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Tierheim fehlen die Ein-Euro-Jobber

Weil Arbeitskräfte fehlen, muss der Betreiber Konsequenzen ziehen. Auch ganz Persönliche.

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Von Stefan Lehmann

Urlaub hatte Uwe Brestel seit Jahresanfang noch keinen einzigen Tag, sagt er. Zu viel war zu tun rund um das Tierheim – und noch viel mehr ist trotzdem auf der Strecke geblieben. „Die Quarantäne für die Katzen sollte zum Beispiel schon längst fertig sein“, sagt Brestel. Stattdessen werden die Fliesen dort wohl demnächst in einer Nachtaktion verlegt werden müssen, fürchtet er. Seit Anfang dieses Jahres ist das Tierheim personell deutlich schwächer besetzt. „Wir bekamen sonst immer drei Ein-Euro-Jobber vom Jobcenter vermittelt“, erklärt Uwe Brestel. Doch 2018 wurde diese Zahl auf maximal einen heruntergesetzt. Das macht sich bemerkbar, zumal auch diese Stelle nicht immer besetzt ist. „Ich hatte auch schon Fälle, dass niemand gekommen ist.“ Die zusätzlich anfallende Arbeit muss der Chef mit erledigen, damit bleibe automatisch an anderer Stelle welche liegen. Derzeit habe er fünf Leute auf den Stundenplänen stehen. „Mit denen muss ich zwei Schichten absichern, auch an den Wochenenden und Feiertagen.“ Ein wenig Unterstützung bekommt das Riesaer Tierheim dabei auch aus Großenhain. Armin Krake vom dortigen Tierschutzverein ist regelmäßig vor Ort, um zu helfen. Er kennt das Personalproblem vieler Tierheime. „Sie brauchen eben auch immer zwei Leute in einer Schicht, falls doch mal etwas passiert.“ Die viereinhalb Stellen im Tierheim sind da schnell aufgebraucht.

Aus dem Jobcenter heißt es, im Landkreis stünden derzeit insgesamt weniger sogenannter „Arbeitsgelegenheiten mit einer Mehraufwandsentschädigung“ (AGH) zur Verfügung, wie die Ein-Euro-Jobs offiziell heißen. Denn in diesem Jahr habe der Bund weniger Geld dafür zur Verfügung gestellt. „Dies führte zu einer Reduzierung der Teilnehmerstellen insgesamt im Bereich der kommunalen AGHs und betraf mithin nicht nur das Tierheim Riesa“, teilt Landratsamts-Sprecherin Helena Musall mit. Im vergangenen Jahr seien landkreisweit 2 556 Personen in AGH beschäftigt gewesen. 2018 werden es weniger sein; wie viele genau, darüber lägen keine Zahlen vor. Ob sich die Situation im kommenden Jahr entspannen wird, teilte die Sprecherin nicht mit.

Im Tierheim hat man nun die Konsequenzen aus dem Mitarbeiter-Mangel gezogen: Seit November wurden die Öffnungszeiten drastisch eingeschränkt. „Vorher hatten wir ja quasi immer geöffnet“, sagt Uwe Brestel. Mittlerweile ist das Heim in Göhlis nur noch an drei Tagen unter der Woche geöffnet. In Notfällen und nach telefonischer Vereinbarung werde aber auch weiterhin ein Mitarbeiter vor Ort sein, betont Uwe Brestel. Verstärkt auf ehrenamtliche Helfer zu setzen, das klinge einfacher als es ist. Eine versicherungsrechtliche Frage sei das vor allem. Zumal neue Helfer erst einmal mehr Arbeit machen, weil sie eingearbeitet werden müssen. „Ich hatte schon Fälle, da hieß es nach einem Tag: Na, das ist doch nichts für mich.“ Für das Tierheim ist das bei allem guten Willen ärgerlich. Am liebsten würden die Tierschützer aber ordentlich bezahlte Mitarbeiter einstellen. „Die Lösung kann eigentlich bloß sein, erst einmal das Notwendigste abzusichern“, sagt deshalb auch Armin Krake. Dauerhaft bräuchte es mehr Geld von den Kommunen oder dem Land, sagt er. Dann könnte das Tierheim bestenfalls sogar einen ausgebildeten Tierpfleger einstellen. „Man darf nicht vergessen, dass Tierheime Dienstleister für die Städte sind. Aber statt sie nach der Leistung zu bezahlen, gibt es nur eine Pauschale.“ Die reiche hinten und vorne nicht. „Dabei wäre hier schon eine halbe Stelle mehr eine Hilfe.“

Kontakt: 03525 632826 oder [email protected]