Von Daniel Förster und Gunnar Klehm
Struppen. Schrecksekunde für Schauspieler und Kabarettist Tom Pauls: Beim Wandern in der Sächsischen Schweiz ist er am Sonntag Augenzeuge eines Felssturzes geworden und gemeinsam mit seiner Ehefrau Sybille womöglich knapp einer Katastrophe entgangen. Gegen Mittag waren die beiden am Rauenstein, einem linkselbischen Tafelberg bei Struppen, unterwegs. Sie wollten zur Pension Laasenhof, wo sie zum Mittagessen erwartet wurden.
Das Felssturzdrama
Nahe dem Lastenaufzug zur Berggaststätte liefen sie an der Nordostseite des Rauensteins auf einem Kletterpfad am Fuße eines Felsmassivs. „Wir waren gerade an zwei Boofen vorbei, da hat es genau dort, wo wir eben noch gelaufen waren, mörderisch gerumst“, berichtet Tom Pauls. Quasi hinter dem Rücken des Paares hatte sich oberhalb ein großer Sandsteinbrocken gelöst. „Es krachte plötzlich, eine riesige Staubwolke. Unvorstellbar.“ Als der Felsen aufprallte, sei die Gesteinsplatte zerborsten. Bäume knickten um und wurden mitgerissen. „Wir hatten wahnsinniges Glück. Wir waren nicht einmal hundert Meter von der Absturzstelle weg“, schildert der 56-Jährige das Erlebte.
Keine Meldepflicht
So schockierend, wie es jedes Mal ist; Felsstürze zählen zu den typischen Gefahren im gesamten Elbsandsteingebirge, mit denen Besucher und Anwohner rechnen müssen. Laut Nationalparkverwaltung können Felsstürze weder vorhergesagt noch flächendeckend verhindert werden. Der Rauenstein gehört allerdings nicht zum Nationalpark Sächsische Schweiz. Das Land rund um die Abbruchstelle ist in Privatbesitz. Das wurde am Montag beim Staatsbetrieb Sachsenforst geprüft, dessen Mitarbeiter den Privatwald mit bewirtschaften.
Gefährlicher Sandstein
Beim Geologischen Dienst des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie in Freiberg war am Montag noch nichts von dem Felssturz am Rauenstein bekannt. Die Behörde führt eine Datenbank, in der die Geologen Vorfälle festhalten, bei denen sich an Hängen Erd- oder Gesteinsmaterial löst und in Bewegung setzt. Dass vom aktuellen Fall noch nichts bekannt ist, verwundert nicht, denn es gibt dafür keine Meldepflicht. Nun wolle man sich auf den Weg machen, um die Abbruchstelle und das Gestein ringsum zu bewerten und zu dokumentieren.
Der Geologische Dienst könnte dann analysieren, ob von dem Felsmassiv weitere Gefahr ausgeht. Dazu haben die Geologen aber noch keinen Auftrag. Ob sie den erhalten, ist auch fraglich. Denn direkt an der Absturzstelle gibt es keinen ausgeschilderten Wanderweg. Der dort vorbeiführende Klettersteig ist lediglich für Bergsteiger gedacht, um zu ausgewiesenen Kletterwänden zu gelangen. Selbst wenn der Klettersteig jetzt gefährdet wäre, müsste er nicht zwangsläufig gesichert werden. Die rechtliche Situation ist da eindeutig, heißt es in einer früheren Mitteilung des Sachsenforsts. Demnach seien die Eigentümer nicht für die Sicherung natürlicher Felsbildungen auf ihren Grundstücken verantwortlich. Der Eigentümer der darunter liegenden Flächen muss selbst für die Gefahrenabwehr die Verantwortung übernehmen. Vom Sachsenforst oder der dazugehörigen Nationalparkverwaltung kann man jedoch die Duldung solcher Maßnahmen verlangen.
Nach ersten Schätzungen von Augenzeugen könnten am Rauenstein bis zu 30 Kubikmeter Gestein abgebrochen sein, die mehr als 15 Meter in die Tiefe stürzten. Offenbar haben Frost und Kälte den Felssturz samt Steinschlag ausgelöst. Erstmals in diesem Winter waren die Temperaturen nachts deutlich unter null Grad gesunken.