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Tiefe Trauer um Bäume

Zwei Jonsdorfer beobachten mit Sorge, dass in jedem Winter viele Bäume gefällt werden. Nach einem Fall in Olbersdorf haben sie nun ungewöhnlich darauf hingewiesen.

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© Matthias Weber

Von Mario Sefrin

Jonsdorf. Auf Luftbildern im Internet stehen die drei Bäume noch. Wie zu einem letzten Gruß legen sie ihre dichten Kronen über die Dr.-Wilhelm-Külz-Straße in Olbersdorf und spenden der darunter liegenden kleinen Nebenstraße Schatten. Doch die Luftbilder sind nicht aktuell, die Bäume – zwei Pappeln und eine Birke – stehen nicht mehr an Ort und Stelle. Sie fielen vor wenigen Wochen der Säge zum Opfer.

Mit dieser Zeitungsanzeige haben Steffi Braun und Ralf Richter auf den Verlust von drei Bäumen in Olbersdorf aufmerksam gemacht.
Mit dieser Zeitungsanzeige haben Steffi Braun und Ralf Richter auf den Verlust von drei Bäumen in Olbersdorf aufmerksam gemacht. © Repro: SZ

Im Gegensatz zu vielen ihrer Artgenossen werden die beiden Pappeln und die Birke von der Olbersdorfer Dr.-Wilhelm-Külz-Straße aber die Zeit überdauern und in der kollektiven Erinnerung der Menschheit weiterleben. Denn die drei Bäume haben vor Kurzem einen kleinen Nachruf in Form einer Traueranzeige in der Sächsischen Zeitung bekommen (siehe Foto). Die Annonce in Auftrag gegeben haben zwei Jonsdorfer: Steffi Braun und Ralf Richter. Der Weg zur Arbeit in Zittau führt die beiden Jonsdorfer täglich durch Olbersdorf und somit an der Entlastungsstraße auch am bisherigen Standort der drei Bäume vorbei. Da fiel das Verschwinden der Bäume natürlich auf. Zumal wenn man, wie Steffi Braun über sich sagt, ein „Baumfetischist“ ist. „Das waren drei ortsbildprägende Bäume“, sagt Steffi Braun. „Ich hätte mir gewünscht, man hätte sie noch stehengelassen.“

Die Fällung der drei Bäume hat die Jonsdorferin so beschäftigt, dass sie sich an die Gemeinde Olbersdorf gewandt hat, der das Grundstück gehört. „Ich wollte wissen, warum die Bäume wegmussten“, sagt sie. Die Antwort liefert Ralph Bürger, Haupt- und Bauamtsleiter in der Gemeinde: „Die zwei Pappeln und die Birke wurden gefällt, da die Bäume vom Sturm geschädigt und nicht mehr standsicher waren. Außerdem haben die Wurzeln Schäden am Gehweg verursacht“, so Bürger. Im Rahmen einer Vorortbesichtigung sei zur Sicherstellung der Verkehrssicherungspflicht entschieden worden, dass eine Fällung die wirtschaftlichste und vertretbare ökologische Variante in diesem Fall ist.

Ralf Richter kann das nicht verstehen. „Seit Jahrhunderten haben die Menschen mit Bäumen gelebt. Mittlerweile ist es aber ein Trend geworden, Bäume zu fällen“, schimpft er. Er ist gebürtiger Olbersdorfer, kannte die Bäume an der Dr.-Wilhelm-Külz-Straße schon lange. „Hier bin ich auf dem Weg zur Schule vorbeigekommen.“ Er und Steffi Braun sind in ihrer Freizeit sehr aktiv und viel unterwegs in der Region. Da falle ihnen immer wieder auf, wie viele Bäume gefällt werden oder plötzlich verschwunden sind. Darüber sind sie sehr traurig: „Bäume sind doch Teil unseres Erbes“, sagt Ralf Richter. Für ihn sind die Deutschen regelrecht sicherheitsfanatisch. „Gegen erforderliche Sicherheit wird niemand was Ernsthaftes sagen. Doch oft geht es uns zu schnell, dass Bäume verschwinden.“ Mit dieser Einstellung lässt sich auch die Traueranzeige in der Zeitung erklären. „Ich sah die wunderschön gewachsenen Bäume, kurz nachdem sie gefällt waren. Das war ein kleiner Schock für mich“, sagt Steffi Braun. „Wir haben dann überlegt, dass man was machen müsste, um die Leute darauf aufmerksam zu machen und sie dafür zu sensibilisieren, was mit den Bäumen geschieht. Denn manchen fällt so was ja gar nicht auf.“ Einigen ist die Aktion an der Dr.-Wilhelm-Külz-Straße aber aufgefallen: Kurz nach der Fällung standen Holzkreuze auf den Baumstümpfen.

Laut Angaben der Gemeinde soll es für die drei gefällten Bäume Ersatzpflanzungen geben. „Diese werden aber voraussichtlich nicht am alten Standort vorgenommen“, sagt Ralph Bürger. „Grund dafür ist, dass es dort zeitnah wieder zu den Problemen mit der Verkehrssicherungspflicht kommen würde.“ Ersatzpflanzungen – auch für andere gefällte Bäume – sollen künftig unter anderem im Wohngebiet Grundbachtalsiedlung und im Bereich der ehemaligen Fröhlichschenke erfolgen. Und die Gemeinde überlegt nun, die Öffentlichkeit künftig mehr über anstehende Baumfällungen zu informieren, möglicherweise auch im Ortsblatt. So jedenfalls lautete eine Anregung im jüngsten Gemeinderat.