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Nach Verlust der Freundin bleibt Deutschlands ältester Elefant allein

Targa ist der älteste Elefant Deutschlands - und seit einem Jahr allein. Denn damals hat sie ihre langjährige Gefährtin Burma verloren. Warum sie nun nicht mehr mit anderen Elefanten zusammenleben kann.

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Die 67-jährige asiatische Elefantenkuh Targa nimmt im Elefantenhaus des Augsburger Zoos Sand mit ihrem Rüssel auf und verteilt in über ihrem Körper.
Die 67-jährige asiatische Elefantenkuh Targa nimmt im Elefantenhaus des Augsburger Zoos Sand mit ihrem Rüssel auf und verteilt in über ihrem Körper. © Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Mit ihren Ohren fächert sie sich Wind zu, mit dem Schwanz wedelnd vertreibt sie Fliegen. Gemächlich verdrückt sie eine Banane nach der anderen. Etwa 50 davon isst die Elefantenkuh Targa täglich im Augsburger Zoo. Außerdem bekommt sie 40 Kilogramm Gemüse, doch das muss gedünstet sein.

Denn mit 67 Jahren ist Targa nach Angaben des Zoos der älteste Elefant Deutschlands. Auch weltweit gehöre das Tier zu den ältesten Elefanten in menschlicher Obhut überhaupt. In Menschenleben umgerechnet wäre Targa etwa 100.

Essen geht da nicht mehr so leicht. "Elefanten bekommen sechs Mal im Leben neue Zähne. Targa hat ihre seit über 20 Jahren", sagt Tierpfleger Marcus Linder. Außer ihm und seinen Kollegen ist niemand im Gehege. Targa ist allein. Denn vor einem Jahr, am 16. Juni 2021, ist ihre Gefährtin Burma im Alter von 53 Jahren gestorben.

Nachdem die beiden Elefanten 34 Jahre gemeinsam verbracht hatten, musste die Elefantenkuh eingeschläfert werden. Targa hat das schwer getroffen. Noch Wochen später habe sie nach Burma gesucht, erzählt Linder. Sie sei sehr in sich gekehrt, gebe nicht mehr viele Laute von sich.

Targa greift im Freigelände des Elefantenhauses im Augsburger Zoo mit ihrem Rüssel nach einem Stück Brot.
Targa greift im Freigelände des Elefantenhauses im Augsburger Zoo mit ihrem Rüssel nach einem Stück Brot. © Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Mit den Nachbarinnen Louise und Frosja will sie wenig zu tun haben. Die beiden Elefantenkühe haben ihren eigenen Bereich im Stall. Eigentlich sollten alle drei nach Burmas Tod zusammenleben. Doch Elefanten haben Hierarchien und Louise will sich nicht unterordnen. "Das Risiko ist zu groß, dass die anderen beiden auf Targa losgehen und sie stark verletzen", meint Linder.

Elefantenforscherin Angela Stöger-Horwath von der Universität Wien erklärt den Hintergrund: "Elefanten leben in Familiengruppen angeführt von der Leitkuh. Die Kuh mit der größten Erfahrung führt die Herde an." Später trete die Tochter dann oft in ihre Fußstapfen.

In freier Wildbahn ist die Rangordnung also geklärt. Wenn aber im Zoo verschiedene Elefanten zusammengelegt werden, muss sich ein Leittier erst durchsetzen. Nun lebt Targa eben neben, nicht mit den beiden anderen Elefanten.

Zwischen Mensch und Tier bleibt stets ein Zaun

Als sie an Louise vorbeigeht, streckt diese ihren Rüssel durch den Zaun. Es sieht liebevoll aus, wie sich ihre Rüssel berühren. Doch das täuscht, meint Linder: "Wäre Targa noch nähergekommen, hätte Louise ihr eine verpasst."

Louise und Frosja werden mit sogenanntem geschützten Kontakt gehalten. Zwischen Mensch und Tier bleibt stets ein Zaun. Targa ist noch anderes gewöhnt, lässt sich sogar streicheln. Allerdings hat das einen brutalen Hintergrund. Targa wurde noch nach "alter Schule" gezähmt. Dabei verhält sich der Pfleger wie der Herdenchef und setzt sich im Zweifel auch mit Gewalt durch.

Außerdem werden die Tiere zeitweise angekettet. Als Targa 1955 in Indien zur Welt kommt, ist es noch üblich, für die Zoologischen Gärten Elefantenkinder in freier Wildbahn von ihren Familien zu trennen. Wie sie genau in Menschenhand kam, ist unklar. Mit sechs Jahren landet Targa in Deutschland - erst Hamburg, dann Osnabrück.

© Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Seit 1987 ist sie in Augsburg. Die schlechte Behandlung ist für Targa inzwischen Geschichte. Angekettet werden Elefanten in Augsburg seit 2004 nicht mehr. Dass sie ihre Vergangenheit noch beschäftigt, glaubt Pfleger Marcus Linder nicht: "Ein Elefant hat kein aktives Gedächtnis wie der Mensch. Targa erinnert sich nur an früher, wenn sie etwa mit einem Gegenstand oder Geräusch aus der Zeit konfrontiert wird". Stöger-Horwath hält diese Darstellung allerdings für Spekulation. Man wisse nicht genau, wie ein Elefantenhirn funktioniert, betont die Wissenschaftlerin.

Unabhängig davon ist seit langem umstritten, ob Elefanten überhaupt in Zoos gehören. Der Deutsche Tierschutzbund sieht dies "sehr kritisch" und bezweifelt, dass die riesigen Säugetiere artgerecht gehalten werden können. Die Tierschutzorganisation Peta lehnt die Haltung von Wildtieren in Zoos generell ab und spricht von "Gefängnissen für Tiere".

Gegner der Zoohaltung verweisen auf die Lebenserwartung. Laut einer älteren Studie liegt diese bei Elefanten in Zoos unter 20 Jahren. Kritiker dieser Untersuchung wiederum merken an, dass die Forscher die Besserung der Haltungsbedingungen ausgeklammert haben. Wo genau die Lebenserwartung liegt, ist letztlich umstritten.

Klar ist aber: Mit 50 Jahren ist ein Elefant sehr alt. Dass Targa so viel älter werden konnte, liegt laut Linder an den Genen, mentaler Gesundheit und sorgfältiger Pflege. Doch mittlerweile leidet die alte Dame an Arthrosen und hat Abszesse an den Beinen. "Wenn Targa vor Schmerzen nicht mehr laufen kann, müssen wir sie einschläfern", sagt ihr Pfleger. Doch ob und wann das passiert, ist schwer zu sagen. (dpa)