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Präsidentenwahl in Tschechien: Petr Pavel gewinnt gegen Andrej Babis

Tschechien hat einen neuen Präsidenten: den ehemaligen Generalstabschef Petr Pavel. Er will dem höchsten Staatsamt wieder Würde und Anstand verleihen. Auch Michael Kretschmer gratuliert.

Von Hans-Jörg Schmidt
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Der frühere Nato-General Petr Pavel ist neuer tschechischer Präsident.
Der frühere Nato-General Petr Pavel ist neuer tschechischer Präsident. © AP

Prag. Großes Finale der tschechischen Präsidentschaftswahl mit dem vorhergesagten Ausgang: Petr Pavel (61), früherer Generalstabschef der tschechischen Armee und später erster Osteuropäer auf einem Führungssessel der Nato, wird auf der Prager Burg einziehen, dem Amtssitz des tschechischen Staatsoberhauptes.

Pavel brachte seinem Rivalen, dem Multimilliardär, erfolgreichem Geschäftsmann und früheren Prager Regierungschef, Andrej Babiš (69), eine deutliche Niederlage bei. Nach der Auszählung von 95 Prozent der Stimmen vereinigte Pavel 57,59 Prozent auf sich. Auf Babiš entfielen 42,40 Prozent der Stimmen.

Pavel hatte die erste Runde mit acht Kandidaten knapp gegen Babiš gewonnen. In der zweiten Runde baute er diesen Vorsprung erheblich aus.

Pavel rief alle Tschechen auf, die Gesellschaft wieder an Werten zu orientieren und die Gräben zu überwinden. „In dieser Wahl haben Wahrheit, Würde und Respekt gewonnen“, sagte er unter dem Jubel seiner Anhänger.

Petr Pavel (r), neu gewählter Präsident von Tschechien, mit seiner Frau Eva
Petr Pavel (r), neu gewählter Präsident von Tschechien, mit seiner Frau Eva © AP

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) bekräftigte nach Pavels Wahl seinen Wunsch nach dem Ausbau der Beziehungen beider Nachbarn. "Sachsen und Tschechien sind seit vielen Jahren in einer intensiven nachbarschaftlichen Freundschaft verbunden", erklärte Kretschmer am Samstag.

So habe der Freistaat nach dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine Tschechien mit Hilfsgütern für ankommende Flüchtlinge unterstützt. Auch bei den Waldbränden in der Sächsischen und der Böhmischen Schweiz im Sommer habe sich die Zusammenarbeit bewährt. "Die Bereitschaft, stets füreinander da zu sein, stand nie in Frage", betonte Kretschmer. "Das wünsche ich mir auch für die Zukunft."

Babis sorgt für internationalen Skandal

Für Babiš ist es die schwerste persönliche Niederlage bisher. Zuletzt hatte er mit seiner liberal-populistischen Bewegung ANO die Parlamentswahlen und die Senatswahlen verloren. Diesmal trat er allein in den Ring. Babiš selbst sprach nach der Abgabe seiner Stimmen von einem „Referendum“ über seine Person. Das endete für ihn in einem Fiasko. Babiš verlor überall, in den Dörfern und kleinen Orten ebenso wie in den mittelgroßen Städten und in den Großstädten.

Die Gründe für seine Niederlage muss der erfahrene Politiker bei sich selbst und seiner Kampagne suchen. Das Team von Babiš hatte vor der Stichwahl eine Umfrage danach veranstaltet, welche Probleme den Tschechen die größten Sorgen bereiteten. Auf die setzte er dann in seinem aggressiven Wahlkampf.

Andrej Babis
Andrej Babis © CTK

Zum einen stellte er die Frage Krieg oder Frieden in den Mittelpunkt , vermied jede Aussage zur auch militärischen Unterstützung der Ukraine im Kampf gegen Putin. Er blieb auch Worte der weiteren Hilfe für die vielen Hunderttausenden ukrainischen Flüchtlinge schuldig, die in Tschechien zeitweise Aufnahme gefunden haben. Damit suchte er die Wähler am extremen linken und rechten Rand zu locken.

Zu einem internationalen Skandal sorgte Babiš, als er die Einhaltung der Bündnisverpflichtungen Tschechiens innerhalb der Nato gegenüber Polen und den baltischen Ländern infrage stellte. Er würde keine Soldaten in diese Länder schicken, wenn sie von Russland überfallen würden, sagte er. In Warschau und den Hauptstädten des Baltikums reagierte man darauf irritiert.

Höhere Beteiligung in der Stichwahl

„Er wolle Frieden“, betonte Babiš immer wieder und warf dem früheren Militär Pavel vor, Tschechien in den Krieg führen zu wollen. Er dagegen wolle eine Friedenskonferenz in Prag organisieren.

Babiš attackierte seinen Widersacher, den er einen „Kandidaten der Regierung“ nannte, auch wegen der Probleme in der Folge des Ukrainekrieges. Die Regierung tue nichts für die kleinen Leute, die unter hohen Preisen für Lebensmittel litten. Und Babiš versprach, von der Burg aus sich um diese Menschen zu sorgen. Dass er als Präsident dazu überhaupt keine Möglichkeiten hat, verschwieg er.

Die Zweifel, die Babiš an den Fähigkeiten von Pavel zu säen versuchte, sollten dazu dienen, dessen Wähler vom Gang zu den Urnen abzuhalten. Das misslang gründlich: Am Ende gingen zur Stichwahl mehr Wähler als in der ersten Runde.

Pavels großes Plus: er enthielt sich ganz im Gegensatz zu seinem Gegner überschäumender Emotionen, äußerte sich sachlich und ohne verbale Ausfälle gegenüber Babiš. Das hat nach übereinstimmender Aussage von Analysten die aufgeheizte Stimmung gegen Ende des Wahlkampfes beruhigt.

Das Ausland, so Politologen, werde die Wahl von Pavel deshalb mit Erleichterung aufnehmen, weil mit ihr die Westverankerung Tschechiens eindeutig bestätigt werde.

Regierungschef Petr Fiala begrüßte die Wahl von Pavel. Mit ihm werde es möglich sein, auch in strittigen Fragen Kompromisse zu finden.