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Tschechien: Neustart der Schlösser mit Neuerungen und Handicap

Die staatlichen Schlösser in Böhmen starten mit Märkten, Festen und Sonderausstellungen in die Nach-Corona-Ära.

Von Steffen Neumann
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Das Schloss Duchcov (Dux) zeigt neue Kupferstiche.
Das Schloss Duchcov (Dux) zeigt neue Kupferstiche. © Steffen Neumann

Die Vorfreude ist groß bei Jana Zajíčková. „Nach zwei Jahren öffnen wir erstmals wieder ohne irgendwelche Einschränkungen. Ohne Maske und limitierte Besuchergruppen. Endlich können wir wieder größere Veranstaltungen organisieren“, sagt die Verwalterin des Schlosses Stekník (Stecknitz) bei Žatec (Saaz). Versteckt zwischen Hopfenfeldern gehört es zu den bedeutendsten Rokokobauten Tschechiens. Sein Leben als touristisches Ziel hatte gerade erst begonnen, als die Pandemie hereinbrach. Nach über 20 Jahren Sanierung eröffnete 2019 der erste Rundgang durch die Räume des letzten Besitzers vor 1945, des Schweizer Konsuls Gerold Déteindre.

Doch Jana Zajíčková möchte diese Zeit hinter sich lassen und veröffentlichte gleich ein Foto der ersten Besucher auf der Facebook-Seite des Schlosses. Gäste sind so willkommen wie wohl nie zuvor. Keines der staatlichen Schlösser und Burgen kam ohne Verluste durch die Pandemie. Bei einigen Schlössern ging die Besucherzahl gegenüber 2019 fast um die Hälfte zurück. „Die Zahl der Besucher war sogar im zweiten Pandemiejahr noch einmal niedriger als 2020“, sagt Tomáš Pospíšil, Sprecher der staatlichen Schlösser und Burgen.

An der Gloriette auf Schloss Decin (Tetschen) werden die letzten Statuen ergänzt.
An der Gloriette auf Schloss Decin (Tetschen) werden die letzten Statuen ergänzt. © Steffen Neumann

Das war im Bezirk Ústí nicht anders als in ganz Tschechien. „Uns fehlten die ausländischen Touristen und organisierte Fahrten. Aber auch einheimische Gäste hatten weniger Interesse an Führungen durch Innenräume. Am ehesten waren noch Parks, Gärten und Ruinen nachgefragt“, nennt Pospíšil die Gründe für den Rückgang. Dazu kamen die staatlichen Einschränkungen, die nur kleinere Gruppen zuließen. Insofern überrascht nicht, dass Burgen und Ruinen wie die markante Hazmburk (Hasenburg) weniger von dem Besucherrückgang betroffen waren. Pospíšil rechnet nicht damit, dass in diesem Jahr bereits wieder das Vor-Pandemie-Niveau erreicht wird. „Wenn wir in diesem Jahr über vier Millionen Besucher haben, wäre das ein Erfolg“, sagt Pospíšil. Vor der Pandemie zählten die staatlichen Burgen und Schlösser in ganz Tschechien über fünf Millionen Besucher.

Die Preise steigen

In die neue Zeit starten die staatlichen Burgen und Schlösser aber mit einem Handicap. Ihnen steht aufgrund der Einnahmeausfälle weniger Geld zur Verfügung. Das hat je nachdem verschiedene Auswirkungen. Die meisten Schlösser entschieden sich, die Zahl der Führungen zurückzufahren. Manche verzichten sogar ganz auf externe Saisonkräfte. Gleichzeitig mussten die Preise erhöht werden. „Das betrifft aber alle Schlösser gleich“, erklärt Verwalterin Zajíčková von Schloss Stekník. Erwachsene zahlen 30 Kronen mehr, als eine Erhöhung um etwas mehr als einen Euro. Insgesamt kann der Preis dann je nach Führung bei bis zu 160 Kronen liegen, was umgerechnet 6,50 Euro sind und im Vergleich zu deutschen Preisen immer noch annehmbar ist.

Gloriette wieder komplett

Im Gegenzug wollen die Schlösser wieder mit Veranstaltungen punkten. Zum Auftakt wird Ostern gefeiert. Die Schlösser in Stekník, Benešov nad Ploučnicí (Bensen) und Nový hrad (Neuschloss) bei Louny (Laun) zeigen sich österlich geschmückt. Auf Neuschloss gibt es am 17. April einen Ostermarkt. Auf Schloss Sychrov (Sichrow) bei Turnov (Turnau) findet schon dieses Wochenende ein Ostermarkt statt. In Duchcov (Dux) öffnen sich Ostermontag die Kellergewölbe zu Sonderführungen. Am ersten Juli-Wochenende feiert das Schloss in Libochovice (Libochowitz) das Fest des Fürsten Josef Dietrichstein mit Adelsspielen im Schlossgarten. Das Schloss Libochovice musste allerdings einen Teil des Rundgangs sperren. Der Grund ist der Holzbock im Dachstuhl. Wann die Arbeiten beendet und Führungen wieder möglich sind, steht noch nicht fest. Außerdem können sich Besucher auf Sonderausstellungen und Neuheiten freuen.

In Libochovice werden Ausstellungsstücke gezeigt, die der letzte Schlossbesitzer Johann Josef Herberstein von seinen Reisen aus Afrika und Ägypten mitgebracht hat. Auf Schloss Děčín (Tetschen) kehren die Statuen der Gloriette im Rosengarten zurück. Der Aussichtspavillon war bereits im Herbst wieder eröffnet worden. Ab 16. April finden erstmals wieder Führungen in die Gloriette und die Grotte sowie über einen überdachten Gang entlang der Langen Fahrt in die nahe Kreuzerhöhungskirche statt.

Im Schloss Duchcov wurde im vergangenen Jahr der Südflügel neu eröffnet. Glanzstück ist das Kupferstichkabinett, das nach fast 100 Jahren zurückgekehrt ist. In diesem Jahr hat das Schloss den Gang vor dem Kabinett um weitere Kupferstiche mit Ansichten aus Duchcov, und Umgebung ergänzt. Die größte Neuerung wird aber auf Schloss Jezeří (Eisenberg) bei Horní Jiřetín (Ober Georgenthal) erwartet. Nach jahrelanger Restaurierung wird im August der berühmte Theatersaal wiedereröffnet, in dem Ludwig van Beethoven 1804 seine Eroica-Synfonie uraufführte.

Im April öffnen die staatlichen Schlösser erst einmal nur an Wochenenden und Feiertagen. Ab Mai ist dann täglich außer montags geöffnet. Andere Schlösser wie das in Děčín oder Šluknov (Schluckenau) haben ganzjährig täglich geöffnet.

Führungen auf Deutsch:

  • Für Gruppen (mit vorheriger Anmeldung) in Benešov, Duchcov, Krásný Dvur, Libochovice, Ploskovice, Velké Brezno, Dekanatskirche Most
  • Für Individualtouristen in der Dekanatskirche Most und je nach vorhandener Kapazität auch in Velké Brezno. Vorherige Anmeldung ist empfohlen, aber kein Muss.
  • Fast überall können deutsche Begleittexte ausgeliehen werden. (stn)