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Aschenbrödel-Darstellerin gestorben

Sie wurde berühmt durch ihre Rolle in "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel": Die Schauspielerin Libuše Šafránková ist im Alter von 68 Jahren gestorben.

Von Hans-Jörg Schmidt
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Aschenbrödel-Star Libuše Šafránková ist im Alter von 68 Jahren gestorben.
Aschenbrödel-Star Libuše Šafránková ist im Alter von 68 Jahren gestorben. © F+G Köhler/WDR/DRA/dpa

Prag. Die Tschechen - und nicht nur die - trauern um das „Aschenbrödel“. Die Hauptdarstellerin des Kultfilms aus der gemeinsamen Werkstatt von DEFA und den Filmstudios in Prag-Barrandov aus dem Jahre 1973, Libuše Šafránková, ist tot. Sie starb am Mittwoch im Alter von nur 68 Jahren, wie ihre Familie bestätigte.

Die „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“, basierend auf einer kecken Bearbeitung des Grimmschen Märchens durch Božena Němcová, waren der Film, der für immer mit Libuše Šafránková verbunden bleiben wird. Der Film, der unter anderem im Schloss Moritzburg bei Dresden gedreht wurde, gab den Auftakt für viele andere Märchenfilme, in denen die aus der Nähe von Brünn stammende Šafránková zu sehen war. Ihre zarte Gestalt und ihre ebenso zarte Stimme waren neben ihrer Verwandlungskunst die ideale Voraussetzung dafür.

Doch an den Kultstatus von „Aschenbrödel“ kamen sie nicht heran. Die Tschechen wählten den Streifen zum „Schönsten Märchenfilm aller Zeiten“. Kein Weihnachten verging, an dem der Film nicht auf einem tschechischen TV-Kanal gezeigt wurde und in Deutschland prinzipiell auf gleich mehreren öffentlich-rechtlichen Kanälen. Auch in der Slowakei, in Österreich, der Schweiz und in Norwegen gehören die „Drei Haselnüsse“ jedes Jahr zum Weihnachtsfest.

Die Šafránková hinterlässt jedoch viel mehr als ihre Märchenstreifen. 150 Film- und TV-Produktionen sind mit ihrem Namen verbunden. Unter anderem spielte sie auch in „Kolya“ mit, der 1996 mit einem Oscar für den besten fremdsprachigen Film geehrt wurde. Die Tschechen liebten sie vor allem auch als großartige Theaterschauspielerin. Nach dem Jahr 2000 entdeckte sie das Fernsehen für sich, wo sie in vielen zumeist kleinen Kammerspielen für Furore sorgte.

Der Prinz (Pavel Travnicek) passt Aschenbrödel (Libuse Safrankova) im Film "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" den verlorenen Schuh an.
Der Prinz (Pavel Travnicek) passt Aschenbrödel (Libuse Safrankova) im Film "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" den verlorenen Schuh an. © WDR/DRA/ARD/dpa

Šafránková führte zurückgezogenes Leben

Schon einmal war die überaus beliebte Künstlerin dem Tod von der Schippe gesprungen. 2014 war sie an Lungenkrebs erkrankt. Die Ärzte entfernten damals ein Fünftel ihrer Lunge. In einem Telefoninterview mit dem Autor dieser Zeilen vor Weihnachten 2015 bedankte sie sich bei Ihren vielen Fans auch in Deutschland für die guten Wünsche und die Gebete für sie. Sie freue sich darauf, irgendwann auch wieder arbeiten zu können.

Dass dieses kurze Interview zustande kam, glich seinerzeit einem Wunder. Die Telefonnummer der Šafránková gehörte zu einem der größten Geheimnisse in Tschechien. Das hing mit dem zurückgezogenen Leben der Šafránková und ihres Ehemanns, dem Schauspieler Josef Abrhám, zusammen. Ihre Ehe bot dem Boulevard keine Angriffsfläche für Skandalgeschichten. Also dichtete ihr eine Zeitung ein Alkoholproblem an, das es nicht gab. Auch Fotos mit der Schauspielerin aus einer Entzugsklinik stellten sich als gefälscht heraus. Die Šafránková zog gegen das Blatt vor Gericht und gewann den Prozess. Seither war sie für Journalisten nahezu nicht mehr zu sprechen.

Auch nicht über „Aschenbrödel“. Wie sie sich auch zwar über die Ausstellungen in Moritzburg freute, aber nie dort zu Gast war. Das hatte mit ihrem generell zurückhaltendem Wesen zu tun. Sie verriet allerdings einmal, dass sie den Film zu Weihnachten noch nie gesehen habe. An diesem Fest bleibe in der Familie der Fernseher prinzipiell aus. Die Šafránková begründete das mit den Traditionen ihres katholischen Elternhauses. Da gab es keinen Platz für einen Fernseher.

Dafür gehörte es zu einem besonderen Anliegen des Ehepaars Libuše Šafránková und Josef Abrhám, sich - nicht nur zu Weihnachten - um Schauspielerkollegen zu kümmern, denen es gesundheitlich schlecht ging. Darüber wusste die Öffentlichkeit so gut wie nichts. Aber es trug dazu bei, dass das Ehepaar von vielen Kollegen nicht nur professionell, sondern auch menschlich sehr geschätzt wurde.

Große Trauer nicht nur in Tschechien

Der Tod von Libuše Šafránková hat nicht nur in der Öffentlichkeit Tschechiens schon kurz nach seinem Bekanntwerden große Trauer und Betroffenheit ausgelöst. Die Verwaltung von Schloss Moritzburg drückte Familie und Angehörigen ihr Beileid aus. "Durch unsere Ausstellung 'Drei Haselnüsse für Aschenbrödel' im Schloss Moritzburg und durch die Filmgeschichte des Schlosses als authentischer Drehort des Märchenfilms war und ist Frau Šafránková uns allen sehr gegenwärtig", sagte Christian Striefler, Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen gGmbH, am Mittwoch. "Wir bedanken uns für viele schöne Stunden vor der Leinwand, in denen uns ihr Lächeln in der Vorweihnachtszeit glücklich machte und ihre Verkörperung des selbstbewussten Aschenbrödels die Herzen höherschlagen ließ."

Alle führenden Politiker Tschechiens würdigten Libuše Šafránková als herausragende Künstlerin, die eine große Lücke hinterlasse. Premier Andrej Babiš sagte, er habe „Aschenbrödel“ wohl an die 100 Mal gesehen und könne sich ein Weihnachten ohne diesen Film nicht vorstellen. Mit diesen Worten traf er vermutlich das, was allen seinen Landsleuten am Mittwoch durch den Kopf ging.