhallen oder Straßen zu erwirtschaften. Das, was den Gemeinden nach Abzug von Umlagen und Reichensteuer bleibt, könnte irgendwann also nicht reichen, die schwarze Null unter dem Haushalt darzustellen.

Das ist ein grundsätzliches Problem der „reichen Kommunen“, das mit der Einführung der unternehmerischen Haushaltsführung (Doppik) so richtig zum Tragen kommt. Buchen wie ein Unternehmen und Geld verteilen wie der Staat passen nicht zusammen. Deshalb versuchen die „reichen Kommunen“ seit Langem den Reichensteuersatz wenigstens auf 30 Prozent, statt jetzt 40 Prozent, zu begrenzen. Doch die Lobby im eigenen Städte- und Gemeindetag (SSG) für solche Forderungen ist eher gering, weil mehr Kommunen von der Umlage der Reichensteuer profitieren als belastet werden.

Für die Bürger könnten solche Fragen recht akademisch anmuten. Doch wenn sie wissen wollen, warum in einer Kommune die Grundsteuer angehoben werden – höher als im benachbarten Schönfeld beispielsweise – dann ist genau das die Erklärung. Außerdem will Thiendorf seinen Standard ja halten: Sportler, Jugendliche und Senioren unterstützen. Thiendorf ist eine der wenigen Gemeinden, in der es keine Hallengebühren für die Vereine gibt.

Aber es kann einer „reichen Kommune“ durchaus passieren, dass sie ihren Haushalt wegen der enormen Risiken durch die Art der Berechnung der Reichensteuer auf angenommene Steuervorauszahlungen der Unternehmen plötzlich nicht rund bekommt, sobald irgendeine berechtigte Rückforderung eingeht. Dass sich Gemeinderäte und Verwaltung eine Art Prioritätenliste für Ausgaben erarbeiten wollen, ist da nur vernünftig.

Doch grundsätzlich ist hier die Landespolitik gefragt. Sonst könnte es irgendwann den Fall geben, dass eine „reiche Kommune“ pleite geht – und da das bei Kommunen nicht vorkommt – ein Haushaltssicherungskonzept erstellen muss. Die Bürger würden dann zu Steuern herangezogen, die noch einmal deutlich über den Landes-Hebesätzen liegen.

Investitionen 2018

Neues Bauhofdach 60 000 Euro

Feuerwehr-Kleidung 19 800 Euro

Kita-Möbel 14 300 Euro

Straße Lüttichau/L.-Anbau 116 000 Euro

Hortcontainer (Anteil 2018) 132 000 Euro

Naundorf, Abriss Bauernstube 75 000 Euro

Brücke Sacka 170 000 Euro

Fahrzeuge zur Essensversorgung 18 200 Euro

Gemeinde-Fahrzeug 21 000 Euro

MTW Feuerwehr Welxande 40 000 Euro

Sirene Thiend./Stölpchen 25 000 Euro

Krippe Dobra 1 900 Euro

Ausbau B 98-Kreuzung 180 000 Euro