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Tschechien: Präsidentschaftskandidat Babis irritiert Nato-Partner

Eklat in sonntäglicher TV-Debatte: Andrej Babiš stellt Nato-Verpflichtungen Tschechiens infrage. Er würde keine Soldaten zur Verteidigung Polens und der baltischen Staaten entsenden. Später rudert er zurück.

Von Hans-Jörg Schmidt
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Tschechiens Ex-Ministerpräsident Andrej Babis.
Tschechiens Ex-Ministerpräsident Andrej Babis. © Petr David Josek/AP/dpa (Archiv)

Prag. Tschechiens Ex-Premier und Kandidat für das Präsidentenamt in Prag, Andrej Babiš, hat in Polen und den baltischen Staaten für Irritationen gesorgt. Bei einem öffentlich-rechtlichen Fernsehduell mit seinem Widersacher in der Stichwahl an diesem Freitag und Samstag, Ex-Nato-General Petr Pavel, verursachte Babiš ernste Zweifel an der Bündnistreue Tschechiens im Rahmen der Nato.

Auf die Frage des Moderators, ob er als Präsident und damit Oberbefehlshaber der Streitkräfte im Falle eines etwaigen Angriffs auf Polen oder die Staaten des Baltikums Soldaten zu Hilfe schicken würde, antwortete Babiš: „Sicher nicht, sicher nicht. Ich denke, dass es notwendig ist, über Frieden zu sprechen.“ Er wolle Frieden, keinen Krieg, unterstrich er und fügte hinzu: „In keinem Fall würde ich unsere Kinder, die Kinder unserer Frauen, in einen Krieg schicken.“ Babis ließ sich von seiner Meinung auch nicht von dem dringenden Hinweis von Ex-General Pavel abbringen, dass Tschechien sich mit dem Nato-Beitritt zur Verteidigung des Bündnisses verpflichtet habe.

Andrej Babis: Aussagen irritieren in TV-Duell

Erst eine Dreiviertelstunde nach Ende der Debatte nahm Babiš seine Aussagen auf Twitter zurück. „Wenn es einen tatsächlichen Angriff gäbe, würde ich natürlich Artikel 5 (des Nato-Vertrages) einhalten. Darüber gibt es keine Debatte“, schrieb er. Ihm zufolge liegt es „in der Verantwortung der Weltpolitiker, Kriege zu verhindern“. Der Artikel 5 verpflichtet die Nato-Staaten zum Beistand einschließlich mit Waffengewalt, falls ein bewaffneter Angriff gegen ein Nato-Land oder mehrere verübt wird.

Dass Babiš Zweifel an der tschechischen Bündnistreue hervorrief, kam für Beobachter nicht überraschend. Er hat die Frage Krieg oder Frieden zu einer der Kernfragen seiner Strategie vor der Stichwahl gemacht. Landesweit plakatierte er: „Ich werde Tschechien in keinen Krieg hineinziehen. Ich bin Diplomat, kein General. Präsident Andrej Babiš.“ Der Ex-Premier begründet seine Strategie damit, dass Gegenkandidat Pavel und die Regierung von Petr Fiala, ständig behaupteten, „sich im Krieg zu befinden“. Ihm dagegen würden "ein paar Gespräche mit ein paar Weltpolitikern genügen, um einen Friedensgipfel für die Ukraine auf der Prager Burg zu organisieren".

Die Aussagen von Babiš in der TV-Debatte sind in Polen, den baltischen Ländern und in der Ukraine aufmerksam registriert worden und auf Verwunderung und Irritation gestoßen. Die Außenminister Lettlands, Estlands und Litauens verwahrten sich gegen die Infragestellung der tschechischen Bündnistreue. Der lettische Außenminister Edgars Rinkevičs etwa sprach von „unverantwortlichen Sätzen“, auch angesichts der tragischen Geschichte. Babiš sollte sich daran erinnern, „dass die Sowjets 1968 die Tschechoslowakei überfielen und wir 1940 unsere Unabhängigkeit verloren. Solche Kommentare von jedwedem Politiker gehen schlichtweg zu weit.“

Der litauische Außenamtschef Gabriellus Landsbergis erklärte wie seine Kollegen aus Estland und Lettland, dass sein Land „ohne zu zögern Tschechien im Fall des Falles Soldaten zu Hilfe schicken“ würde. „Wenn in Tschechien die Freiheit, Souveränität oder territoriale Integrität durch eine äußere Kraft bedroht werden würde, würden die Litauer den Tschechen beistehen", sagte er.

Kritik des Premierministers

Polnische und ukrainische Medien griffen die Aussagen von Babiš noch am Sonntagabend auf und zeigten sich verwundert. Sie verwiesen jedoch auch auf die unzweideutige Haltung des anderen tschechischen Kandidaten um die Präsidentschaft, Ex-General Pavel.

In Tschechien erntete Babiš ebenfalls massive Kritik. Selbst Premier Fiala, der sich bislang völlig aus dem Wahlkampf herausgehalten hat, fühlte sich am Montag zu einer Stellungnahme veranlasst. Er appellierte, im Wahlkampf die Interessen und Verbindlichkeiten des Landes zu beachten. „Tschechien muss als seriöser Verbündeter und Partner angesehen werden können“, verlangte der Prager Regierungschef.

Fiala wird am Dienstag in Berlin mit Bundeskanzler Olaf Scholz zusammentreffen. Dabei dürfte es auch um die Leopard-Panzer für die Ukraine gehen. Tschechien befürwortet eine rasche Lieferung der Panzer in die Ukraine.