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Olympia 2030 in Sachsen? Die Reaktionen 

Zwei Thüringer wollen die Olympischen Winterspiele nach Ostdeutschland holen. Eine große Idee, die nicht ohne Widerspruch bleiben kann.

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"Die sportliche Infrastruktur stimmt", meint Oberhofs Bürgermeister Thomas Schulz. Die Stadt hat viel Erfahrung mit internationalen Wettkämpfen.
"Die sportliche Infrastruktur stimmt", meint Oberhofs Bürgermeister Thomas Schulz. Die Stadt hat viel Erfahrung mit internationalen Wettkämpfen. © Hendrik Schmidt/dpa

Leipzig. Schnapsidee oder genialer Schachzug? Mit ihrer Vision von Olympischen Winterspielen 2030 in Thüringen, Sachsen und Bayern haben zwei Privatpersonen Verbände und Politik in Aufregung versetzt und ihnen Arbeit aufgehalst. Immerhin: Man redet darüber.

Die Verbände sowie den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) hat das Duo kalt erwischt. Entsprechend angefressen waren teilweise die Reaktionen. "Dieser Vorstoß ist weder mit den Wintersportverbänden noch mit dem DOSB abgestimmt. Ich höre davon zum ersten Mal. Es kann nicht sein, dass sich jeder, wie er will, für Olympia bewirbt", sagte Thomas Schwab, Vorstandsvorsitzender des Bob- und Schlittenverbands Deutschland (BSD).

Initiator Mike Helios sagte der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag: "Die Idee stammt aus dem Jubiläum 30 Jahre Mauerfall. Wir wollen die ländliche Struktur stärken, das "abgehängt sein" aus den Köpfen bekommen und ein Zeichen gegen baulichen Gigantismus setzen". 

Helios ist Sprecher der VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden und hat die Vision zusammen mit dem Publizisten Hannes Hofmann entwickelt. Die Bank in Thüringen ist für ungewöhnliche Geschäftsideen bekannt. So betätigt sich das Geldhaus seit längerem im Fußball, vergibt Kredite an Vereine. Im Dezember 2018 war Stefan Effenberg als Leiter des "Firmenkunden-Kompetenz-Teams Fußball" verpflichtet worden.

Thüringens Ministerpräsident hält den Vorstoß offenbar für einen Scherz. "Heute ist unstreitig der 19.11.2019 oder doch der 1. April? Es bleiben einfach Fragen über Fragen, aber mir geht Bob Dylan's Song durch den Kopf: "The answer, my friend, is blowin' in the wind The answer is blowin' in the wind!"", schrieb Bodo Ramelow auf Twitter.

Dagegen will DOSB-Präsident Alfons Hörmann das Konzept zumindest prüfen. Allerdings mahnte der erfahrene Funktionär: "Doch der Weg zu einer erfolgreichen Olympia-Bewerbung führt in eine völlig andere Dimension der Anforderungen." Zumal neben Sportstätten diverse infrastrukturelle Voraussetzungen wie Hotelkapazitäten geschaffen werden müssen.

Hörmann hat die in Bürgerbefragungen gescheiterten Bewerbungen Münchens um die Winterspiele 2022 und Hamburgs um die Spiele 2024 in frischer Erinnerung. An Rhein und Ruhr bereitet eine Privatinitiative um Sportmanager Michael Mronz eine Bewerbung für 2032 vor und hat dafür die Unterstützung von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und der Fraktionen im Düsseldorfer Landesparlament. Hörmann will auch mit Berlin über eine mögliche Kandidatur reden.

Vorhandene Sportstätten nutzen

Über den Olympia-Gastgeber entschied das Internationale Olympische Komitee bislang immer sieben Jahre im Voraus. Seit Sommer kann das IOC von diesem Zeitraum abweichen. Laut DOSB rückt der Zeitpunkt der Entscheidung tendenziell nach vorne, so dass vor 2023 schon über den Winter 2030 abgestimmt würde. 2026 sind Mailand und Cortina d'Ampezzo Gastgeber, 2022 ist Peking an der Reihe.

Thüringens Sportminister Helmut Holter (Linke) verwies zwar darauf, dass sich die Sportministerkonferenz Anfang November darauf verständigt habe, Deutschland zu einem international bedeutsamen Standort für herausragende und nachhaltige Sportgroßveranstaltungen ausbauen und weiterentwickeln zu wollen. Jedoch wolle man sich zunächst auf die Doppel-WM im Biathlon und Rennrodeln im Jahr 2023 konzentrieren. "Bei aller Euphorie sollten wir den zweiten Schritt nicht vor dem ersten gehen. Das haben die Bürgerentscheide über mögliche Olympiabewerbungen in Hamburg und München gezeigt", sagte Holter.

Die Initiatoren Helios und Hofmann hoffen, ihre Idee auf der Mitgliederversammlung des DOSB am 7. Dezember in Frankfurt/Main vorstellen zu dürfen. "Der Schneeball liegt bei Ihnen", sagte Helios. So sollen viele Wettkämpfe auf vorhandenen Sportstätten in Oberhof (Ski Nordisch, Rodeln), Klingenthal (Skispringen), Garmisch-Partenkirchen (Ski alpin), Chemnitz (Eiskunstlauf) oder Altenberg (Bob/Skeleton) stattfinden. Das Eishockey-Turnier soll über Deutschland verteilt ausgespielt werden.

Sachsens Sportminister reagiert zurückhaltend

Sachsens Sportminister Roland Wöller hat zurückhaltend auf die Vision von Olympischen Spielen 2030 in Thüringen, Sachsen und Bayern reagiert. Sachsen sei ein Sportland und habe mehrfach beweisen, herausragende Großsportveranstaltungen organisieren und durchführen zu können, sagte der CDU-Politiker. "Ob daraus in absehbarer Zeit tatsächlich eine Olympiabewerbung Deutschlands entsteht, muss allerdings mit allen Partnern gemeinsam erörtert und geplant werden", betonte er.

Sachsen richtet mit der Bob- und Skeleton-WM vom 17. Februar bis 1. März in Altenberg und der Junioren-WM Ski nordisch vom 28. Februar bis 8. März in Oberwiesenthal im bevorstehenden Winter zwei wichtige Sportereignisse aus. "Ziel ist es, Sachsen zu einem international bedeutsamen Standort für herausragende Großsportveranstaltungen weiterzuentwickeln", sagte Wöller.

Er verwies darauf, dass eine Entscheidung, wann und vor allem mit welcher Stadt oder Region sich Deutschland bewerben will, beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) liegt. Die gescheiterten Bewerbungen von Hamburg und München hätten zudem gezeigt, dass es ohne die Einbeziehung und die Unterstützung der Menschen in den betroffenen Regionen nicht gehe. "Voraussetzung für eine erfolgreiche deutsche Olympiabewerbung ist eine realistische Planung und sorgfältige Vorbereitung", sagte Wöller.

Dulig sieht in gemeinsamer Bewerbung eine Chance

Neben der Kritik von den überrumpelten Verbänden gibt es positive Stimmen. "Die Idee ist traumhaft. Sie ist zu schön, um wahr zu werden. Doch wer keine großen Ziele hat, kann nicht gewinnen", sagte Skisprung-Idol Jens Weißflog. Die Bürgermeister von Schmalkalden, Oberhof und Altenberg begrüßten den Vorstoß ausdrücklich. 

Der frühere Biathlon- und Langlauf-Bundestrainer Frank Ullrich meinte: "Der Wintersport hat in Thüringen und Sachsen eine lange Tradition und ich bin sicher, dass wir uns hier, an jenen Orten, die auf der Welt großes Ansehen genießen und die zurecht als Wiege großer sportlicher Erfolge gelten, als perfekte, faire und freundliche Gastgeber präsentieren werden." 

Auch Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) sieht in der gemeinsamen Olympia-Bewerbung eine Chance - vor allem, um sich als freundliche, attraktive und sportliche Gastgeber zu präsentieren. "In ihrer Kombination haben die drei Nachbarbundesländer Bayern, Thüringen und Sachsen beste Voraussetzungen für Olympische Winterspiele. Altenberg verfügt beispielsweise mit seiner Rennschlitten- und Bobbahn über eine bestens ausgebaute und auch international anerkannte Sportstätte", so Dulig weiter.

Sachsen sei ein traditionelles Wintersportland und seit Jahren bei Winterurlaubern beliebt. Dulig: "Der Wintertourismus ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Vor allem die Idee, vorhandene Ressourcen für die Olympischen Spiele zu nutzen anstatt gigantische Neubauten ohne Chance auf eine sinnvolle Nachnutzung zu bauen, geben der Idee einer Bewerbung ihren Charme." (SZ/mit dpa)

360-Grad-Fahrt mit Francesco Friedrich in Altenberg

Mit weit über 100 km/h rast Francesco Friedrich durch die Kurven im Altenberger Eiskanal. In diesem Video nimmt er Sie mit auf die wilde Fahrt. 

Tipp: Das beste Seherlebnis haben Sie mit dem Smartphone in der YouTube-App oder mit einer VR-Brille. Folgen Sie für beide Betrachtungsweisen einfach diesem Link.

Dieses Video entstand im Januar 2019. Mehr über die Entstehung dieses Clips und die Bobbahn in Altenberg, die als die schwierigste der Welt gilt, lesen Sie in diesem Artikel. 

Die Bob- und Skeleton-Weltmeisterschaft findet vom 17. Februar bis 1. März 2020 in Altenberg statt. Tickets sind bereits hier erhältlich.