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Präsidentenwahl in Tschechien: Rennen um die Prager Burg bleibt offen

Die Stichwahl zwischen Ex-General Pavel und Ex-Premier Babiš droht schmutzig zu werden. 33 Jahre nach der Revolution entbrennt erneuter Streit über die kommunistische Vergangenheit.

Von Hans-Jörg Schmidt
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Ex-General Petr Pavel hat im ersten Wahlgang die meisten Stimmen erhalten.
Ex-General Petr Pavel hat im ersten Wahlgang die meisten Stimmen erhalten. © Petr David Josek/AP/dpa

Prag. „Diese 14 Tage vor der Stichwahl um das Präsidentenamt werden beinhart und wohl auch sehr schmutzig.“ In diesem Sinne äußerten sich am Sonntag übereinstimmend nahezu alle Politologen in den Analyse-Sendungen von Hörfunk und Fernsehen Tschechiens.

Vor allem bleibt der Kampf um das höchste Amt im Nachbarland spannend. Aus der ersten Runde gingen der frühere hohe Nato-General Petr Pavel und der einstige Regierungschef Andrej Babiš fast gleichstark hervor. Beide kamen auf etwa 35 Prozent der Stimmen. Babiš führte lange das Rennen an.

Erst mit der Auszählung der Wahlergebnisse aus Prag wendete sich das Blatt noch knapp zugunsten des Ex-Generals Pavel. Was einmal mehr bestätigte, dass man in der Hauptstadt prinzipiell anders als im Rest des Landes wählt.

Drei unterlegene Kandidaten wollen Pavel unterstützen

Da drei unterlegene Kandidaten noch am Samstagabend Pavel ihre Unterstützung gegen Babiš zusagten, könnte man einen numerischen Vorteil für Pavel in der Entscheidungsschlacht erwarten. Aber es gibt da dennoch Unwägbarkeiten. Zwar teilen Pavel und seine Helfer aus den Reihen der Verlierer gemeinsame Grundwerte. Alle haben sich in ihren Wahlkämpfen auf die Aufgaben des Amtes konzentriert, alle eint der Wunsch, dem Amt nach zehn Jahren der inhaltlich wie formal dubiosen Herrschaft des amtierenden Präsidenten Miloš Zeman wieder Ehre machen zu wollen.

Dennoch ist nicht ausgemacht, dass jetzt alle Wähler dieser unterlegenen Kandidaten in der zweiten Runde ihre Stimme an General Pavel vergeben werden. Womöglich werden viele von ihnen der Wahl enttäuscht fern bleiben. Manch einer könnte sich auch daran stören, dass Pavel keine blütenweiße Vita aufzuweisen hat.

Andrej Babiš hat noch am Wahlabend mehr als deutlich gemacht, dass er in dieser Wunde Pavels bohren werde. Worum geht es? Pavel hat seine Karriere in kommunistischen Zeiten in der tschechoslowakischen Armee begonnen, war Mitglied der Kommunistischen Partei, hat irgendwann auch ein Papier unterzeichnet, auf dem der Einfall des Warschauer Pakts 1968 begrüßt wurde - was für alle Armeeangehörigen Pflicht war - und ließ sich für die ausländische Militärspionage ausbilden. Diese Dinge hat Pavel nie verheimlicht oder bestritten. Er verwies jedoch immer auch darauf, dass er die überwiegende Zeit seiner militärischen Karriere unter freiheitlichen Bedingungen ausgeübt hat.

Babiš will Wähler mit Pavels Vergangenheit abschrecken

Diese Karriere hat ihn - pikanterweise mit der Unterstützung von Präsident Zeman und auch des damaligen Premiers Babiš bis auf den zweithöchsten Posten in der Nato geführt - als ersten General aus dem früheren Ostblock. Babiš aber verglich ihn am Wahlabend mit Russlands Wladimir Putin, der als Militärspion in der DDR aktiv gewesen sei.

Seine eigene politische Vergangenheit als kommunistischer Nomenklaturkader im Außenhandel und seine durch zehn verschiedene Dokumente bewiesene Zuträgerarbeit für die kommunistische Staatssicherheit in der Slowakei verniedlichte Babiš vor der Presse.

Der populistische Ex-Regierungschef Andrej Babiš zieht in die Stichwahl ein.
Der populistische Ex-Regierungschef Andrej Babiš zieht in die Stichwahl ein. © Petr David Josek/AP/dpa

Für seine eigenen Anhänger spielt Babiš’ fragwürdige Vergangenheit keine Rolle, wie auch nicht sein massiver Interessenkonflikt als größter Unternehmer Tschechiens und gleichzeitig führender Politiker.

Babiš könnte jedoch mit seiner Strategie gegen Pavels Vergangenheit potenzielle Pavel-Wähler vom erneuten Gang zur Urne abschrecken, denen eine weiße Weste des künftigen Präsidenten wichtig ist.

Pavel will da hart dagegenhalten. Er will auch deutlich machen, dass Babiš die Wähler hinters Licht führt, wenn er ihnen „Hilfe gegen die Regierung“ verspreche: „Babiš führt einen Wahlkampf wie ein Premier, nicht wie ein Präsident.“

Am Dienstag wird die von Babiš geführte Oppositionsfraktion im Parlament einen Misstrauensantrag gegen die Regierung einbringen. Der ist zwar zum Scheitern verurteilt, aber in Wahrheit auch nur ein Punkt in der Wahlstrategie von Babiš. Hat sich doch Regierungschef Petr Fiala eindeutig gegen ihn und für die Wahl von General Pavel ausgesprochen.