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Tollhaus Käbschütztal

Der Gemeinderat will den Bürgermeister entmachten und fasst dazu zwei Beschlüsse. Die sind aber doppelt rechtswidrig.

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© Claudia Hübschmann

Von Jürgen Müller

Käbschütztal. In der Gemeinde Käbschütztal geht es weiter drunter und drüber. Der Gemeinderat leistete sich jetzt das nächste Stück aus dem Tollhaus. In nichtöffentlicher Sitzung wollten die Gemeinderäte Bürgermeister Uwe Klingor (CDU) entmachten, jedenfalls, was weitere Fusionsgespräche mit anderen Städten und Gemeinden angeht. Sie beschlossen auf Antrag der Wählergemeinschaft Bürger für Käbschütztal und des Vertreters der Partei Die Linke einstimmig, dem Bürgermeister das Mandat für Gespräche und Verhandlungen zum Thema Zukunft der Gemeinde zu entziehen. Dies wollen die Gemeinderäte künftig ausschließlich selbst machen.

Bürgermeister Uwe Klingor (CDU) sollte entmachtet werden. Der Schuss ging nach hinten los.
Bürgermeister Uwe Klingor (CDU) sollte entmachtet werden. Der Schuss ging nach hinten los. © Claudia Hübschmann

Zu diesem Zweck soll eine Arbeitsgruppe Fusion, bestehend aus den Gemeinderäten Dieter Buhlig (Wählervereinigung Käbschütztal), Thorsten Uhlemann (Bürger für Käbschütztal), Jens Langer (CDU), Udo Scholz (Wählervereinigung Käbschütztal) und Hans-Joachim von Zahn (Bürger für Käbschütztal), gegründet werden. Das Gremium nehme, je nach Bedarf und mit unterschiedlicher Besetzung die erforderlichen Termine, Gespräche und Verhandlungen wahr und stimme sich gegenseitig ab, heißt es weiter in dem Beschluss.

Begründet wird dies damit, dass in der finanziellen Krise der Gemeinde Zweifel angebracht seien, ob die Zusammenarbeit zwischen dem Gemeinderat und dem Bürgermeister zielführend und effizient erfolgen könne. Hinzu käme, dass der Bürgermeister zum Thema Fusion eine völlig andere Position einnehme als der Gemeinderat. Deshalb erachte dieser es für notwendig, sämtliche Aktivitäten der Gemeinde in Sachen Fusion selbst in die Hand zu nehmen.

Doch darf der Gemeinderat solche einen Beschluss überhaupt fassen, zudem in einer nichtöffentlichen Sitzung, oder hat er damit seine Kompetenzen überschritten? Manfred Engelhard, der Leiter des Rechts- und Kommunalamtes des Landkreises Meißen, hat dazu eine eindeutige Position: „Nein, das darf er nicht. Dieser Beschluss ist eindeutig rechtswidrig“, sagt er. Der Bürgermeister sei der gewählte Vertreter der Gemeinde und müsse diese in allen Angelegenheiten nach außen hin vertreten, sagt er. Der Gemeinde sei inzwischen ein Anhörungsbogen geschickt worden, auf dem sie zu dem Vorgang Stellung nehmen muss. Doch klar ist schon jetzt: Der Beschluss muss vom Gemeinderat zwingend aufgehoben werden. „Geschieht dies nicht, werden wir als Rechtsaufsichtsbehörde dies tun“, so Engelhard.

Rechtswidrig ist der Beschluss auch aus einem anderen Grund. Er hätte nicht in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden dürfen. „Gemeinderatsitzungen sind öffentlich, außer, es geht um Personalangelegenheiten. Das können wir hier aber nicht erkennen“, so der Chef des Rechts- und Kommunalamtes. Man habe sich mit dieser Frage aber nicht weiter beschäftigt, weil der Beschluss schon aus den anderen genannten Gründen rechtswidrig sei.

In einem weiteren, ebenfalls nichtöffentlich gefassten Beschluss, wird die Verwaltung, vertreten durch den Bürgermeister, aufgefordert, bis zur Februarsitzung das Konzept für den Haushalt 2018 zur öffentlichen Diskussion vorzulegen. Zudem habe er bis zum April das Haushaltsstrukturkonzept mit dem Antrag auf Bedarfszuweisungen vorzulegen. Sollte dies nicht geschehen, werde der Gemeinderat in seiner Sitzung im April einen Beschluss fassen, dass unverzüglich ein Zwangsverwalter für die Gemeinde eingesetzt werde.

Auch dieser Beschluss ist rechtswidrig. Den Begriff des Zwangsverwalters gebe es so nicht, sagt Engelhard. Nur wenn bestimmte Bereiche in der Verwaltung nicht mehr funktionierten und der Gemeinderat seine Arbeit nicht mehr erledige, könne ein Verwalter für diese Bereiche eingesetzt werden. Daran seien aber sehr hohe Hürden gebunden, denn dies sei ein erheblicher Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung, so die Rechtsaufsicht. „Dies entscheidet aber nicht der Gemeinderat, sondern die Rechtsaufsicht. Der Gemeinderat kann sich seiner Verantwortung nicht einfach entziehen, indem er einen externen Verwalter einsetzt“, so Manfred Engelhard. Auch dieser Beschluss muss also wieder aufgehoben werden.

Offenbar weiß der Gemeinderat nicht, was er will. So hatte Udo Scholz in der Januar-Sitzung ein Konzept vorgestellt, wie die Gemeinde künftig eigenständig bleiben kann. Ein Punkt darin war, dass es jetzt wieder einen hauptamtlichen Bürgermeister geben soll. Auch wenn es nicht ausgesprochen wurde, war klar, dass dieser nicht Klingor heißen soll.

Ginge auch nicht, denn bei Erreichen des 65. Lebensjahres im Oktober dürfte er sowieso nicht mehr antreten. Er, der derzeit ehrenamtlich arbeitet, könnte nur von sich aus zurücktreten. Doch daran denkt er nicht. „Es ist richtig, dass ich in Sachen Fusion eine andere Meinung als die meisten Gemeinderäte habe. Für mich sind alle Fusionsbemühungen gescheitert. Meine Meinung lasse ich mir nicht verbieten“, sagt Klingor.

Doch wie kann es sein, dass erfahrene Gemeinderäte derart rechtswidrige Beschlüsse fassen? Wären da nicht mal Schulungen zur Gemeindeordnung bitter nötig? Manfred Engelhard bietet Hilfe an. „Wir als Rechtsaufsicht sind da sehr offen, machen gern Schulungen zum Gemeinderecht, wenn das gewünscht wird.“