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Trügerische Sicherheit auf dem Striezelmarkt

Die Gefahr ist allgegenwärtig. Ein Anschlag auf den Striezelmarkt ist nicht unmöglich. Der Dresdner Weihnachtsmarkt findet trotzdem statt, stellt OB Dirk Hilbert klar. Aber die Polizei warnt.

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© Robert Michael

Von Christoph Springer und Andreas Weller

Die Gefahr ist allgegenwärtig. Ein Anschlag auf den Striezelmarkt ist nicht unmöglich. Das wissen Stadt und Polizei spätestens seit dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche vor drei Jahren. Seitdem wird der Striezelmarkt durch Betonelemente geschützt. Sie sollen einen Anschlag mit einem Lkw verhindern oder zumindest abmildern. Besser wären aber stabilere Fahrzeugsperren, die auch einem schweren Laster standhalten.

Zumindest in diesem Jahr wird es diese Verbesserung, die die Polizei vorgeschlagen hat, nicht geben. Polizeipräsident Horst Kretschmar bedauert das. „Die Sicherheitslage hat sich zum Vorjahr nicht geändert“, sagt der Chef der Beamten. Das heißt, die Anschlagsgefahr besteht weiterhin. Mit einem ähnlichen Konzept wie 2017 könne man den gleichen Sicherheitsstandard erreichen. „Ohne eine zusätzliche Investition gibt es nur keine Weiterentwicklung.“ Das heißt, trotz der unbestreitbaren Erkenntnis, dass die Betonelemente nicht ausreichen, wird der Striezelmarkt-Schutz nicht verbessert. „Und schöner sieht es natürlich auch nicht aus“, meint der Polizeipräsident zu den eckigen, grauen Betonbarrieren.

Die neuen Durchfahrtssperren waren die erste Wahl für die Polizei. „Sie sollten das Risiko von Anschlägen mit einem Lkw, wie auf dem Berliner Breitscheidplatz passiert, minimieren.“ Doch die vorgeschlagenen Elemente hätten 660 000 Euro gekostet. Zu teuer, urteilte die Mehrheit der Stadträte im Finanzausschuss. Zumal die Verwaltung kein Vergleichsangebot eingeholt hatte. Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) ist deshalb stinksauer. Stellte Montag aber zunächst klar: „Der Striezelmarkt wird ohne Wenn und Aber auch 2018 stattfinden.“ Neue Schutzelemente hat er auch bereits gefunden: Die Stadt kauft zwei mobile Schranken. Sie sind günstiger, übersteigen nicht die Wertgrenze, ab der der Stadtrat entscheiden muss. Über die 124 000 Euro netto bestimmt der OB allein. Zusätzlich kommen die mit Wasser gefüllten „Indutainer“ und Sperren wie beim Stadtfest zum Einsatz. Auch Betonklötze werden wieder aufgestellt.

„Leider wird diese Variante dem ältesten deutschen Weihnachtsmarkt in keiner Weise gerecht, und dem weihnachtlichen Ambiente wird ein Bärendienst erwiesen“, erklärt Hilbert. „Was mich aber besonders ärgert, ist die Art und Weise, wie hier von einigen Stadträten mit der Thematik umgegangen wird.“ Ohne Diskussion werden jedes Jahr – zu Recht – Millionen Euro für den Brandschutz ausgegeben. „Auch wenn es sich dabei ebenfalls nur um eine abstrakte Gefahr handelt“, so der OB. So wurde wegen Mängeln vor Jahren der Kulturpalast gesperrt und die vierte Etage des Rathauses geräumt. „Im Fall des Striezelmarktes gibt es eine klare Position der Polizei inklusive einer schlüssigen Begründung, warum ausgerechnet dieser Markt im Fokus stehen könnte“, sagt Hilbert. „Dieser Empfehlung sind wir gefolgt, so wie wir es schon oft beim Thema Brandschutz getan haben. Jetzt der Verwaltung Vorwürfe zu machen, dass man sich um die größtmögliche Sicherheit der Besucher des Marktes bemüht, halte ich für grob fahrlässig.“

Kretzschmar hatte unabhängig vom Striezelmarkt angeregt, grundsätzlich den Schutz von Dresdens großen Plätzen zu verbessern. Die sollte sowohl durch bauliche Maßnahmen, aber auch durch die Anschaffung neuer technischer Lösungen erreicht werden. Auf dem Altmarkt könnten solche Hemmnisse errichtet werden, wenn der Platz umgebaut wird. Das plant die Stadt aber erst, wenn die Augustusbrücke fertig ist, also nicht vor 2020. Ob dann tatsächlich zusätzliche Barrieren für Fahrzeuge kommen sollten, diskutiert die Stadtverwaltung mit der Polizei, hatte der Straßenbauamtsleiter Reinhard Koettnitz im Sommer angedeutet. Seitdem kam dazu nichts mehr aus dem Rathaus.