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Toiletten standen mitten im Raum

Die JVA Zeithain nutzt noch immer das 1977 eröffnete Hafthaus. Das Innere der Zellen hat sich seitdem stark gewandelt.

Von Antje Steglich
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Die Viermannzellen in der Strafvollzugseinrichtung Zeithain waren zu DDR-Zeithain den privilegierten Häftlingen vorbehalten. Das Bild entstand 1989 bei Dreharbeiten von Spiegel TV.
Die Viermannzellen in der Strafvollzugseinrichtung Zeithain waren zu DDR-Zeithain den privilegierten Häftlingen vorbehalten. Das Bild entstand 1989 bei Dreharbeiten von Spiegel TV. © Spiegel TV

Zeithain. Überbelegung in den Zellen, keine Privatsphäre und katastrophale hygienische Bedingungen – so beschreiben ehemalige Häftlinge den Strafvollzug in der DDR. Und auch wenn das Gefängnis in Zeithain erst 1977 neu gebaut wurde und als das modernste in der DDR gilt, sind die Bedingungen damals weit entfernt von den heutigen. Ein Vergleich.

Überbelegung im Gefängnis gibt es damals wie heute

Die Zeithainer Strafvollzugseinrichtung (StVE) wurde 1977 eröffnet und war ausgelegt für 680 Häftlinge, zu Spitzenzeiten waren dort laut Zeitzeugen aber sogar 800 untergebracht. Das alte Hafthaus wird noch heute von der Justizvollzugsanstalt (JVA) genutzt – allerdings nur noch für knapp 200 Häftlinge. Ein weiteres Hafthaus für noch einmal etwa 200 Gefangene entstand im Jahr 2000. Offiziell hat die JVA Zeithain derzeit 395 Haftplätze – und auch heute noch gibt es Zeiten der Überbelegung. Nicht nur, weil in Sachsen eine JVA bereits bei einer Belegungsquote von 90 Prozent als voll belegt gilt. 2015 zum Beispiel mussten kurzzeitig sogar zusätzliche Betten in den Zellen aufgestellt werden. Seit 2016 ist die Belegungssituation in sächsischen Gefängnissen quasi dauerhaft angespannt, heißt es vom Justizministerium.

Einzelzellen sind die Ausnahme – in Zukunft aber die Norm

Einzelunterbringung gibt es in Zeithain damals wie heute nur für „schwierige Fälle“ aus gesundheitlichen oder erzieherischen Gründen. Standard ab 1977 waren Gemeinschaftszellen mit zwei Räumen für 16 Häftlinge. In einem Raum standen dicht gedrängt acht Doppelstockbetten, in dem anderen Bänke und Tische für die Freizeit. Insgesamt waren diese Zellen gut 30 Quadratmeter groß. Die besser gestellten Häftlinge, zum Beispiel die Brigadiere der Arbeitskommandos, kamen dagegen in Viermannzellen unter, die 16 Quadratmeter groß waren.

Aktuell ist für die JVA Zeithain die Zweimann- oder Dreimannbelegung in 16 beziehungsweise 33 Quadratmeter großen Zellen typisch. In der neuen JVA Zwickau, die Zeithain einmal ablösen soll, werden die Gefangenen dagegen vorwiegend einzeln untergebracht.

Die sanitären Einrichtungen sind lange Zeit ein Problem

Die Gemeinschaftsduschen befinden sich in der JVA Zeithain noch immer auf dem Gang und können nur zu den Aufschlusszeiten genutzt werden. Waschbecken und Toilette befinden sich in der Zelle, das WC wurde nach der Wende erst mit Stoffvorhängen, später dann mit Trockenbauwänden abgetrennt. Zu DDR-Zeiten gab es keinerlei Sichtschutz. Die Toiletten standen teils mitten im Raum und wurden auch nur im Notfall benutzt, wie Zeitzeugen berichten. Bis in die 1960er und in Einzelfällen weit darüber hinaus waren viele Strafvollzugseinrichtungen der DDR aber nicht einmal mit Toiletten ausgestattet. Die Häftlinge nutzten stattdessen einfache Eimer.

Die 16 Quadratmeter großen Räume nutzt die JVA Zeithain heute für die Zweimann-Unterbringung 
Die 16 Quadratmeter großen Räume nutzt die JVA Zeithain heute für die Zweimann-Unterbringung  © Sebastian Schulz

Fernseher und Radio waren damals tabu und sind heute erwünscht

Der Komfort der Häftlinge im Gefängnis hat sich in den vergangenen 40 Jahren stark gewandelt. Nach der Eröffnung der StVE waren die Zellen mit Betten, Tischen, Stühlen und Spinden ausgestattet. Darüber hinaus wurde den Häftlingen Bettzeug, Besteck und Seife zur Verfügung gestellt. Pflegemittel, Kaffee, Zigaretten oder Ähnliches durften im Gefängniskonsum gekauft werden. Allerdings war zum Beispiel die Anordnung dieser Dinge im Spind genau vorgeschrieben. Radio oder Fernseher in der Zelle waren nicht erlaubt, auch keine Verschönerungen des Raumes.

Heute sind Fernseher in der Zelle nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht. Denn sie sorgen für Ablenkung. Auch Spielekonsolen ohne Internetzugang, Ventilatoren oder Kaffeemaschinen sind erlaubt. Die Zellen dürfen zudem mit Postern oder Grünpflanzen verschönert werden. Zur Grundausstattung gehören in der JVA Zeithain Bett, Tisch, Stühle, ein abschließbarer Doppelschrank und diverse Regale.

Der nächste und letzte Teil der Serie „Zwischen Haft und Hölle“ erscheint am 28. Dezember in der SZ. Ein Journalist erzählt dann im Interview, wie er die Wende im Zeithainer Gefängnis miterlebte.

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