Wandern mit Hund in der Sächsischen Schweiz

Wenn Franziska Rößner wandern geht, dann sind ihre Berner Sennenhündinnen Vreni und Gusti immer mit dabei. Etwas anderes kommt für die Chemnitzerin gar nicht erst infrage. Am liebsten ist sie mit ihnen im Elbsandsteingebirge unterwegs, das sie schon als kleines Mädchen zusammen mit ihrem Vater regelmäßig durchstreifte. Vor den katastrophalen Bränden im Juli fand sie dort üppig grüne Wälder, bizarre Felsformationen, Nebelschwaden über den Tälern. „Es gibt nichts Schöneres für mich“, sagt sie. Zumindest so lange, wie sie auf ihren Touren nicht auf eine der vielen Holz- oder Eisenleitern, die typischen Stiegen oder eine der in Fels geschlagenen Eisenklammern stößt, mittels derer man enge Klüfte oder steile Aufstiege überwinden kann. Mensch schafft das vielleicht noch. Aber Hund?
Viele der für Zweibeiner besonders spannenden Wege kann ein Hund kaum oder gar nicht begehen. „Da kommt man ganz schnell an seine Grenzen und dreht frustriert wieder um“, sagt Franziska Rößner. Seit sie 1999 ihre erste Berner Sennenhündin Senta hatte, ist ihr das immer wieder passiert, trotz guter Vorbereitung. Denn in der Wanderliteratur werden solche Schlüsselstellen nur selten und, wenn überhaupt, dann aus Hundebesitzersicht meist unzureichend beschrieben. Für die passionierte Wanderin ein klares Manko.
10,3 Millionen Hunde gibt es in Deutschland. Während der Corona-Lockdowns sind etliche hinzugekommen. In jedem fünften Haushalt tummelt sich nun mindestens eine Fellnase, bestreitet den Alltag mit ihren Menschen, geht mit auf die Wochenendausflüge, verreist mit in die Urlaube. Für Neu-Hundebesitzer tun sich ganz ungeahnte Probleme auf. Hunde, auch wenn sie noch so niedlich sind und doch nur spielen wollen, sind nicht überall wohlgelitten. Einfach mal baden gehen und den Hund mitnehmen? Schwierig.
Im gesamten Nationalpark herrscht Leinenpflicht
Erlaubt ist das nur an ausgezeichneten Hundestränden, damit sich Familien mit kleinen Kindern und Menschen, die Angst vor Hunden haben, nicht belästigt fühlen. Urlaub im Hotel oder Ferienhaus buchen? Wird mit Hund ebenfalls zum Problem, denn der nachfolgende Gast könnte Allergiker sein. Dass man seinen Vierbeiner im Wald an die Leine nehmen sollte, um die wilden Tiere nicht zu verscheuchen, versteht sich von selbst. Im Kampf mit einer erbosten Bache könnte auch Fiffi den Kürzeren ziehen. Das gilt ganz besonders in Naturschutzgebieten wie der Sächsischen Schweiz. Im gesamten Nationalpark herrscht Leinenpflicht.
Franziska Rößner, die in der Serviceabteilung einer Solarmodulfirma arbeitet, beließ es nicht bei ihrem Ärger. Sie setzte sich hin und schrieb ein Wanderbuch für Mensch und Hund mit 38 Touren durch das Elbsandsteingebirge sowie acht Etappen auf dem Malerweg. Ihre genaue Kenntnis der Sächsischen Schweiz – auch ihr Mann war hier viele Jahre Kletterlehrer, Tourenführer und hat bereits Wanderbücher über das Mittelgebirge veröffentlicht – und ihre Erfahrung als Hundeführerin in der Rettungshundestaffel haben ihr dabei geholfen.
In der Reihe „Wandern mit Hund“ des Rother Bergverlages aus München ist ihr Buch erschienen. Nummer zwei, in der sie hundegängige Touren durch den Frankenwald beschreibt, ist in Arbeit.

Ihr Ziel: Die Hindernisse möglichst präzise zu beschreiben und Schwierigkeitsstufen konkret zu benennen. So können Hundebesitzer ihre Wanderungen optimal planen, sobald die Wälder wieder betreten werden dürfen. Zu den Beschreibungen für den Menschen, die die Ausgangspunkte der Wanderungen, Anfahrt mit Auto oder öffentlichen Verkehrsmitteln, Gehzeit, Höhenunterschied, Anforderungen an die Kondition sowie Einkehrmöglichkeiten umfassen, hat sie jede Tour auch für die Hunde eingeschätzt.
Jetzt Teil des SZ Deals WhatsApp-Kanals werden und jede Woche von tollen Angeboten & Rabatten profitieren
Was verlangt sie ihnen ab? Gibt es Holz- und Sandsteintreppen, die die meisten Hunde gehen können? Oder sind die Treppen aus Gitterrosten, die für Hunde mit Höhenangst unüberwindbare Hürden sind? Wo befinden sich Wasserstellen? Ein Pfotenpiktogramm in Blau, Rot oder Schwarz macht auf einen Blick ersichtlich, ob die Wanderung für die Tiere leicht, mittel oder schwierig ist.
„Leicht“ bedeutet dabei nicht anspruchs- oder gefahrlos. „Abseits der Wanderwege kann trotzdem Absturzgefahr bestehen“, sagt Rößner. Für mittelschwere Touren muss der Hund Kondition und Ausdauer besitzen, denn sie enthalten häufig steile, teils sehr schmale Holz- oder Gittertreppen. Gibt es Leitern, können die Hunde sie aber umgehen. Schwarzpfoten-Touren sind richtig anspruchsvoll. Die Steige sind ausgesetzt, teils absturzgefährdet, Leitern müssen erklommen werden, größere Sprünge über Kletterstellen können nötig sein. Der Hund muss nicht nur körperlich fit, sondern auch gut erzogen und folgsam sein. Sonst wird es für ihn gefährlich.
Mops oder Französische Bulldogge sind keine Wanderhunde
„Was ein Hund leisten kann, ist immer individuell von seinem Trainingsstand, dem Alter, seiner Gesundheit und auch vom Wetter abhängig“, sagt Annika Schäfer von der Sächsischen Landestierärztekammer. „Für richtige Wandertouren wird eine kurze Gassirunde um den Block als Training nicht ausreichen. Aber was ein Standardmensch, also kein Extremsportler, bewältigen kann, das schafft ein fitter Hund auch“, sagt die Tierärztin.
Kurzköpfige Rassen wie Mops oder Französische Bulldogge sind wegen ihrer zahlreichen zuchtbedingten gesundheitlichen Schäden keine Wanderhunde. Bei Schoßhündchen kommt wohl ohnehin niemand auf die Idee. Kurzbeinige wie Dackel oder Terrier hingegen sind ursprünglich als Jagdhunde gezüchtet und für die Bewegung im Gelände gemacht – mit Abstrichen. Denn wegen seiner Anatomie erkraxelt auch ein Dackel hohe Stufen im Gebirge nicht. Annika Schäfer warnt in jedem Fall vor übertriebenem Menschen-Ehrgeiz und durchgetakteten, straffen Wanderplänen. „Was man sich vornimmt, schafft man nicht immer. Man braucht einen Puffer und der Hund braucht Pausen.“
Jetzt Teil des SZ Deals WhatsApp-Kanals werden und jede Woche von tollen Angeboten & Rabatten profitieren

Einlegen sollte der Mensch sie, wenn sein Tier stark hechelt, sich ablegt, sehr viel schnuppert und generell zeigt: Ich bin k. o.! Dann sollte der Hund zu trinken bekommen und sich ablegen dürfen – und nicht mit den Kindern eine Runde Ball spielen. Ein kleiner Snack kann gegeben werden. Aber von umfangreichen Mahlzeiten rät die Tierärztin ab. Wenn der Hund nach der Pause weiter tobt, könnte sich der Magen drehen, was gerade bei großen Tieren lebensgefährlich werden kann.
Franziska Rößner, die anspruchsvolle Wandertouren liebt, bereitet alle ihre Hunde intensiv darauf vor. Sie führt sie auf Aussichtstürme, gewöhnt sie auf den Treppen des Chemnitz Centers an Gitterroste, lässt sie über Mauern oder Hängebrücken balancieren, auf Baumstämmen wenden. „Das ist sehr nützlich und hält sie körperlich und geistig fit“, sagt die 48-Jährige.
So trainiert, sind selbst die Leitern an der Schrammsteinaussicht, die man nicht nur hoch, sondern auch wieder absteigen muss, kein Problem für Vreni und Gusti. Außerdem fördert eine so intensive Beschäftigung miteinander die Bindung an und die Konzentration auf den Menschen. „Ganz wichtig ist, dass der Hund sich an der Leine führen lässt oder gelernt hat, hinter mir zu laufen. Das kann für ihn lebensrettend sein“, sagt Franziska Rößner und nennt ein Beispiel. „Die Friensteinstiege hat kein Geländer. Zerrt der Hund vorneweg, fliege ich hinterher.“ Mit Gusti und Vreni ist das nie passiert. Die beiden hören aufs Wort.
Ausrüstung und Erste-Hilfe-Set für den Hund
Nicht nur der Mensch braucht gutes Schuhwerk, Wanderkleidung, Wasser und Snacks. Auch für die Bedürfnisse des Hundes sollte auf Touren gesorgt sein.
- Wasser: Ein körperlich aktiver Hund benötigt bis zu 50 Milliliter Wasser pro Kilogramm Körpergewicht, an heißen Tagen auch mehr. Auf Wanderungen sollte daher mindestens 1,5 Liter Wasser pro Tier mitgenommen werden. Ein faltbarer Trinknapf spart Platz im Gepäck.
- Leckerlis: Sie dienen als Snack zwischendurch und sind auch als Motivation an schwierigen Kletterstellen hilfreich.
- Kottüten, Maulkorb: Hinterlassenschaften sind selbstverständlich zu beseitigen und auch ein Maulkorb ist Pflicht – in öffentlichen Verkehrsmitteln. Verletzt sich der Hund und muss behandelt werden, reagiert er oft anders als normal. Dann dient der Maulkorb auch als Schutz für den Halter.
- Leine: Die Leine sollte zwei bis drei Meter oder flexibel sein. Aus Sicherheitsgründen sollte man sie nicht am eigenen Körper befestigen.
- Erste-Hilfe-Set: Hunde verletzen sich gerade an den Pfoten schnell, treten sich Scherben, Dornen oder Grannen ein, reißen sich an herumliegenden Kronkorken auf. Auch langes Laufen über heißen Asphalt kann die Ballen reizen. Daher sollten Pinzette, Wunddesinfektionsmittel, Zeckenzange, Verbandsmaterialien wie Mullbinden, sterile Kompressen und Pflasterrolle eingepackt werden. Wenn sich das Tier an den Pfoten verletzt hat, tun Pfotenschuhe gute Dienste. Bei klaffenden Wunden, allergischen Reaktionen zum Beispiel auf Insektenstiche oder aber Symptomen, die auf einen Hitzschlag hindeuten, sollte ein Tierarzt aufgesucht werden.
- Brustgeschirr: Auf Wanderungen sind Geschirre praktischer als Halsbänder, mit denen sich der Hund gerade im Gebirge strangulieren kann. Viele Geschirrmodelle haben Haltegriffe auf dem Rücken. Sie ermöglichen es, dem Hund beim Überwinden von Hindernissen zu helfen.
Im Grenzgebiet oder Ausland ist es nötig, den EU-Heimtierausweis mit den aktuellen Impfungen bei sich zu führen.
Quellen: Franziska Rößner, rnw, dpa