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Tierschützer kastrieren Katzenjules Katzen

In Grödel leben die Tiere in einer vermüllten Scheune. Sie sollen Enkel der Katzen sein, die der ermordeten Frau gehörten.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Britta Veltzke und Klaus-Dieter Brühl

Nünchritz/Riesa. Nur zwei von etwa einem Dutzend verwilderter Hauskatzen können Uwe Brestel, Chef des Riesaer Tierheims, und seine Kollegin Sindy Schneider diese Woche mitnehmen. Auf einem Hof in Grödel laden sie die Körbe mit den Tieren in ihren Transporter – und ab geht’s zur Kastration in einer Tierarztpraxis in Kalkreuth. Den Kontakt hat der Tierschutzverein Großenhain hergestellt. Die Kosten trägt allerdings das Riesaer Tierheim – zum Ärger von Uwe Brestel. Mehr als 100 Euro zahlt sein Verein pro Tier für Kastration, Entflohung und Entwurmung. Und das, obwohl der Riesaer Tierschutzverein gar nicht für Nünchritz zuständig ist. „Territorial gesehen, geht es mich eigentlich nichts an. Es gibt leider keinen entsprechenden Vertrag zwischen uns und der Gemeinde Nünchritz“, so Brestel. Und trotzdem ist der Riesaer Verein dem Hinweis eines Vereinmitgliedes gefolgt und hat sich ein Bild von den Tieren gemacht. Tierliebe kennt eben keine Grenzen. Nünchritz’ Bürgermeister Gerd Barthold konnte die SZ am Freitag nicht für eine Stellungnahme erreichen.

Günter Wietschorke kümmert sich ein wenig um die Tiere.
Günter Wietschorke kümmert sich ein wenig um die Tiere. © Klaus-Dieter Brühl
Rund ein Dutzend Hauskatzen lebt in der vermüllten Scheune.
Rund ein Dutzend Hauskatzen lebt in der vermüllten Scheune. © Klaus-Dieter Brühl

Eingefangen hat die Katzen Günter Wietschorke. Mehr als zwei Tiere hat er vor dem Eintreffen der Tierschützer allerdings nicht erwischen können. Zu scheu sind die Vierbeiner. Der alte Mann lebt in einer Wohnung auf dem Hof in Grödel. Den Katzen gibt er zu fressen. Sie streunen durch die Gegend und schlafen in der vermüllten Scheune. Weil die ausgewachsenen Tiere verwildert sind, kommen sie nach der Kastration auch zurück auf den Hof. „Das sind gestandene Katzen. Die lassen sich nicht mehr vermitteln“, erklärt der Tierheimchef. Während die älteren Katzen in einem vergleichsweise guten Zustand seien, gehe es den Jungen schlecht, so Brestel. Zwei Katzenbabys mit Katzenschnupfen hat er mit ins Tierheim genommen, obwohl die Krankenstation schon voll ist. „Die Infektionskrankheit kann dazu führen, dass die Tiere erblinden oder sterben. Deswegen muss man bei Katzenschnupfen schnell handeln“, so der Tierschützer. Derzeit landeten auffällig viele kranke Katzen bei ihm.

In der Scheune, in der die Katzen hausen, türmen sich alte Elektrogeräte, Holzreste, kaputte Möbel – alles Dinge, die seiner Zeit Vera Marotz zusammengesammelt hat. Und auch die Katzen sind laut Hofbewohner Günter Wietschorke die Nachfahren der Tiere, um die sich einst die „Katzenjule“ gekümmert hat. 2004 war die Seniorin an der Grödeler Straße brutal ermordet worden. Die bis heute nicht aufgeklärte Tat an der 66-jährigen Frau, die ihren Spitznamen wegen ihrer Liebe zu den Tieren trug, hatte für Entsetzen gesorgt. In dem Fall gibt es auch knapp 14 Jahre nach dem Mord keine Neuigkeiten. „Die Ermittlungen dauern an“, teilt die Polizei auf Anfrage mit.

Sofern sie sich einfangen lassen, will Tierheimchef Uwe Brestel in der kommenden Woche auch noch die restlichen Katzen zur Kastration nach Kalkreuth bringen – damit nicht noch weitere Nachkommen von Katzenjules Katzen zur Welt kommen.

Wer für die Kastration von Katzen in der Region spenden will, kann Geld auf folgendes Konto überweisen: Tierschutzverein Riesa, Commerzbank, IBAN DE45 8504 0000 0655 0016 00, BIC COBADEFFXXX