Vorsicht vor Vignetten-Abzocke in Tschechien

Diese Fahrt von Dresden nach Wien über Tschechien kam Thomas Schmidt teuer zu stehen. An der ersten Autobahnraststätte in Tschechien bei Varvažov stoppte er, um sich eine Vignette zu kaufen. „Doch die Automaten lehnten meine Karte ab, also musste ich in den Shop gehen. Ich kaufte gleich die 10-Tages-Vignette für Österreich mit“, beschreibt Schmidt.
Das böse Erwachen kam später bei einem Blick auf seine Kontobewegungen. Für beide Vignetten zahlte er mehr als 40 Euro. Eine 10-Tages-Vignette in Tschechien kostet aber schon seit Jahren unverändert 310 Kronen. Das sind beim aktuellen Kurs von rund 25,40 Kronen für einen Euro 12,20 Euro. Und die 10-Tages-Vignette in Österreich kostet gerade einmal 9,60 Euro. Schmidt hat also gleich mal das Doppelte gezahlt.
Minister geht gegen Kriminelle vor
Wie das möglich ist, sah er nun auf einem Video des Youtube-Kanals „Honest Guide“. Dort wird beschrieben, dass jener Shop eigentlich eine Wechselstube ist. Der Verkauf der Vignette ist ein offenbar einträgliches Nebengeschäft. Der Trick ist der, dass die Euros zunächst in Kronen umgetauscht werden - und das zu einem sehr ungünstigen Kurs. 1:20 ist zum Beispiel ganz normal. Danach kauft die Verkäuferin für den Kunden die Vignette und schlägt noch eine Bearbeitungsgebühr drauf. Die variiert. In dem beschriebenen Video ist das noch mal etwas mehr als ein Euro. Je nach Kurs zahlt man dann für die Vignette rund 17 Euro.
„Der Preis ist festgelegt. Die Vignette ist eine Wertmarke. Wird sie zu einem anderen Preis verkauft, ist das kriminell“, klärt Martin Opatrný, Pressesprecher der staatlichen Firma Cendis auf, die sich um den Vignettenverkauf kümmert. Gegen kriminelle Anbieter geht das tschechische Verkehrsministerium bereits vor. Allerdings gibt es auch Anbieter, die sich in einer Grauzone bewegen. Dazu reicht, dass sie den offiziellen Preis angeben. Ausländer zahlen dann einfach nur mehr wegen des Kurses. Das heißt, man kauft sie zu den offiziellen 310 Kronen, nur halt in Euro. Auch eine gesonderte Bearbeitungsgebühr ist legal, sagt Opatrný, wenn auch „höchst unmoralisch“, wie er hinzufügt.


Denn man bekommt ja streng genommen gar nichts in die Hand. Die Kontrolle erfolgt über das polizeiliche Kennzeichen. Die Bedienung in dem Shop macht nichts anderes als die Angaben des Kunden auf dem offiziellen E-Shop von Cendis einzugeben. Dieser heißt edalnice.cz und ist seit einem Jahr der Vertriebsweg für die digitale Vignette. Das könnte aber jeder Kunde selbst machen. 83 Prozent der Inhaber der Vignette kauften sie so im ersten Jahr.
Automaten sind schwer zu finden
Der Haken an der Sache ist, der Shop verkaufte die Vignette schon früher, als man sie noch kleben musste. Viele Autofahrer lenken ihre Schritte also womöglich aus Gewohnheit in die Wechselstube. Lediglich zwei Prozent kaufen sie an den eingangs erwähnten offiziellen Automaten, die aber auf den ersten Blick häufig schwer zu finden sind. „Daran arbeiten wir“, sagt Opatrný. „Wir wollen das Leitsystem verbessern. Außerdem hat die staatliche Autobahngesellschaft zugesichert, die Mietverträge mit den Wechselstuben zu kündigen.“ Opatrný schloss zudem nicht aus, dass 2022 weitere Möglichkeiten hinzukommen, die Vignette offline zu kaufen. Bis jetzt ist das nur an den Euro-Oil-Tankstellen und in Post-Filialen möglich. Die gibt es aber nicht an jeder Grenze und erst recht selten an Autobahnen.
Auch im Internet lauern Gefahren
Opatrný rät deshalb eindringlich, die Vignette über das offizielle Portal „edalnice.cz“ zu kaufen. Die Betonung liegt auf „offiziell“, denn auch im Internet tummeln sich zahlreiche Anbieter, bei denen man ordentlich draufzahlen kann. Vor solchen Seiten warnte nun sogar das sächsische Verkehrsministerium.
Es gibt sie auch für andere Länder. Häufig kaufen sie bei Google eine Anzeige, um in der Suchmaschine ganz oben platziert zu werden. Man sollte also nie auf einen Link klicken, über dem „Anzeige“ steht. Und wenn doch, dann sollte man angesichts der hohen Preise gleich wegklicken. Es gibt aber auch Portale, die informieren nur über eine nicht näher genannte Gebühr, ohne den konkreten Preis vorher zu nennen. Also Einkaufen mit bösem Überraschungseffekt.
Solche Portale sind oft in einem schlechten Deutsch und haben Kontaktadressen in den Niederlanden oder nirgendwo. „Dort wurden auch schon Vignetten für Motorräder verkauft. Das gibt es bei uns gar nicht“, berichtet Opatrný. Im schlimmsten Fall war der Verkauf komplett vorgetäuscht und man steht danach mit leeren Händen da. Laut Opatrný handelt es sich aber um wenige Fälle im niedrigen dreistelligen Bereich.
Das offizielle Portal „edalnice.cz“ wird von Google gut gefunden, meist gleich unter den Anzeigen. Es hat eine deutsche Sprachversion. Man muss lediglich das Autokennzeichen, das Zulassungsland, den Starttermin und die Mailadresse angeben. Die Vignette gibt es für zehn Tage, einen Monat (440 Kronen) oder das ganze Jahr (1.500 Kronen).
Gezahlt wird mit Karte oder Apple Pay. „Notfalls kann man das auch sofort mit dem Handy machen“, sagt Opatrný. Der Geltungszeitraum lässt sich bis zu drei Monate im Voraus einstellen und ist frei wählbar. Die Preise bleiben übrigens auch 2022 unverändert.