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Trump glaubt, er könne Grönland kaufen

Die größte Insel der Welt birgt enorme Bodenschätze, an die der US-Präsident ranwill. So abwegig ist die Idee gar nicht.

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In Grönland leben nur rund 56 000 Menschen, viele von ihnen sind arm. Doch unter den riesigen Gletschern sollen sich Bodenschätze wie Erdöl befinden, die wegen der Klimaerwärmung leichter zu fördern wären.
In Grönland leben nur rund 56 000 Menschen, viele von ihnen sind arm. Doch unter den riesigen Gletschern sollen sich Bodenschätze wie Erdöl befinden, die wegen der Klimaerwärmung leichter zu fördern wären. © imago/Danita Delimont

Von André Anwar, SZ-Korrespondent in Stockholm

Was er haben will, das kauft er. So war das schon immer. Offenbar ist es kein Witz: US-Präsident Donald Trump (73), Milliardärssohn und Immobilienmagnat, lässt derzeit durch Experten im Weißen Haus die Möglichkeit prüfen, das teilautonom zu Dänemark gehörende Grönland für die USA einzukaufen. Dies berichtet das renommierte Wall Street Journal unter Berufung auf gut informierte Quellen. Der Präsident sei „mal weniger, mal mehr ernsthaft“ da dran, so das Blatt.

Grönland ist die größte Insel der Welt, rund sechsmal größer als Deutschland und dabei mit 56.000 zu meist relativ armen Einwohnern sehr dünn besiedelt. Doch warum ist Trump daran interessiert, falls es nicht nur um Angeberei geht?

In weiten Teilen ist Grönland noch mit Eis versiegelt. Doch das soll sich ändern. Durch Erderwärmung und Eisschmelze könnten die Grönländer mittelfristig leichter Zugang zu vermuteten enormen Bodenschätzen wie Erdöl erhalten. Das Land könnte dann tatsächlich eine Art Saudi-Arabien des Nordens werden. 

Auch deshalb beschäftigen die USA laut Insider-Informationen bereits seit Längerem, und schon vor der Trump-Ära, zahlreiche Experten unter anderem in Kopenhagen, die den US-Einfluss und eine mögliche Kooperation mit Grönland fördern sollen. Hier konkurrieren sie mit der dänischen Wirtschaft, die gern Partner sein möchte, sollte es zum Bodenschatzrausch kommen.

Trumps Idee ist nicht völlig abwegig. Als Dänemark im Zweiten Weltkrieg von den Deutschen besetzt war, besetzten die USA Grönland, um die Insel gegen eine Invasion Hitlers zu verteidigen. Ein Jahr nach Ende des Weltkriegs, 1946, schlug Washington Dänemark den Kauf für die damals bedeutende Summen von 100 Millionen Dollar vor. Da wusste Dänemark nicht einmal von den Bodenschätzen, auch das Erdöl Norwegens wurde erst Ende der 60er-Jahre entdeckt. Doch die Dänen lehnten trotzdem ab.

Ist das ein Aprilscherz?

Die ersten Reaktionen auf den jetzigen angeblichen US-Aufkaufwunsch aus Dänemark und Grönland sind eher skeptisch. „Das muss ein Aprilscherz sein – allerdings zur völlig falschen Jahreszeit“, kommentierte Dänemarks Ministerpräsident Lars Lökke Rasmussen am Freitag. Und selbst die seine Regierung stützenden Rechtspopulisten, die immer wieder darüber klagen, wie viel Geld die armen Grönländer den dänischen Steuerzahler jährlich kosten, äußerten sich ablehnend. „Der Gedanke daran, dass Dänemark 50 000 Staatsbürger an die USA verkauft, ist vollständig verrückt“, so deren Sprecher im grönländischen Rundfunk KNR. Ablehnung kam auch von linken grönländischen Politkern.

„Einen Verkauf wird es niemals geben, völlig ausgeschlossen. Das klingt wie eine typische flüchtige Donald-Trump-Idee“, sagt Henrik Breitenbauch, Institutschef für Militärische Studien an der Uni Kopenhagen. „Es ist lange her, dass der Aufkauf eines Landes akzeptable Weltpolitik war.“ Das letzte Mal hatte Dänemark Dänisch Westindien an die USA verkauft – für 25 Millionen Dollar. Das war aber 1918. Damals sei es auch normal gewesen, dass über die Köpfer der Urbevölkerung entschieden wurde. Das gehe heute nicht mehr.

Viele Grönländer sind bitterarm

Allerdings gibt es auf Grönland selbst auch Befürworter. Vielen, vor allem älteren Grönländern, ist Dänemark verhasst, weil es einst die Kolonialmacht war und viel Leid ins Land gebracht hat, wie Zwangsumsiedlungen aus Dörfern in Plattenbauten großer Orte, die Vernichtung des ursprünglichen Lebensstils und die Entnahme von einheimischen Kindern aus deren Familien. 

Die nur knapp 56,000 Menschen zählende Bevölkerung Grönlands ist mehrheitlich indigen. Sie hat eine eigene Flagge, eine eigene Regierung und eine eigene Sprache, neben Dänisch. Finanziell ist Grönland trotz seiner Teilautonomie zu zwei Dritteln von Dänemark abhängig. Erst wenn Grönland sich selbst finanzieren kann, wird es laut Abmachung in die gänzliche Unabhängigkeit entlassen.

Derzeit wird nur ein Drittel des Haushaltes von der einheimischen Fischerei aufgebracht. Vor allem die Ureinwohner, die Inuit, leben von der Jagd und der Fischerei. In vielen Familien herrscht bittere Armut. Die Arbeitslosigkeit ist hoch. Eine Umfrage unter Jugendlichen über 15 Jahren zeigte, dass rund die Hälfte aller Mädchen bereits Selbstmordgedanken hatte. Ein Drittel hat sogar Selbstmordversuche hinter sich. 

Auch die Quote sexuellen Missbrauchs ist laut einer Studie des staatlichen Gesundheitsinstituts erschreckend hoch. Demnach soll fast jedes dritte Mädchen und jeder zehnte Junge vor dem 15. Lebensjahr sexuellen Übergriffen von Erwachsenen ausgesetzt sein. Viele junge Grönländer sehen keine Zukunft in ihrer Heimat und versuchen ihr Glück in Dänemark, wo Vollbeschäftigung herrscht. Von der Zukunft mit enormen und vor allem förderbaren Bodenschätzen träumt man bisher nur.