Sachsen
Merken

Tiefes Loch in Sachsens Haushalt

Die Zeit der sprudelnden Steuereinnahmen ist mit der Corona-Krise vorbei. Sachsen drohen nach neuester Steuerschätzung Ausfälle in Milliardenhöhe.

 3 Min.
Teilen
Folgen
"Viele Vorhaben, die vor der Pandemie geplant und vielleicht wünschenswert waren, werden auf absehbare Zeit nicht mehr finanzierbar sein", erklärte Sachsens Finanzminister Hartmut Vorjohann (CDU) am Freitag.
"Viele Vorhaben, die vor der Pandemie geplant und vielleicht wünschenswert waren, werden auf absehbare Zeit nicht mehr finanzierbar sein", erklärte Sachsens Finanzminister Hartmut Vorjohann (CDU) am Freitag. © Jürgen Lösel

Dresden. Die Corona-Krise reißt ein tiefes Loch in Sachsens Finanzplanung. Anhand der neuesten Steuerschätzung rechnet das Land dieses Jahr mit Steuereinnahmen von 14,4 Milliarden Euro. Das seien zwei Milliarden Euro weniger als bisher erwartet, teilte das Finanzministerium in Dresden am Freitag mit.

Auch in den nächsten Jahren werden die Corona-Folgen demnach deutlich zu spüren sein. Bis 2024 rechnet Sachsen insgesamt mit fast fünf Milliarden Euro weniger als noch nach der Steuerschätzung im vorigen Oktober. Dieser "historische Einbruch der Steuereinnahmeerwartungen" enge die Spielräume bei den Ausgaben ein, erklärte Finanzminister Hartmut Vorjohann (CDU).

Politiker von Linken und Grünen warnten vor einem zu rigorosen Sparkurs. Es gebe Bereiche, in die weiter investiert werden müsse. Die AfD verlangte einen Ausgaben-Stopp "in der teuren Asyl- und Klimapolitik". Der sächsische Städte- und Gemeindetag erklärte, die Annahmen der Steuerschätzer seien "womöglich nur die Spitze des Eisberges". Der Kommunalverband ist weniger optimistisch, was eine rasche Erholung der Wirtschaft angeht.

Die sächsischen Kommunen müssen ebenfalls mit einem Minus rechnen. 2020 seien Steuereinnahmen von knapp 3,3 Milliarden Euro zu erwarten - 440 Millionen weniger als noch bei der vorigen Schätzung. Der Freistaat spannt für die Kommunen in der Corona-Krise einen Schutzschirm von 750 Millionen Euro auf. Dadurch würden Einnahmeausfälle teilweise kompensiert, erklärte Vorjohann. Aufgrund des hohen Anteils der besonders volatilen Gewerbesteuer am Steueraufkommen ist die Schätzung mit Unsicherheiten behaftet.

Bis zu sechs Milliarden Euro neue Schulden

Die Steuerschätzer errechneten ihre Prognose auf der Annahme, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um 6,3 Prozent schrumpft. Zudem werden viele Steuern gestundet. Für Bund, alle Länder und Kommunen sagt die Mai-Prognose dieses Jahr insgesamt 98,6 Milliarden Euro weniger Einnahmen voraus.

Die neue Steuerschätzung bildet die erste Grundlage für die Planung des Doppelhaushaltes 2021/2022. In diesem Jahr könnten dank des "Corona-Bewältigungsfonds" zwar noch viele Ausgaben auf dem geplanten Niveau gehalten werden, erklärte Vorjohann. "In den nächsten Jahren stehen wir aber vor großen Konsolidierungsbedarfen, die wir ab dem kommenden Doppelhaushalt konsequent angehen müssen."

Für den Fonds zur Bewältigung der Corona-Folgen nimmt Sachsen bis zu sechs Milliarden Euro neue Schulden auf. Diese Kredite müssen laut Finanzministerium ab 2023 zurückgezahlt werden. Das werde die finanziellen Gestaltungsmöglichkeiten des Landes neben den geminderten Steuern noch weiter einschränken.

Im Klartext heißt das: Ohne strikte Prioritätensetzung geht es nicht. "Viele Vorhaben, die vor der Pandemie geplant und vielleicht wünschenswert waren, werden auf absehbare Zeit nicht mehr finanzierbar sein", erklärte der Finanzminister.

Die finanzpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Franziska Schubert, forderte "einen politischen Aushandlungsprozess darüber, was wofür ausgegeben wird". "Das Finanzministerium trifft diese Entscheidung mit Sicherheit nicht - da sind wir in Sachsen gebrannte Kinder", erklärte Schubert. Die Modernisierung des Freistaates in den Bereichen Bildung, Gesellschaft, Mobilität und nachhaltige Wirtschaft dürfe nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden.

Der finanzpolitische Sprecher der Linksfraktion, Nico Brünler, erklärte, die Corona-Krise dürfe nicht wie die Finanzkrise 2009/2010 "der Grund sein, um vor allem im sozialen und zivilgesellschaftlichen Bereich den Rotstift anzusetzen". In Menschen und deren ehrenamtliches Engagement sowie in Vereine müsste weiter investiert werden, um die Spaltung der Gesellschaft nicht zu verbreitern. Brünler forderte, statt eines Doppelhaushaltes nur einen Einjahreshaushalt aufzustellen. (dpa)

Aktuelle Informationen rund um das Coronavirus in Sachsen, Deutschland und der Welt lesen Sie in unserem Newsblog.