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Geheime Pläne für Turow enthüllt?

Hinter verschlossenen Türen soll Grubenbetreiber PGE den Weiterbetrieb bis 2044 vorantreiben. Auf Basis umstrittener Daten. Trotz eines EU-Gerichtsverfahrens.

Von Petra Laurin
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Das Braunkohlebergwerk Turow in Polen ist wieder einmal Zankapfel.
Das Braunkohlebergwerk Turow in Polen ist wieder einmal Zankapfel. © Matthias Weber/photoweber.de (Archivbild)

Der polnische Betreiber PGE bemüht sich um eine weitere Verlängerung der Bergbaugenehmigung für die Grube Turów bis 2044. Das an sich ist nicht neu. Aber er tut das hinter verschlossenen Türen und damit offenbar hinter dem Rücken der Öffentlichkeit, ohne dass die Bewohner, die vor Ort - vor allem auf tschechischer und deutscher Seite - vom Bergbau betroffen sind, etwas davon mitbekommen haben. Der Umweltschutz-Verein Greenpeace will das aus mehreren Quellen erfahren haben. Folge des Tagesbaus seien der Verlust von Trinkwasserquellen, Umweltverschmutzung und Lärm - auf tschechischer und auch deutscher Seite.

"PGE versucht intensiv, eine Verlängerung zu erzielen, noch während die Vertreter beider Länder nach einer Lösung für den komplizierten internationalen Streit suchen", so Greenpeace. Gemeint sind die Streitigkeiten über die 2020 von polnischen Behörden erteilte Genehmigung für den Tagebaubetrieb bis 2026. Tschechen und Deutsche sind unter anderem der Ansicht, dass sie der staatlich kontrollierte Kohlekonzern nicht ausreichend in das Verfahren eingebunden hat. PGE bestreitet das.

Die Bewohner aus Uhelná, dem tschechischen Nachbarort der Grube, sind von dieser Entwicklung sehr beunruhigt und wollen in Zusammenarbeit mit dem tschechischen Greenpeace-Verband eine neue Petition für die tschechische Regierung organisieren, um baldmöglichst vor dem EU-Gerichtshof Klage einreichen zu können. Diese hat zum Ziel, dass der Bergbau in Turów durch eine einstweilige Verfügung eingestellt wird. Die Klage richtet sich nicht gegen Polen als Staat oder gegen seine Einwohner, sondern zielt gegen den Betreiber und seine Bergbautätigkeit. Sie soll die nach Meinung der Einreicher unter unrechtsmäßigen Bedingungen entstandene Genehmigung aus dem Vorjahr kippen.

Grüne: PGE führt uns und Europa vor

Die Tschechische Republik hatte 2020 bei der Europäischen Kommission eine offizielle Beschwerde über die Grube Turów eingereicht. Dieser Schritt ist die Vorstufe zu einer Klage. Ende Dezember bestätigte die Kommission, dass Polen bei der Entscheidung zum Ausbau der Grube in Richtung der tschechischen Grenze rechtliche Bestimmungen der EU verletzt habe. "Der Antrag für die Genehmigung des weiteren Bergbaus bis 2044 basiert wieder auf denselben problematischen und illegalen Prozessen, die die Tschechische Republik und die Europäische Kommission kritisieren", betont Nikol Krejčová, Leiterin der Kampagne gegen Turów von Greenpeace. Allerdings hatte die EU-Kommission von Tschechien geltend gemachte Verstöße, beispielsweise im Zusammenhang mit der Richtlinie über die strategische Umweltprüfung und der Wasserrahmenrichtlinie, als unbegründet angesehen.

Auch Anna Cavazzini, sächsische Europaabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, hat sich zu den bekannt gewordenen neuen Plänen von PGE geäußert: "Das ist nicht akzeptabel. Das polnische Unternehmen führt uns – inklusive der Europäischen Kommission - alle vor. Völlig unbeeindruckt von Regeln und Verträgen der Europäischen Union schreitet der Staatskonzern voran", sagt sie in einer Pressemeldung.

"Es sei genug", so die Abgeordnete weiter. "Die von der Europäischen Kommission geleiteten Gespräche zwischen Polen und der Tschechischen Republik - zur außergerichtlichen Einigung, Anm. der Red. - haben ganz offensichtlich rein gar nichts gebracht. Der einzige jetzt gangbare Weg ist das Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen." Auch in Deutschland müsse man endlich auf das Einhalten der EU-Verträge gegenüber den polnischen Nachbarn bestehen. Nur gemeinsam schaffe man den europäischen Kohleausstieg. (mit SZ/mrc)

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