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Vogelgrippe lässt Hunderte Robben verenden

Die schwerste jemals dokumentierte Vogelgrippewelle macht Artenschützern Sorgen. Immer wieder sind auch Säugetiere betroffen - Robben gar in großer Zahl. Steigt das Risiko für den Menschen?

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Eine Heringsmöwe und Kegelrobben auf Monomoy Island: In den USA hat es ein Massensterben unter Robben im Zuge der aktuell kursierenden Vogelgrippe gegeben.
Eine Heringsmöwe und Kegelrobben auf Monomoy Island: In den USA hat es ein Massensterben unter Robben im Zuge der aktuell kursierenden Vogelgrippe gegeben. © Milton Levin/Permit # NMFS 21719-01/Tufts/dpa

Medford. In den USA hat es ein Massensterben unter Robben im Zuge der aktuell kursierenden Vogelgrippe gegeben. In Neuengland im Nordosten der USA seien Hunderte Seehunde und Kegelrobben an H5N1 verendet, berichtet ein Forschungsteam der Tufts University in Medford (USA) im Fachjournal "Emerging Infectious Diseases".

Seit einiger Zeit grassiert die schwerste jemals dokumentierte Vogelgrippewelle bei Vögeln. Sie erstreckt sich über mehrere Erdteile. Zig Millionen Tiere starben bereits, insbesondere Seevögel. Bekannt ist, dass die kursierende H5N1-Entwicklungslinie 2.3.4.4b auch Säugetiere wie Nerze, Füchse, Waschbären, Marder und Bären infiziert und tötet. Meist handelt es sich dabei um Einzelnachweise.

In Peru allerdings starben nach Angaben der Tufts University kürzlich etwa 3.500 Seelöwen an dem Virus, Kanada meldete ein Robbensterben an der St.-Lorenz-Mündung. Zudem habe es Berichte aus Russland über ein ähnliches Ereignis bei Robben im Kaspischen Meer gegeben.

Das Team um Wendy Puryear und Kaitlin Sawatzki wertete nun Daten zu Erregeranalysen von Proben toter, kranker, aber auch gesunder Tiere aus. Die Vogelgrippe war bei Vögeln und einigen Säugetieren in Neuengland seit Januar 2022 fortlaufend mit Tests überwacht worden. Demnach starben allein im Juni und Juli 2022 entlang der Nordatlantikküste mehr als 330 Seehunde und Kegelrobben an der Vogelgrippelinie 2.3.4.4b.

Zum Zeitpunkt des Robbensterbens in Neuengland habe das Virus auch Möwen besonders hart getroffen, erläutern die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Teilweise gebe es paarweise Proben, manchmal buchstäblich von einem Vogel und einer Robbe am selben Strand, erklärte Puryear. Eine Robbe könne sich anstecken, wenn sie mit Exkrementen eines kranken Vogels oder mit dadurch verunreinigtem Wasser in Berührung komme, oder wenn sie einen infizierten Vogel fresse.

Dass H5N1 bei Wasservögeln zu fast 100 Prozent tödlich ist, sei bekannt. Die Studie zeige nun, dass dies auch für Säugetiere gelten könnte: Alle Robben, die positiv auf das Virus getestet wurden, waren zum Zeitpunkt der Probenahme bereits tot oder erlagen dem Erreger kurz darauf.

Diskutiert werde noch die Frage, ob das Virus auch zwischen Robben übertragen wird. "Es wäre nicht überraschend, wenn es zu einer Übertragung zwischen Robben kommen kann, da dies bei der niedrig pathogenen Vogelgrippe bereits so war", sagte Puryear. Definitive Nachweise fehlen aber noch - für Robben und generell für eine Übertragung von Säugetier zu Säugetier.

Experten haben Sorge, dass sich das Virus besser an Säugetiere und damit auch den Menschen anpassen könnte. Bisher wird nur ein Todesfall in China nachweislich auf die derzeit kursierende Gruppe von Vogelgrippe-Viren zurückgeführt. Bei der im Oktober gestorbenen Frau sei das H5N1-Virus der Gruppe 2.3.4.4b festgestellt worden, hatte das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) kürzlich mitgeteilt. Sie sei 38 Jahre alt gewesen und habe Kontakt zu infiziertem Hausgeflügel gehabt. Sie bekam eine schwere Lungenentzündung und starb im Krankenhaus.

Beunruhigt hatte Experten ein Vogelgrippe-Ausbruch auf einer spanischen Nerzfarm im Oktober 2022. Es gebe bei den Tieren Hinweise, dass sich der Erreger genetisch besser an Säugetiere anpasst hat, hieß es. Ob es in der Farm Übertragungen von Tier zu Tier gab oder einen anderen Ansteckungsweg etwa über Futter, ist bisher unklar. Übertragungen von Säugetier zu Säugetier würden ein höheres Risiko für den Menschen bedeuten. (dpa)